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Chronik der dunklen Wälder - Wolfsbruder: Band 1 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Wolfsbruder: Band 1 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Wolfsbruder: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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klappte nicht. Jetzt nicht, dachte er. Bitte nicht jetzt.
    »Neun Monde hat er bei ihnen verbracht«, fuhr Renn fort und biss wieder in die Hasenkeule. »Die haben die besten Schamanen im ganzen Wald, deshalb ist er dort hingegangen.« Sie runzelte die Stirn. »Was macht dein Welpe eigentlich da?«
    »Nichts«, erwiderte Torak ein bisschen zu hastig und befahl Wolf mit gespieltem Ärger: »Lass das. Weg da.«
    Natürlich kümmerte sich Wolf nicht darum.
    Torak wandte sich wieder Renn zu. »Und was ist dann passiert?«
    Wieder sah sie ihn misstrauisch an. »Wieso willst du das wissen?«
    »Wieso erzählst du mir das überhaupt alles?«
    Sofort wurde ihr Gesicht so ausdruckslos wie das von Fin-Kedinn.
    Nachdenklich pulte sie sich eine Fleischfaser aus den Zähnen.
    »Hord war erst ganz kurz beim Rotwildclan, als ein Fremder ins Lager kam. Ein Wanderer vom Weidenclan, der bei einem Jagdunfall verkrüppelt wurde, jedenfalls hat er das behauptet. Der Rotwildclan hat ihn aufgenommen. Aber…«, sie stockte und sah plötzlich sehr kindlich und verletzlich aus, »… er hat sie betrogen. Es war kein gewöhnlicher Wanderer, sondern ein Schamane. Er suchte sich ein Versteck im Wald und beschwor einen Dämon. Dann bannte er ihn in einen Bären.« Sie machte eine Pause. »Hord hat alles mit angesehen. Aber da war es schon zu spät.«
    Die Schatten vor der Hütte schienen sich zu verdüstern. Im Wald hörte man einen Fuchs schreien.
    »Aber warum ?«, fragte Torak. »Warum hat dieser… Wanderer so etwas getan?«
    Renn wiegte den Kopf. »Wer weiß? Vielleicht wollte er ein Wesen schaffen, das nur ihm gehorcht? Aber die Sache ging schief.« In ihren dunklen Augen spiegelte sich der Feuerschein. »Der Dämon, der in den Bären fuhr, war zu mächtig. Er hat sich befreit. Drei Menschen hat er getötet, bevor es dem Rotwildclan gelang, ihn zu vertreiben. Bis dahin war natürlich auch der verkrüppelte Wanderer verschwunden.«
    Torak schwieg. Man hörte nur die Bäume im Nachtwind flüstern und Wolfs raue Zunge über das Leder lecken.
    Da zwickte der Welpe Torak versehentlich in die Hand. Ohne zu überlegen, fuhr Torak herum und stieß ein kurzes, scharfes Knurren aus.
    Wolf sprang sofort zurück und grinste entschuldigend.
    Renn schnappte nach Luft. »Du redest mit ihm!«
    »Nein!«, rief Torak. »Nein, du irrst dich …«
    »Ich hab’s genau gehört!« Sie war noch bleicher geworden. »Es stimmt also. Die Weissagung hat Recht. Du bist tatsächlich der Lauscher.«
    »Nein!«
    »Was hast du zu ihm gesagt? Was habt ihr beide ausgeheckt?«
    »Ich hab dir doch erklärt, dass ich nicht…«
    »Das lasse ich nicht zu«, flüsterte sie. »Fin-Kedinn und ich, wir lassen nicht zu, dass ihr beide euch gegen uns verschwört.« Sie zog ihr Messer, schnitt Wolfs Leine durch, packte ihn und lief quer über die Lichtung davon.
    »Komm zurück!«, schrie Torak. Verzweifelt zerrte er an seinen Fesseln, doch sie wollten nicht nachgeben. Wolf hatte nicht genug Zeit gehabt, sie durchzunagen.
    Er geriet in Panik. Wolf war seine letzte Hoffnung gewesen und nun war er fort. Bald ging die Sonne auf. Schon erwachten die Vögel in den Bäumen.
    Wieder zerrte er an den Riemen um seine Hände – vergeblich.
    Drüben am Langfeuer standen Fin-Kedinn und die alte Saeunn auf und kamen auf ihn zu.

Kapitel 11

    »WAS WEISST DU?«, fragte Fin-Kedinn.
    »Nichts«, erwiderte Torak und starrte auf das Knochenmesser am Gürtel des Mannes. »Wollt ihr mich jetzt opfern?«
    Fin-Kedinn gab keine Antwort. Er und die alte Schamanin hockten sich links und rechts neben den Hütteneingang und ließen ihren Gefangenen nicht aus den Augen. Torak kam sich vor wie ein Tier in der Falle.
    Er tastete mit den auf den Rücken gefesselten Händen umher, suchte irgendetwas, womit er die Riemen durchschneiden konnte. Aber er berührte nur eine glatte, nutzlose Flechtmatte.
    »Was weißt du?«, wiederholte der Anführer des Rabenclans.
    Torak holte tief Luft. »Ich bin nicht euer Lauscher«, sagte er, so ruhig er konnte. »Das ist ganz unmöglich. Ich habe noch nie von eurer Weissagung gehört.« Trotzdem fragte er sich insgeheim, weshalb sich Renn ihrer Sache so sicher war. Was hatte die Tatsache, dass er die Wolfssprache beherrschte, damit zu tun?
    Fin-Kedinn wandte sich ab. Seine Miene war so schwer zu deuten wie immer, aber seine Hand wanderte zu seinem Messer.
    Jetzt beugte sich Saeunn vor und blickte Torak in die Augen. Ihr Gesicht wurde von den Flammen angestrahlt und Torak sah

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