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Chronik der dunklen Wälder - Wolfsbruder: Band 1 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Wolfsbruder: Band 1 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Wolfsbruder: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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Unterschied, dass sie sich bewegte.
    Beim Laufen spürte er voller Freude, dass seine Ballen widerstandsfähiger und seine Beine mit jedem Dunkel kräftiger wurden. Es machte ihm Spaß zu laufen, und er wünschte sich, dass es Groß Schwanzlos ebenso erginge, doch manchmal war sein Rudelgefährte entsetzlich langsam.
    Als er sich der Anhöhe näherte, hörte er das Brüllen des Donnernden Nass und einen Hasen, der im Tal dahinter äste. Über sich sah er das Helle Weiße Auge mit seinen vielen kleinen Welpen. Alles war, wie es sein sollte. Bis auf den Geruch.
    Oben angekommen hielt er die Schnauze in den Wind, um die vielfältigen Gerüche zu erhaschen, und wieder witterte er es … ziemlich nah schon, und es kam immer näher. Er rannte ins Tal zurück und hatte es auch bald entdeckt – dieses seltsame, schlurfende, faulig riechende Ding.
    Er wagte sich so dicht heran, dass er es trotz der Dunkelheit deutlich sehen konnte, bewegte sich dabei jedoch so vorsichtig, dass es ihn nicht bemerkte. Zu seiner Überraschung stellte er fest, dass es keineswegs ein schon lange gerissenes Beutetier war. Es hatte Hauch und Klauen und einen merkwürdig watschelnden Gang, und es knurrte und brummte vor sich hin, wobei ihm Speichel aus der Schnauze troff.
    Was Wolf am meisten wunderte, war, dass er nicht spüren konnte, was das Ding empfand. Sein Verstand schien so zerstreut wie ein Haufen abgenagter Knochen. So etwas war Wolf noch nie über den Weg gelaufen.
    Er sah zu, wie es weiter den Hang hinab auf die Höhle zustrebte, in der die Schwanzlosen schliefen. Es schlich immer näher…
    Gerade als Wolf es anspringen wollte, schüttelte es sich und watschelte davon. Doch es würde zurückkommen, das spürte er im Gewirr der fahrigen Gedanken.

Kapitel 18

    WIE EIN DIEB in der Nacht stahl sich der Nebel an sie heran.
    Als Torak unbeholfen aus seinem Schlafsack kroch, war das Tal unter ihnen verschwunden. Der Atem des Weltgeistes hatte es restlos verschluckt.
    Er gähnte. Wolf hatte ihn in der Nacht mehrfach geweckt, war aufgeregt umhergerannt und hatte leise gebellt: Tot-Geruch – pass auf! Es ergab keinen Sinn. Jedes Mal wenn Torak nachsehen ging, war nichts Ungewöhnliches zu entdecken, bis auf den Aasgestank und das unangenehme Gefühl, beobachtet zu werden.
    »Vielleicht mag er einfach keinen Nebel«, sagte Renn mürrisch. Sie rollte ihren Schlafsack zusammen. »Mir ist er auch nicht geheuer. Bei Nebel ist nichts mehr das, was es zu sein scheint.«
    »Ich glaube nicht, dass es am Nebel liegt«, sagte Torak, der beobachtete, wie Wolf witternd die Schnauze hob.
    »Woran sonst?«
    »Keine Ahnung. Da draußen muss irgendetwas sein. Nicht der Bär und auch nicht deine Leute. Etwas anderes.«
    »Nämlich?«
    »Wie gesagt, das weiß ich auch nicht. Aber wir sollten vorsichtig sein.« Nachdenklich legte er Holz nach, um den Rest des Eintopfs als Tagmahl aufzuwärmen.
    Renn zählte mit besorgter Miene die Pfeile. »Vierzehn. Das reicht nicht. Weißt du, wie man Feuerstein zuhaut?«
    Torak schüttelte den Kopf. »Dafür sind meine Hände noch nicht kräftig genug. Fa wollte es mir nächsten Sommer beibringen. Und du?«
    »Mir geht’s genauso. Wir müssen sparsam sein, denn wir wissen nicht, wie weit es bis zum Berg ist, und wir brauchen noch mehr Fleisch.«
    »Vielleicht fangen wir ja heute etwas.«
    »Bei dem Nebel?«
    Sie hatte Recht. Der Nebel war so dicht, dass sie Wolf kaum auf fünf Schritt sehen konnten. Es war die Art Nebel, die man Rauchfrost nannte: ein eisiger Hauch, der zu Anfang des Winters von den Hohen Bergen herabsteigt, die Beeren schwarz macht und kleine Tiere in ihre Höhlen scheucht.
    Wolf schlug einen Auerochsenwechsel ein, der sich oberhalb des Tales den Hang entlang nach Norden schlängelte, eine kalte Kletterpartie durch frostsprödes Farnkraut. Der Nebel dämpfte alle Geräusche und erschwerte es, Entfernungen einzuschätzen. Immer wieder ragten unvermittelt Bäume vor ihnen auf. Einmal schossen sie auf ein Rentier, mussten aber feststellen, dass sie einen umgestürzten Baum getroffen hatten. Das bedeutete, dass sie die Pfeile mühsam wieder aus der Rinde lösen mussten, denn sie konnten es sich nicht leisten, auch nur einen einzigen Pfeil zu vergeuden. Zweimal glaubte Torak im Unterholz eine Gestalt zu sehen, aber als er darauf zuging, fand er nichts.
    Sie brauchten den ganzen Vormittag, um den Berg zu erklimmen, und den ganzen Nachmittag, um in das dahinter liegende Tal hinabzusteigen, wo ein schweigender

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