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Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen

Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen

Titel: Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Philip
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rammte es ihm in die Kehle, zog es heraus und wischte die Klinge am Ärmel ab.
    Kilrevin rührte sich nicht. Ich mich auch nicht.
    Sein Atem ging vollkommen geräuschlos. Meiner auch.
    Sein Geist hielt Ausschau. Ich schloss die Augen aus Angst, ihr Leuchten könnte sich im schwarzen Wasser widerspiegeln.
    Dann spuckte er auf den Boden, drehte sich um und rannte die Stufen hinauf.
    Zitternd starrte ich zu meinem Vater hinüber und dachte: Jetzt werde ich ihn niemals kennenlernen. Immer und immer wieder schoss mir dieser Gedanke durch den Kopf, es mussten Stunden vergangen sein. Der Kampflärm verebbte, die Schreie irgendwann auch, und vollkommene Dunkelheit umfing mich. Erst jetzt gewann ich wieder die Oberhand über meinen Geist, erst jetzt begann ich in meinem Kopf wie ein Kleinkind nach Conal zu schreien.
    Auf allen vieren kroch ich die Stufen hinauf, denn um nichts in der Welt hätte ich mit Griogair da unten bleiben können. Ich sah mich in der von Feuern gesprenkelten Finsternis um und setzte mich in das Gras, das getränkt war von Blut und weiß der Himmel von was noch allem. Man hörte keine Schreie von Verwundeten mehr, weil es keine Verwundeten mehr gab. Diejenigen, die nicht hatten fliehen können, waren tot. Ich versuchte mit aller Macht zu verdrängen, was ich gehört hatte, während ich frierend und zitternd im Brunnen gestanden und darauf gewartet hatte, dass die Schreie endlich verstummten.
    Die ganze lange, kalte Nacht blieb ich dort im blutverschmierten Gras sitzen, bis über dem Rand des Moores grau und müde die Morgendämmerung hereinbrach und ich Conal kommen hörte. Wahrscheinlich hatte mein Vater schon vor mir nach ihm gerufen, als ihm klar geworden war, dass man ihn hereingelegt und in den Tod getrieben hatte, denn Conal war schneller eingetroffen, als ich zu hoffen gewagt hätte.
    Zwei seiner Männer galoppierten neben ihm her. Aber wozu die Eile? Lange bevor sie vor mir stehen blieben, mussten sie gewusst haben, dass sie um Stunden zu spät gekommen waren. Sie glitten vom Rücken ihrer Pferde und begannen zu flüstern. Der Anblick des Gemetzels setzte ihnen sichtlich zu und dennoch sprachen sie mit gedämpften Stimmen sogleich darüber, was mit den Leichen geschehen sollte.
    Am nächsten Morgen würden sie einen Trupp hierherbringen, der die Toten bergen sollte. Es waren einfach zu viele, als dass man sie noch am selben Tag hätte angemessen bestatten können. Niall Mor MacIain lag mit aufgeschlitztem Bauch auf dem Rücken. Ich hatte mich im Dunkeln stundenlang neben ihn gekauert und ihn angestarrt und hatte mich gefragt, was ich Eili und Fox über seinen Tod erzählen konnte oder sollte. Kennas Bruder war an einer Scheunentür gekreuzigt worden. Ihn zumindest hoben Conals Männer herunter. Dann nahmen sie auch den Kopf meines rothaarigen Bauern vom Zaun und legten ihn neben den Rest seines Leichnams.
    Wie nennen uns die Vollsterblichen? Das Volk des Friedens.
    Wieso schmeicheln sie uns so? Vielleicht aus Angst. Oder weil es seit Urzeiten so überliefert wurde.
    Ich hörte nichts von dem, was Conal und seine Männer zu mir sagten. Zwei Leichen brachten sie gleich weg. Erst ging Conal mit Ryan in den Brunnen hinunter und trug die durchnässten sterblichen Überreste meines Vaters heraus. Und natürlich nahmen sie auch Niall Mor MacIains Leichnam mit. Als die zwei Toten auf die Pferde gebunden waren, hob Conal mich auf und setzte mich auf sein Pferd. Dann schwang er sich hinter mich und brachte mich wie einen lebenden Toten zurück in die Festung. Ich spürte die Wärme seines Körpers in meinem Rücken, den Puls seines Blutes und die Bewegung seines Brustkorbs, als wäre es das Einzige auf der Welt, was wirklich existierte.
    Der Clan wartete in der Festung auf uns. Leonora hatte die Nachricht natürlich schon erhalten, dass ihr Mann und Geliebter tot war, dennoch stand sie würdevoll schweigend auf dem Hof und wartete darauf, dass ihr Sohn durchs Tor hereinritt und vor ihr zum Stehen kam. Conal hatte seinen Arm um meine Taille geschlungen. Ich schaute Leonora in die trauernden blauen Augen und wusste sofort, dass sie lieber mich tot gesehen hätte und vielleicht sogar Conal, wenn dafür Griogair durch Zauberkraft wieder zum Leben erweckt worden wäre.
    Sie trug von Kopf bis Fuß die Farbe der Traue r – weite weiße Seidenhosen und einen langen, üppig bestickten weißen Mantel, und ihre schönen lohfarbenen Haare waren zu einem mit weißen Bändern durchzogenen Zopf geflochten. Auf der

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