Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen
zurückbekommen. Für das einzustehen, woran ich glaubte, war mir eine Tracht Prügel wer t – egal ob von Conal oder dem Priester. Ich wusste nur nicht, wie weit sich das Ganze noch hochschaukeln würde. Und das bereitete mir Sorge.
Mein letzter Morgen im Dorf war ein Sonnabend. Ich erinnere mich noch so gut daran, weil ich die Zähne zusammenbeißen und mich dafür wappnen musste, Conal gegenüberzutreten, entweder noch am selben Abend oder spätestens am Sonntag bei Sonnenaufgang. Ich war allein auf den Markt gekommen, um an der Verlosung der besten Ackerstücke teilzunehmen, um unseren Anteil am Gemeinschaftspflug auszuhandeln und einen guten Preis für neue Hufeisen zu erzielen. Ich brauchte noch Ale und Whisky und dazu eine Portion Mut.
Ich war dermaßen angespannt, dass ich die Männer, die auf mich zukamen, fast nicht bemerkt hätte. Aber zum Glück erregte ein vertrautes Geräusch meine Aufmerksamkeit: William Beags Gejammer.
„Sie ist eine verdammte Betrügerin! Streckt ihr Ale mit Wasser und verlangt Wucherpreise für ihren gepanschten Whisky.“
Ich blieb abrupt stehen. Sie hatten mich noch nicht entdeckt, sodass ich in den Schatten abtauchen konnte. Es war offensichtlich, über wen sie da gerade herzogen. Was mich irritierte, war die verschwörerische Art, mit der sie die Köpfe zusammensteckten, tuschelten, immer wieder über die Schultern schauten. Das war nicht das harmlose Gezeter von Leuten, die danach wieder ins Wirtshaus gingen und sich fröhlich weiter über den Schanktisch ziehen ließen.
„Ganz recht“, fügte einer hinzu. „Und was Roderick Mor dir erzählt hat, ist auch wahr, William. Diese Frau ist eine Gefahr für alle anständigen Männer. Einige wollen das nur nicht wahrhaben, die wollen’s gar nicht sehen. So ist das.“
„Ja, diese Trottel! Da muss wohl erst einer ihrer Sprösslinge krank werden, ihre eigene Milch verderben oder sie selbst eine Seuche heimsuchen, bis sie’s merken! Das Unglück anderer Leute interessiert die überhaupt nicht, oh nein, erst wenn ihnen selbst was passiert, und dann tut es ihnen auf einmal leid. Aber ich für meinen Teil werde nicht tatenlos zusehen, wie meine Nachbarn in ihr Verderben rennen.“
„Du bist ein anständiger Kerl, William Beag. Du hast Recht, es wird Zeit, dass ein paar anständige Männer die Sache in die Hand nehmen. Ich bin dabei!“ Der stämmige Rotschopf ergriff Williams schwabbeligen Arm. „Wir gehen zu den Jungs aus Nether Baile, die wollen sicher auch mitmachen.“
„Ich halte solange Wache.“ William Beag nickte entschlossen. „Wir dürfen ihr keine Gelegenheit geben, sich aus dem Staub zu machen, wahrscheinlich kennt sie irgendwelche Zauber, die sie warnen. Andere Dörfer wären nicht gerade erfreut darüber, wenn wir sie davonkommen lassen: gottlos, reuelos und vor allem ungestraft! “
„Holst du den Geistlichen dazu?“
„Später“, gab der Mann grummelnd zurück. „Die Jungs aus Nether Baile wollen bestimmt nicht, dass wir ohne sie loslegen.“
Als sie tatendurstig und selbstgefällig davonstapften, lehnte ich mich gegen eine der Lehmwände und rechnete mir aus, was passieren würde: Die drei Brüder aus Nether Baile lebten mit ihrem Vieh nicht mal eine Meile entfernt von hier. Aber die drei Verschwörer würden es nicht allzu eilig haben, zu ihnen zu gelangen. Dafür genossen sie diesen Moment viel zu sehr und würden versuchen, ihn so lang wie möglich hinauszuzögern.
Conal hatte gesagt, der Hexenwahn käme in Wellen, wie Ebbe und Flut. Einige Jahre ginge er zurück, bis er sich gänzlich beruhigt hätte, und dann würde er plötzlich wieder tosen wie ein Sturm auf dem Ozean. Conal hatte gehofft, dass wir unser Exil zeitlich gut gelegt hatten und in einer Zeit der Ebbe hier gelandet wären.
Mein Bruder, der Optimist.
Ma Sinclair hielt ihr altes, störrisches Pony in einer kleinen Höhle unter einer Klippe abseits von den Pferden der Viehtreiber. Als Pferch dienten ihrem Tier nur die leichte Anhöhe, ein paar Felsen und sein eigener Unwille, einfach in die Freiheit zu galoppieren. Als ich mich ihm näherte, starrte es mich durch seine zerzauste Mähne an und malmte mit den Kiefern ein Büschel Gras. Es scheute auch nicht, als ich es bei der Mähne packt e – sondern spie das Gras aus und biss mich. Ich biss zurück. Danach wussten wir, woran wir bei dem anderen waren. Bereitwillig ließ sich das Pony durch eine schmale Schlucht auf die andere Seite der Klippe führen.
Ich hielt an, schaute
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