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Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen

Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen

Titel: Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Philip
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gewese n – falls es überhaupt die Pest wa r –, wir waren Krankheiten einfach nur nicht gewohnt. Vor allem Conal machte die Situation zu schaffen. Immer wieder murmelte er vor sich hin. Es ging um die Leute aus dem Tal, die ihn für einen Heiler hielten, darum, dass er nicht wusste, was man gegen die Seuche tun konnte und dass es deswegen auch keinen Sinn hätte, irgendein Risiko einzugehen. Ganz leise hörte ich ihn auch irgendetwas über „Schuld“ sagen und wie sie einem zugeschoben wird, und dass wir besser den Mund hielten, um nicht aufzufallen .
    Es war nicht die Pest, wie sich herausstellte. Nach ein paar Wochen verebbte die Seuche und im Tal kehrte wieder Normalität ein. Wir schluckten unseren Ärger herunter, gingen ab und zu ins Dorf und gaben uns alle Mühe, den Priester mit seinem Missionierungsgebaren zu ignorieren. Wir hielten uns weitestgehend im Hintergrund und vertrauten der Kraft des Schleiers.
    Ich hatte den Priester schon fast vergessen, hatte mich schon fast mit seinem Geschwafel über Gottes Zorn und seinen eigenen Hass auf alles und jeden abgefunden, als er eines Tages durchs moosbewachsene Birkenholz an unsere Tür kam und mit seinem Stecken anklopfte.
    Conal erschrak und wurde sofort misstrauisch. Aber er konnte den Mann ja schlecht abweisen. Wutschnaubend und mit unverhohlener Verachtung im Blick betrat der Priester unsere Hütte. Er war der klapprigste Mensch, den ich je gesehen hatt e – und das schloss die Unmengen von verrotteten Leichen, die ich später zu Gesicht bekam, eindeutig mit ein. Zumindest schien er seine Belehrungen über Genügsamkeit und Entbehrung selbst ernst zu nehmen. Seine blassen Augen hatten einen leichten Gelbstich, die Haut war dünn wie Pergament, das Haar schütter und strähnig. Gott allein mochte wisse n – na ja, zumindest sein Got t –, woher diese Ausstrahlung kam, mit der er die Leute offensichtlich in seinen Bann zog.
    „Guten Abend, meine Brüder“, sagte er mit einem Lächeln.
    Mir kam die Galle hoch, ich erwiderte das Lächeln nicht. Conal hingegen ergriff die ihm gereichte Hand, schaute sie an und ließ sie wieder los, als wäre sie eine Viper.
    „Ich bin nicht dein Bruder“, sagte ich.
    Er sah mich an und schwieg beunruhigend lange. Seine Stimme, wenn sie nicht gerade Hasstiraden krakeelte, klang wie das Rascheln des Windes im toten Laub. „Du bist das schlichte Gemüt, hab ich Recht?“, fragte er mit einem verschwörerischen Lächeln. „Oder etwa nicht?“
    Conal war langsam bis zu einem der Holzstühle zurückgewiche n – ich wusste auch warum. Vielleicht war es diese Bewegung, die uns verriet, vielleicht war es Branndairs misstrauisches Knurren, das er nicht hatte unterdrücken können. Liath zwickte ihn sofort, aber es war zu spät. Ich sah den Priester panisch an, aber der beugte sich nur bedächtig vor und betrachtete die beiden Welpen unter dem Stuhl. Dann richtete er sich wieder auf.
    „Was für ungewöhnlich e …“, er zögerte kurz und leckte sich die Lippen, „ … Haustiere.“
    Mir war klar, dass ihm etwas ganz anderes auf der Zunge gelegen hatte. Aber er wählte seine Worte mit Bedacht.
    „Wie nett von Euch, uns zu besuchen, Pater“, sagte Conal mechanisch.
    „Nein, bitte“, erwiderte der Mann mit einem Lächeln. „Ihr müsst mich nicht Pater nennen. Ich bin einfach nur ein Pastor, der Hirte meiner Gemeinde. Ich halte nichts von Götzenverehrung.“
    „Natürlich nicht.“ Conal wurde rot und sah mich an. Ich verdrehte die Augen. Ich wusste die ganze Zeit, dass Conal einen Fehler machte, wenn er versuchte, diese Leute und ihren unsteten Glauben verstehen zu wollen oder gar ihren Gott, der genauso unentschlossen war. Das sagte ich ihm auch in Gedanken, aber er reagierte noch nicht einmal darauf. Er sah sehr unglücklich aus.
    „Ihr wart noch nicht in der Kirche“, fuhr der Priester fort. „Euch ist doch bekannt, dass es eure Pflicht ist, den Gottesdienst zu besuchen?“
    „Ja, Pat… Pastor“, stammelte Conal.
    „Ihr seid neu hier, da sind wir natürlich etwas nachsichtiger.“ Ganz in Ruhe musterte der Gottesmann uns und unsere Kleidung von oben bis unten. Ich hatte mich immer geweigert, die groben Hemden und karierten Röcke der hiesigen Bauern zu tragen. Ich fand sie hässlich und unbequem, mochten die Bauern sie noch so praktisch finden. Auch Conal hatte es irgendwann aufgegeben und war wieder dazu übergegangen, sein eigenes Hemd und Hosen aus Leder oder vernünftiger Wolle anzuziehen. Er war zwar

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