Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen
hin gesummt hatte, brachte es ruckartig zum Stehen. Mit schuldbewusstem Blick schaute er sich nach allen Seiten um, dann entspannte er sich wieder und ritt lächelnd weiter.
Etwas kam mir merkwürdig vor, aber ich hätte nicht sagen können, was es war. Vielleicht stand die Sonne schon zu tief oder strahlte zu schwach. Was hatte Conal damals nur gemeint? Wenn er mir vertraute, hätte er mir ruhig einen Hinweis geben können, dachte ich.
Nun, ich wusste zwar nicht, wer dieser Priester war, aber Conals Aufforderung, meinen geistigen Schutzwall hochzuziehen, hatte eindeutig mit ihm zu tun. Da war ich mir sicher. Erst als ich wieder in der Nähe der düsteren Trutzburg war und den Priester in sicherer Entfernung im Dorf wähnte, wagte ich es, den Schutzwall aufzugeben.
Ich suchte mit dem Geist die Burg nach Conal ab, aber er war zu schlau für mich und zu verschlossen. Mir blieb nichts anderes übrig, als die Köpfe der Wachen und der anderen Gefangenen zu durchleuchten. Was ich in ihren Gedanken fand, bereitete mir eine Übelkeit, wie ich sie selbst bei der Hexenverbrennung nicht empfunden hatte. Ich verweilte nicht lange auf dem Schmerz der Gefangenen, auf ihrer Demütigung, ihrer Angst oder der unmenschlichen Brutalität der Aufpasser. Als ich endlich wusste, in welchem Winkel des Verlieses sie Conal gefangen hielten, schlich ich mich zurück durch die Heide und brachte so viel Abstand wie möglich zwischen mich und diesen verruchten Ort. Ich hatte genug erfahren. Jetzt blieb mir nichts anderes übrig, als auf den Einbruch der Nacht zu warten.
An einem kleinen Bach zog ich Rock und Hemd aus und wusch mich, so gründlich ich konnte. Dann grub ich ein Loch und verbuddelte den Rock darin, froh, das dreckige Ding endlich los zu sein. Wie viel wohler ich mich doch in meinen eigenen Hosen fühlte, so kaputt und dreckig sie auch waren. Nur zu gern hätte ich mein Hemd gewaschen, aber ich tat es nicht. Der Schmutz diente als Tarnung und je schmutziger ich war, desto besser. Ich mischte eine Portion Hafermehl mit etwas Wasser, ließ es quellen und würgte den Brei hinunter. Es musste auch ohne Fleisch gehen und ein Feuer konnte ich sowieso nicht entfachen. Davon abgesehen wäre es mir an diesem Abend unmöglich gewesen, Fleisch über dem Feuer zu brutzeln.
Ich weiß, wie man sich absolut still verhält, so gut wie unsichtbar wird. Warum genau hielten die Männer, die vor der Burg postiert waren, eigentlich Wache? Vor wem wollten sie die Festung schützen? Sie waren jedenfalls alles andere als aufmerksam und die Tagschicht würde sicher bald von der Nachtschicht abgelöst werden. Ich blieb in sicherer Entfernung. Als die neuen Wachen sich aufgestellt hatten und einer von ihnen gegen eine Wand pinkelte, schlich ich lautlos über den platt getretenen Lehmboden in die dunklen Abendschatten, in die die Burg getaucht war.
Der Priester hatte am Tag zuvor Männer aus der fernen Stadt dabeigehabt, Fremdlinge, die ihr Handwerk eiskalt beherrschten. Die Wachen waren ein ganz anderes Kaliber. Sie waren billig angeheuerte Männer aus der Umgebung, die sich über ein bisschen Abwechslung und Aufregung in ihrem Leben freuten. Die Ankunft der Fremden hatte sie verärgert, aber nicht so sehr, dass sie sich beim Priester beschwert hätten. Jede Beschwerde hätte nämlich eine Freifahrt in den Kerker bedeutet, dann eine Demonstration origineller Folterinstrumente und abschließend etwas Rauch um die Nase. Aus allernächster Nähe.
Einer der Gefangenen, den der Scheiterhaufen erwartete, war der ernst dreinblickende Pächter aus unserem Dorf, der Einzelgänger. Wann hatten sie denn beschlossen, dass er ein Hexer sein sollte? Vermutlich schon, als er gesagt hatte, dass das Kind ausgesetzt worden und Hexerei nichts als Unsinn war. Ich weiß bis heute nichts über ihn, außer dass er Malcolm Bhan MacKinnon hieß. Und dass er zwei Tage später auf kleiner Flamme langsam verbrannt wurde.
Die Clansmänner ließen sich Zeit bei der Wachablösung, sie waren gelangweilt und in Plauderstimmung. Der Neue brachte ein Fläschchen Whisky mit und der andere bediente sich eifrig.
„Sie fressen kleine Kinder“, grummelte der eine. „Das stimmt wirklich. Hat der Gottesmann uns erzählt.“
„Hab ich auch schon gehört“, erwiderte der andere. „Sie opfern sie dem Teufel.“ Bei diesen Worten bekreuzigte er sich schnell. „Und fressen sie dann auf. Und sie wollen uns alle ihrem gottlosen Tun unterwerfen.“
„Kein Zweifel. Hexer sollen
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