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Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen

Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen

Titel: Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Philip
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Schleier auch über sie ziehen? Wenn sie direkt neben uns geht?
    Das funktioniert nicht. Wenn sie uns schnappen, sind wir alle geliefert, und dann würden sie mir nicht nur Arme und Beine, sondern auch noch das Herz brechen. Nein, Seth, ich werde sie nicht allein hier zurücklassen, und dein Leben setze ich auch nicht aufs Spiel.
    Ich war vollkommen verzweifelt. „Dann gibt es nichts, was ich für dich tun kann“, sagte ich matt.
    „Doch, da gibt es etwas.“ Sein Geist berührte behutsam den meinen. „Bring mir einen Dolch.“
    Ich wusste, was das zu bedeuten hatte. „Nein!“
    „Bring mir einen Dolch, bitte. Ich will nicht verbrannt werden, Seth.“ Seine Stimme zitterte. „Ich habe die anderen dabei gehört.“
    Gehört? Ich hatte sie gesehen . Weißt du, wie lange sie brauchen, um zu sterben?
    Tausend Jahre. Hunderttausend Jahre. Ewig.
    „Also gut“, sagte ich, „ich mach’s.“
    „Ich schneide erst ihr und dann mir die Kehle durch. Mach dir keine Sorgen mehr um mich.“
    „Na schön“, sagte ich. „Solange du nicht zu viel Zeit auf das Mädchen verschwendest. Und sieh zu, dass du es mit einem Schnitt erledigst, du Tollpatsch!“ Ich war mir sicher, ihn trotz der Dunkelheit grinsen zu sehen.
    „Ich werde mir Mühe geben, wenn du mir wirklich einen Dolch bringst, das verspreche ich. Und jetzt geh.“
    „Ich lasse dich so ungern hier zurück“, sagte ich.
    „Ich weiß.“
    „Was werden sie jetzt tun?“
    „Kümmere dich nicht darum“, murmelte er.
    „Soll das ein Witz sein?“
    Conal lachte heiser. „Das Verhör ist vorbei, Seth. Die werden mir jetzt Brot und Wasser bringen, damit ich am Leben bleibe, bis sie mich auf den Scheiterhaufen zerren. Besorg mir den Dolch, das ist alles.“
    „Ach, halt doch den Mund. Du musst mir nicht alles zehnmal sagen.“
    „Ach nein? Wie oft muss ich dir dann noch sagen, dass du gehen sollst? Wenn die dich hier erwischen, kommst du auch auf den Scheiterhaufen und wirst auf kleiner Flamme geröstet. Und bevor sie dich verbrennen, werden sie dafür Sorge tragen, dass es dir leidtut und mir auch. Was glaubst du, wie viel Selbstachtung du dann noch hast, Seth? Wie viel ist dann noch von deinem kostbaren Stolz übrig?“
    Ich drückte mein Gesicht an das Gitter, als könnte ich mich einfach hindurchquetschen und ihn berühren. Der Uringestank war unerträglich. Diese Wachen würde ich allein an ihrem Geruch jederzeit wiedererkennen, ich könnte jetzt wie ein Jagdhund ihre Fährte aufnehmen. Und eines Tages würde ich genau das tun.
    „Seth!“ Er flüsterte. „Sie kommen. Bring mir, worum ich dich gebeten habe, aber lass dich nicht erwischen. Das ist ein Befehl.“ Er schwieg wieder, diesmal nur kurz.
    Pass auf, dass sie dich nicht kriegen. Geh nach Hause und lebe dein Leben. Das ist mein größter Wunsch. Geh jetzt.
    Ich hörte, wie sich das Mädchen in seinen Armen bewegte.
    „Hey“, sagte er und seine Ketten rasselten aneinander, als er sie vorsichtig weckte. Sie kam offensichtlich sofort zu sich. Ich hörte, wie sie eilig und ängstlich keuchend über die Steinplatten zurück in ihre Ecke kroch.
    Ich zog mich zurück und wäre dabei fast über die bewusstlose Wache gestolpert. Verflucht! Der Mann hatte doch einen Dolch! Wenn ich nur ein wenig nachgedacht hätte, hätte ich ihn schon längst abschnallen und ihn Conal durch das Gitter reichen können. Nun hörte ich aber schon, wie schwere Riegel zurückgeschoben wurden und ihr dröhnendes Echo durch das Verlies schallte. Die Wachen traten ein. Es war zu spät.
    Aber ich weiß nicht, ob ich es in diesem Augenblick überhaupt hätte tun können. Conals Bitte erfüllte mich noch mit Entsetzen. Und es war so einfach gewesen, zu ihm zu gelangen. Ich konnte jederzeit wiederkommen und den Wachmann ein zweites Mal außer Gefecht setzen. Aber beim nächsten Mal würde ich ihm die Kehle durchschneiden und Conal den Dolch geben. Dann würde ich mich aus dem Staub machen und Conal könnte sich dem Blutdurst des Pöbels auf seine Weise entziehen. Ich lächelte. Es würde auf jeden Fall ein nächstes Mal geben.
    Ich würde wiederkommen.

19. Kapitel

    I ch bin ein überheblicher Idiot, immer schon gewesen. Aber nach diesem Erlebnis sollte ich nie wieder so überheblich sein, wenn das Leben eines geliebten Menschen auf dem Spiel stand. Auch wenn man hier nun wahrlich nicht mehr von einem „Spiel“ sprechen konnte. Heute weiß ich, dass ich vorausschauend handeln und immer mit dem Schlimmsten rechnen muss. Heute weiß

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