Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen
Stahl einhämmerte, von den rasiermesserscharfen Rändern hin zum nachgiebigeren Kern.
„Wieder ein Schwert?“, fragte ich hoffnungsvoll.
„Ja“, antwortete Kenna finster. „Aber nicht für dich, Grünschnabel.“ Damit schleuderte sie das Werkstück wieder in den Ofen.
„Für wen dann?“
„Das geht dich nichts an.“
„Stimmt, aber ich will’s trotzdem wissen.“
„Carney.“
„Wozu braucht Carney schon wieder ein neues Schwert?“, stieß ich ärgerlich hervor.
Mit einem ungehaltenen Seufzer riss Kenna den ausgehärteten Stahl aus dem Ofen und wischte sich mit dem nackten Unterarm den Schweiß aus dem Gesicht. „Kriegst du denn gar nichts mit, du Dummkopf? Alasdair Kilrevin sorgt mal wieder für Unruhe. Kate denkt, dass er uns bald Ärger machen wird, und sie erwartet, dass dein Vater ihn in seine Schranken weist. Es ist alle zehn Jahre dasselbe. Kilrevin langweilt sich, wenn er nicht ab und zu mal morden kann. Muss Dampf ablassen, der Mistkerl.“
„Gut“, sagte ich voller Hoffnung. „Darf ich mitkämpfen?“
„Du Grünschnabel willst in den Kampf ziehen? Dass ich nicht lache!“ Sie lachte trotzdem.
„Ich bin durchaus dazu in der Lage.“
„Du bist ein jämmerlicher Anfänger und noch viel zu klein. Schau dir dagegen deinen Bruder an. Wenn du so groß bist wie er und auch nur halb so gut im Umgang mit dem Schwert, dann kannst du mitkämpfen.“ Sie ließ den Hammer auf den Stahl herniedersausen. Grellweiße Funken sprühten nach allen Seiten.
Mit finster gerunzelter Stirn wirbelte ich herum. Hoffentlich hatte Eili nicht alles mit angehört. Wieso hatte die scharfzüngige alte Pute auch so laut sein müssen? Überhaupt war das ein starkes Stück aus Kennas Munde, war sie doch selbst nicht besonders groß gewachsen, sondern klein und zart, und angesichts ihres lieblichen Gesichts hätte man nie angenommen, sie könnte genug Kraft zum Schmieden von Schwertern aufbringen.
Eili kauerte immer noch über ihrem Silberstück, als ich mich neben sie stellte. Dann sah sie hoch und schenkte mir ein schiefes Lächeln. Ihre braunen Augen blitzten mitleidig. Verdammt, sie hatte Kennas spitze Bemerkung gehört. Das kleine Mädchen hinter ihr duckte sich ängstlich, aber Eili schüttelte beruhigend den Kopf.
„Ach komm schon, der beißt nicht.“
Ich bleckte die Zähne und knirschte damit und die Kleine begann zu kichern.
Ich streckte die Zunge raus, die Kleine kicherte wieder und streckte mir nun auch die Zunge raus.
„Ich bin so klein, dass ich nicht mal einem Zwerg wie dir Angst machen kann“, sagte ich.
„Hör nicht auf Kenna“, erwiderte Eili sanft. „Das ist einfach ihre Art, sie meint es nicht böse.“
„Ich weiß“, sagte ich, als wären mir Kennas Worte vollkommen gleichgültig. „Was machst du da eigentlich?“
Dabei konnte man deutlich erkennen, woran sie arbeitete. Sie hatte dicken Silberdraht zu einem Strang verzwirbelt und bog diesen jetzt zu einem Reif, der über ein Handgelenk gepasst hätte. Ein schlichtes Stück, aber sie hatte es gekonnt gefertigt und gab sich die größte Mühe, einen perfekten Kreis zu formen. Sie hielt den Silberreif mit einer Zange kurz in den kleinen Steinofen, damit er wieder weich wurde, kühlte ihn dann in einer Schale ab und beäugte ihn kritisch, bevor sie den Hammer ein zweites Mal ansetzte. Auf der Werkbank warteten zwei runde Silberknoten darauf, an die Enden des Reifs geschweißt zu werden. Eili hielt nicht viel von zierlichem Silberschmuck; sie war eher am Schmieden von Waffen interessiert. Das hier musste ein ganz besonderes Stück sein und offenbar arbeitete sie schon seit einiger Zeit daran.
Sie hatte meine Frage noch nicht beantwortet. Vielleicht war sie ihr dumm erschienen. Oder vielleich t …
Ein kleiner Hoffnungsfunke bohrte sich in mein Herz. Ich besaß keinerlei Schmuck, noch nicht einmal einen Ring, und Eili hatte sich schon mehrfach darüber ausgelassen. Fox dagegen trug einen Armreif, den ich schon oft in Eilis Gegenwart bewundert hatte. Ich biss mir auf die Lippe und beschloss, nie wieder danach zu fragen. Aber mein Herz hämmerte mir gegen die Rippen, als ich zusah, mit welch wilder Inbrunst sie an dem Schmuckstück arbeitete, und als ich daran dachte, mit welch sanftem Lächeln und warmem Blick sie mich angesehen hatte.
Ich war nun mal ein hoffnungsloser Optimist.
4. Kapitel
I ch schreckte aus dem Schlaf, schwarze Winterstille umgab mich und ich wusste nicht, ob es schon sehr spät oder noch unglaublich früh
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