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Chronik der Unsterblichen - 12 - Der schwarze Tod

Titel: Chronik der Unsterblichen - 12 - Der schwarze Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wlofgang Hohlbein
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vier Männern an den Armen gepackt wurde, während sich die Forke nun seiner Kehle näherte.
    »Bringt ihn um!«, schrie Gina. Sie schwang ihr Messer, und gewiss hätte sie auch versucht, diesen Wunsch eigenhändig in die Tat umzusetzen, hätten sie nicht jetzt gleich zwei Männer festgehalten, während Enrico ihr mit sanfter Gewalt die Waffe entrang. Mit der anderen Hand drückte er noch immer die Mistgabel an Abu Duns Kehle.
    »Beruhige dich, Gina!«, sagte er. Sein Blick tastete kurz über Andrejs Gesicht und konzentrierte sich dann wieder auf Abu Dun. »Erst soll er uns noch ein paar Fragen beantworten. Dann sehen wir weiter.«
    Die Spitzen der Forke drohten sich nun in Abu Duns Hals zu bohren. Jeder andere Mann an seiner Stelle hätte spätestens jetzt den Kopf nach hinten gebogen, um der heimtückischen Waffe zu entgehen. Nicht so Abu Dun. Er starrte sein Gegenüber nur an.
    »Es muss sich um einen Irrtum handeln«, sagte Andrej rasch. »Ich nehme an, ihr verwechselt uns.«
    »Er gehört zu ihnen!«, schrie die Frau. »Seht ihn euch doch an!« Ihre Stimme war schrill und drohte überzuschnappen, aber es war nicht nur schierer Hass, den Andrej darin hörte, sondern auch ein verzehrender Schmerz, ebenso schlimm wie der, den er selbst tief in seiner Brust spürte. Unauffällig schob er Corinna zur Seite und dann hinter sich, um sie nötigenfalls mit seinem eigenen Körper zu schützen. Noch sah es aus, als behielte Abu Dun die Nerven, aber er wusste auch, wie unberechenbar der Nubier sein konnte, und er wollte hier keine Toten. Schon gar nicht wollte er, dass Corinna etwas geschah.
    »Du wirst uns jetzt sagen, wer du bist und was du hier zu suchen hast!«, fuhr Enrico fort. »Und sag die Wahrheit, das rate ich dir! Wir merken, wenn du lügst!«
    »Mein Name ist Abu Dun«, antwortete Abu Dun, »und ich suche hier gar nichts. Ich bin nur auf der Durchreise und wollte in ein Gasthaus und schlafen, das ist alles. Ich wusste nicht, dass ich eure Erlaubnis dafür brauche. Wenn ich eure Sitten verletzt oder eure Götter beleidigt habe, dann tut es mir leid. Das wollte ich nicht.«
    »Werd nicht frech, Kerl!«, sagte Enrico drohend. Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, ruckelte er an seiner Waffe, und das vielleicht etwas zu heftig, denn nun quoll ein einzelner Blutstropfen aus Abu Duns Kehle und versickerte im schwarzen Stoff seines Mantels. Im Gesicht des Nubiers zuckte kein Muskel, aber Enrico zog die Mistgabel hastig wieder ein Stück zurück. Andrej schien es, als habe es ihm leidgetan, den Nubier verletzt zu haben. Trotzdem fuhr er in unverändert scharfem Ton fort: »Vielleicht brauche ich auch gar keinen Grund, um dich zu töten!«
    »Das solltet Ihr Euch vielleicht doch noch einmal überlegen, mein Freund«, sagte Andrej rasch. »Jemanden zu töten ist ein ziemlich endgültiger Entschluss.«
    »Sag das deinem schwarzen Freund hier«, antwortete Enrico, doch Andrej fuhr mit einem Kopfschütteln fort: »Es ist genau so, wie Abu Dun sagt. Wir sind fremd in dieser Stadt und kennen weder Eure Sitten noch Eure Gebräuche oder Gesetze. Aber ich nehme dennoch an, dass es selbst hier verboten ist, Fremde einfach so zu töten.«
    Sämtliche Angreifer blickten nun in seine Richtung – zumindest die, die nicht damit beschäftigt waren, Abu Dun und die tobende Frau festzuhalten. Andrej spürte, wie ihre Gefühle regelrecht explodierten. Dies war kein wütender Mob, sondern nur eine Handvoll Menschen, die Angst hatten. Doch das machte sie nur noch gefährlicher.
    »Wer bist du?«, sagte Enrico endlich. Die Spitzen seiner Forke wiesen nun in seine Richtung, auch wenn sie dabei so heftig zitterten, dass er Mühe hatte, sein Werkzeug überhaupt noch zu halten. Ein Blutstropfen schimmerte rot darauf. Der Anblick erinnerte Andrej an etwas. Etwas, das er gesehen und schon wieder vergessen hatte. Aber es war wichtig.
    »Andrej«, antwortete er. »Mein Name ist Andrej Delãny. Das da ist Abu Dun. Wir reisen zusammen.«
    »Dann ist dieser Kerl dein Freund?«
    »Bringt ihn um!«, schrie Gina weiter. »Gebt mir mein Messer zurück, damit ich ihm die Kehle durchschneiden kann!«
    Andrej sah kurz in ihre Richtung. Erst glaubte er, dass auch Abu Dun auf sie hinabblickte, dann erkannte er seinen Irrtum: Der Nubier starrte nicht sie, sondern den Mann neben ihr an und, um ganz genau zu sein, den immer noch blutenden Schnitt auf dessen Hand.
    »Sind das die beiden?« Enrico wandte sich an Balean, der abwechselnd ihn und Abu Dun aus großen

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