Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chronik der Vampire 01 - Interview mit einem Vampir

Chronik der Vampire 01 - Interview mit einem Vampir

Titel: Chronik der Vampire 01 - Interview mit einem Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
Vom Netzwerk:
Worte richtig gekannt. Aber dieser Vampir hier war ein Lügner. Und ich konnte seine Kraft fühlen, eine rohe, zerstörerische Kraft, die fast so stark war wie Armand.
    Jetzt sagte er in einem versöhnlichen Ton: ›Sie kommen nach Paris auf der Suche nach uns, und dann sitzen Sie auf der Treppe… warum kommen Sie nicht zu uns herauf? Warum unterhalten Sie sich nicht mit uns und sprechen von der Person, deren Namen Sie genannt haben - ich weiß, wer es war, ich kenne den Namen.‹
    ›Sie wissen es nicht, können es nicht wissen‹, sagte ich, mehr aus Instinkt als aus Überzeugung. ›Es war ein Sterblichere Der Gedanke, daß diese Kreatur hier Lestat kennen, von Lestats Tod wissen sollte, war mir unangenehm.
    ›Sie sind hergekommen, um über Sterbliche nachzudenken, über Recht oder Unrecht, das Sterblichen widerfahren ist?‹ fragte er, doch es lag weder Spott noch Vorwurf in seiner Stimme.
    ›Ich kam, um allein zu sein, wenn Sie gestatten‹, murmelte ich.
    ›Aber allein in diesem Zustand, in dem Sie nicht einmal meine Schritte gehört haben…‹, sagte er. ›Sie gefallen mir. Bitte kommen Sie doch herauf.‹ Während er dies sagte, zog er mich langsam hoch, bis ich auf den Füßen stand.
    In diesem Augenblick kam aus Armands Zimmer ein Lichtschein durch die geöffnete Tür; ich hörte ihn kommen; Santiago ließ mich los, und ich stand verdutzt da. Armand erschien am Fuße der Treppe, Claudia auf den Armen. Sie hatte den gleichen teilnahmslosen Gesichtsausdruck wie während meines Gesprächs mit Armand, als sei sie tief in ihren eigenen Gedanken und sähe nichts um sich herum. Ich nahm sie Armand ab und fühlte ihre weichen Glieder, als lägen wir beide in unserem Sarg und gäben uns dem Schlafe hin.
    Mit einer mächtigen Armbewegung stieß Armand Santiago beiseite. Als dieser sich wehren wollte, zog er ihn die Treppe hinauf; und alles ging so schnell vonstatten, daß ich nur das Rascheln der Gewänder und das Kratzen von Schuhsohlen hörte. Dann stand Armand allein oben auf der Treppe, und ich stieg zu ihm empor.
    ›Sie sind nicht sicher, wenn Sie das Theater heute nacht verlassene flüsterte er mir zu. ›Er ist mißtrauisch Ihnen gegenüber. Und nachdem ich Sie hergebracht habe, glaubt er, es sei sein Recht, Sie näher kennenzulernen. Unsere Sicherheit hängt davon ab.‹ Er öffnete die Tür zu einem größeren saalartigen Raum; doch ehe er mich eintreten ließ, wandte er sich noch einmal um und sagte leise, die Lippen fast an meinem Ohr: ›Ich muß Sie warnen. Antworten Sie auf keine Fragen. Stellen Sie selber Fragen, und es wird sich Ihnen eine Knospe der Wahrheit nach der anderen erschließen. Aber verraten Sie nichts, vor allem nichts über Ihre Herkunft.‹
    Dann ging er voran, und wir folgten ihm in den dämmrigen Saal, wo die anderen schon versammelt waren, wie eine Gruppe von Marmorfiguren. Ihre Gesichter und Hände waren den unseren nur zu ähnlich, so daß mir deutlich wurde, wie sehr wir alle aus dem gleichen Stoff gemacht waren, ein Gedanke, der mir in den langen Jahren in New Orleans nur selten gekommen war und der mich störte, besonders als ich sah, wie sie sich in den langen Spiegeln an den Wänden vervielfachten.
    Claudia schien zu sich zu kommen, als ich einen Sessel fand und mich darin niederließ. Sie lehnte sich an mich und ermahnte mich flüsternd, zu tun, was Armand gesagt hatte, und nichts zu verraten. Ich wollte mit ihr sprechen, sah jedoch, daß Santiago uns beobachtete und von uns zu Armand hinüberblickte. Um diesen hatten sich mehrere Vampirfrauen geschart, und ich sah mit gemischten Gefühlen, wie sie die Arme um ihn legten. Ich erschrak - nicht über ihre makellosen Gestalten, ihre feinen Gesichtszüge und anmutigen Hände, hart wie Glas gemäß ihrer Vampirnatur, oder die Hexenaugen, die mich schweigend fixierten - nein, ich erschrak über meine heftige Eifersucht. Mir war nicht geheuer, als ich sie so eng bei ihm sah, als er sich ihnen zuwandte und jede küßte. Und als er sie zu mir führte, wußte ich nicht, was ich tun sollte.
    Estelle und Celeste waren die Namen, deren ich mich erinnere.
    Porzellanschönheiten, die Claudia ungeniert streichelten, so wie es Blinde tun, Haare, Augen und sogar die Lippen. Als ich sah, wie sie sich vor ihnen drehte und die Bewunderung mit einem kühlen Lächeln bedachte, fragte ich mich, wie oft ich das wohl vergessen haben mochte, wie oft ich zu ihr gesprochen hatte, als sei sie ein Kind, wie oft ich sie verhätschelt und mit der

Weitere Kostenlose Bücher