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Chronik der Vampire 01 - Interview mit einem Vampir

Chronik der Vampire 01 - Interview mit einem Vampir

Titel: Chronik der Vampire 01 - Interview mit einem Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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versprochene sagte er zu Santiago, ›daß ich ihn nach New Orleans mitnehmen kann.‹ Er blickte vom einen zum ändern, als sie uns umdrängten, sein Atem ging schneller, und er platzte heraus: ›Wo ist Claudia? Sie war es, die es getan hat; ich habe es euch doch gesagt.‹
    ›Immer der Reihe nach‹, sagte Santiago und gab Lestat, der beinahe das Gleichgewicht verlor, einen Stoß. Lestat griff nach einem Sessel, hielt sich an der Lehne fest, die Augen geschlossen. ›Er hat Claudia geholfen, er ist ihr Spießgeselle‹, setzte Santiago hinzu.
    Lestat blickte auf. ›Nein‹, sagte er. ›Louis, du mußt mit mir kommen. Ich habe dir etwas zu erzählen… von der Nacht im Sumpf.‹ Dann verstummte er und sah wieder um sich - jetzt wie ein gefangenes, verwundetes, verzweifeltes Tier.
    ›Hör zu, Lestat‹, sagte ich jetzt. ›Du läßt sie frei, läßt sie in Ruhe… und ich will… ich will zu dir zurückkehren.‹ Meine Worte klangen hohl, metallisch; ich bemühte mich, ihn mit harten, unergründlichen Augen anzublicken, meine Macht aus ihnen zu senden wie zwei Lichtstrahlen, während er mich prüfend ansah. Und Celeste hielt mich am Handgelenk fest. ›Du mußt ihnen sagen‹, fuhr ich fort, ›wie du uns behandelt hast, daß wir die Gesetze nicht kannten, daß Claudia nichts von anderen Vampiren wußte.‹ Und während diese mechanische Stimme aus meinem Mund kam, dachte ich unablässig: Armand muß heute nacht zurückkehren; Armand muß kommen. Er wird ihnen Einhalt gebieten.
    Von draußen war ein Geräusch zu vernehmen, wie wenn ein schwerer Gegenstand über den Fußboden gezogen wird. Ich konnte Madeleines erschöpftes Weinen hören, schaute mich um und sah sie in einem Sessel sitzen. Als sie mich erblickte, schien sich ihre Angst noch zu vergrößern. Und ich fing von neuem an:
    ›Lestat, was willst du von mir? Ich werde es dir geben…‹
    Da sah ich, was das Geräusch verursacht hatte und was sie in den Saal schleppten. Auch Lestat hatte es gesehen. Es war ein Sarg mit großen Eisenschlössern. Ich verstand sofort. ›Wo ist Armand?‹ fragte ich verzweifelt. Und Lestat sagte: ›Sie hat es mir angetan, Louis, sie hat es getan. Du nicht. Sie muß sterben!‹ Seine Stimme wurde dünn und heiser, als koste es ihn Mühe zu sprechen. ›Schafft das Ding hinaus‹, sagte er wütend zu Santiago, ›er fährt mit mir nach Hause.‹ Santiago lachte nur, und Celeste lachte, und das Lachen steckte alle an.
    ›Du hast es mir versprochene.‹ sagte Lestat.
    ›Ich habe dir nichts versprochene.‹ erwiderte Santiago.
    ›Sie haben dich zum Narren gehaltene.‹ sagte ich bitter, als der Sarg geöffnet wurde. ›Du mußt versuchen, mit Armand zu sprechen. Armand ist ihr Anführer.‹
    Aber er schien mich nicht zu verstehen.
    Was dann geschah, war verworren, verzweifelt und jämmerlich: Sie zerrten mich in den Sarg; ich wehrte mich mit Händen und Füßen und wütete, daß Armand ihrem Treiben ein Ende bereiten würde und daß sie nicht wagen sollten, Claudia ein Haar zu krümmen. Aber sie überwältigten mich, und als ich schon im Sarg lag, stemmte ich mich noch gegen den Deckel, ehe er vollends auf mich niederging und die Schlösser zuschnappten. Worte aus alten Zeiten schössen mir durchs Hirn, mit schneidender Stimme von einem lächelnden Lestat gesprochen, an jenem fernen, sorgenfreien Ort, wo wir drei uns gestritten hatten: ›Ein sterbendes Kind ist ein schrecklicher Anblick… ein sterbender Vampir ein noch schlimmerer. Sie würden ihre Schreie bis nach Paris hören.‹ Mein nasser und zitternder Körper erschlaffte in der erstickenden Enge, und ich sagte mir, Armand wird es nicht zulassen, und es gibt keinen Platz für uns, der ihnen sicher genug sein wird.
    Der Sarg wurde angehoben und schwankte hin und her; ich drückte die Hände gegen die Wände und fühlte, wie er sich neigte, als es die Treppe hinunterging. Ich hörte das Scharren von Füßen und dazwischen Madeleines Weinen; sie schien nach Claudia zu rufen, als könne sie uns helfen. Rufe lieber nach Armand, dachte ich verzweifelt; er muß diese Nacht nach Hause kommen. Und beinahe hätte ich selber gerufen; nur der Gedanke an die furchtbare Demütigung, meinen eigenen Schrei in den Ohren zu hören, eingeschlossen mit mir, hielt mich davon ab.
    Dann kam mir ein anderer, ein schrecklicher Gedanke. Wenn er nun nicht käme?
    Wenn er in jenem Turmzimmer einen Sarg verborgen hatte, zu dem er zurückkehrte? Da

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