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Chronik der Vampire 01 - Interview mit einem Vampir

Chronik der Vampire 01 - Interview mit einem Vampir

Titel: Chronik der Vampire 01 - Interview mit einem Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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schimmerte. Nur was gelebt hatte, war verbrannt - nicht das Haar, nicht das lange samtene Kleid, nicht das blutbefleckte Hemdchen mit dem Besatz von weißer Spitze. Und dieses schwärzliche, verbrannte und entstellte Etwas, das einmal Madeleine gewesen war, trug noch immer die Züge ihres Gesichts, und die Hand, die das Kind umklammert hielt, glich der Hand einer Mutter. Doch das Kind, meine Claudia, war Asche.
    Und ein Schrei stieg in mir auf, ein wilder, verzehrender Schrei, der aus meinem tiefsten Inneren kam, stieg auf wie der Wind an diesem Ort, der Wind, der den Regen auf die Asche peitschen ließ und die goldenen Haarsträhnen erfaßte und durch die Luft wirbelte. Und während ich noch schrie, traf mich ein Schlag von hinten. Ich bekam etwas zu fassen, von dem ich glaubte, es sei Santiago. Ich trommelte mit den Fäusten gegen ihn und packte sein grinsendes weißes Gesicht mit einem Griff, von dem er sich nicht befreien konnte; er beschimpfte mich, schrie, und seine Schreie vermischten sich mit meinen. Er trat mit den Stiefeln in die Asche, als ich ihn von den Leichen wegstieß, meine Augen blind vom Regen, von meinen Tränen. Und ich wollte mich wieder auf ihn stürzen, doch eine Hand hielt mich zurück, es war Armand, der mich von dem kleinen Friedhof zurück in die tanzenden Farben des Saales drängte, in die Schreie, die wirren Stimmen, in das beißende, silberhelle Gelächter.
    Und Lestat rief: ›Louis, warte auf mich. Louis, ich muß mit dir reden.‹
    Ganz nahe vor mir konnte ich Armands braune Augen sehen; ich fühlte mich ganz schwach, und nur nebelhaft war mir bewußt, daß Madeleine und Claudia tot waren. Er sagte leise und fast tonlos: ›Ich konnte es nicht verhindern.‹ Und sie waren tot, ganz einfach tot.
    Armand legte den Arm um meinen Rücken und führte mich durch irgendeinen leeren, hallenden Raum hinaus auf die Straße. Und dann roch ich Pferde und Leder, sah glänzende Kutschen, die anhielten. Dann konnte ich deutlich sehen, wie ich den Boulevard des Capucines hinabrannte, mit einem kleinen Sarg unter dem Arm, und die Leute machten mir Platz, Dutzende, die an den Tischen des Straßencafes saßen, standen auf, und ein Mann hob den Arm. Dann schien ich zu straucheln, ich, der Louis, den Armand stützte, und wieder sah ich seine braunen Augen, die mich anblickten, und ich spürte diese Schläfrigkeit, dieses Hinabsinken. Und doch lief ich, bewegte mich; ich sah meine glänzenden Stiefel über das Pflaster laufen. ›Ist er von Sinnen, daß er mir solche Dinge sagt?‹ rief ich Lestat mit schriller und zorniger Stimme zu. ›Ist er völlig von Sinnen, so mit mir zu reden? Hast du gehört, was er gesagt hat?‹ fragte ich. Ich wollte etwas über Madeleine und Claudia sagen, wollte sagen, daß wir sie nicht so liegen lassen könnten, und dann fühlte ich wieder diesen Schrei in mir aufsteigen, diesen Schrei, der alles andere verdrängte; ich biß die Zähne zusammen, ich wollte nicht schreien, denn dieser Schrei wäre so gewaltig, so eindringlich gewesen, daß er mich vernichtet hätte.
    Und dann begriff ich alles allzu deutlich. Wir marschierten, marschierten so aggressiv und blindwütig, wie es Männer tun, wenn sie betrunken sind und voller Haß gegen andere, während sie sich zugleich unbesiegbar fühlen. Genauso war ich damals durch New Orleans gegangen, in jener Nacht, in der ich Lestat zum ersten Mal begegnete, mit diesem trunkenen, aggressiven Gang, der so erstaunlich sicher ist. Ich sah die Hände eines Betrunkenen, die wundersam mit einem Zündholz hantierten. Die Flamme berührte eine Pfeife, wurde eingesaugt. Ich stand am Fenster eines Cafes. Der Mann sog an seiner Pfeife. Er war überhaupt nicht betrunken. Armand stand neben mir und wartete, und wir befanden uns auf dem Boulevard des Capucines, der vor Menschen wimmelte. Oder war es der Boulevard du Temple? Ich war mir nicht sicher. Ich war außer mir, daß die Leichen von Madeleine und Claudia an jenem schändlichen Ort zurückgeblieben waren. Ich sah, wie Santiagos Fuß auf jenes schwarze, verbrannte Etwas trat, das einmal mein Kind gewesen war! Ich schrie auf, mit zusammengebissenen Zähnen; der Mann war von seinem Tisch aufgestanden, und Rauch breitete sich an der Fensterscheibe vor seinem Gesicht aus. ›Geh weg von mir‹, sagte ich zu Armand. ›Fahr zur Hölle, komm mir nicht nahe. Ich warne dich, komm mir nicht nahe!‹ Ich lief weg von ihm, den Boulevard hinab, und ich konnte einen Mann und eine Frau sehen, die zur Seite

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