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Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Titel: Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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kastanienfarbenen Haar starrte die Vampirkönigin mit versteinerter Miene an, und der Junge mit der Fackel trat vor und brüllte sie an, sofort ruhig zu sein. Er legte jetzt selbst ein recht königliches Gehabe an den Tag, trotz seiner Lumpen.
    Die Frau aber wandte ihm nur den Rücken zu und blickte uns an. Mit heiserer, geschlechtsloser Stimme sprudelte sie ihre Worte hervor, um dann wieder in brüllendes Gelächter auszubrechen.
    »Tausendmal hab ich’s gesagt, aber ihr wolltet ja nicht auf mich hören«, erklärte sie. Ihr Gewand schlotterte um ihren zitternden Leib. »Und ihr habt mich für verrückt gehalten, eine vagabundierende Kassandra gescholten, verdorben durch eine allzu lange Nachtwache auf dieser Erde. Seht selbst, all meine Prophezeiungen haben sich bewahrheitet.« Der Meister tat, als würde er sie völlig ignorieren. »Und da mußte erst dieser Kerl auftauchen…« - sie näherte sich mir, ihr Gesicht zu einer abscheulichen Maske verzerrt, die an Magnus erinnerte -,»… dieser umhertollende Ritter, um euch ein für allemal den Beweis zu liefern.«
    Sie holte tief Atem und stand dann aufrecht da. Und einen stummen Augenblick lang verwandelte sie sich in eine Schönheit. Ich hatte Lust, ihr Haar zu kämmen, es mit eigenen Händen zu waschen und ihr neue, zeitgemäße Kleider anzulegen und sie im Spiegel meiner Tage zu sehen. Ja, ich war plötzlich wie wild darauf, sie zu neuem Leben zu erwecken und ihr die Fratze des Bösen abzuwaschen.
    Und für einen flüchtigen Augenblick hatte ich, glaube ich, eine Vorstellung von der Ewigkeit. Und ich begriff, was Unsterblichkeit bedeutete. Alles war mit dieser Frau möglich, so schien es wenigstens in dieser einen Sekunde.
    Sie fixierte mich und sog meine Gedankenbilder auf, und die Schönheit ihres Gesichts erstrahlte noch stärker, aber ihr zügelloses Temperament gewann bereits wieder die Oberhand.
    »Bestraft sie!« schrie der Junge. »Ruft das Gericht Satans herbei! Entfacht das Feuer!«
    Aber niemand rührte sich. Die alte Frau summte mit geschlossenen Lippen einen unheimlichen Sprechgesang, und der Meister stand noch immer starren Blicks da.
    In blinder Wut stürzte der Junge auf uns zu. Er entblößte seine Fangzähne und hob seine zur Klaue verkrampfte Hand, aber ich entriß ihm die Fackel und versetzte ihm einen leichten Schlag gegen die Brust, der ihn geradewegs über den Boden in das Feuerholz beim Scheiterhaufen schleuderte. Ich drückte die Fackel in der Erde aus.
    Die Vampirkönigin lachte so schallend auf, daß sie die anderen in Furcht und Schrecken versetzte, doch der Meister verzog keine Miene.
    »Ich werde mich dem Gericht Satans nicht beugen!« sagte ich und blickte in die Runde. »Es sei denn, ihr bringt Satan her.«
    »Gib’s ihnen, Junge! Verlange ihnen eine Antwort ab!« rief die alte Frau triumphierend.
    Inzwischen war der Junge wieder auf den Füßen. »Du kennst deine Verbrechen«, brüllte er, als er aufs neue in den Kreis trat. Er tobte jetzt vor Wut, und er strahlte Kraft aus, und mir wurde klar, daß es unmöglich war, sie alle hier nach ihrer sterblichen Erscheinung zu beurteilen. Gut möglich, daß er in Wirklichkeit uralt, die verhutzelte kleine Frau jedoch blutjung und der knabenhafte Meister der Älteste von allen war.
    »Seht her! «sagte er und trat näher. Seine grauen Augen leuchteten auf, als er aller Aufmerksamkeit spürte. »Dieser Unhold hier war weder bei uns noch sonstwo Novize; er hat nicht um Aufnahme in unseren Orden gebeten. Er hat sich Satan nie verschworen. Er hat auf dem Totenbett seine Seele nicht aufgegeben, ja, er ist nicht einmal gestorben!« Seine Stimme schwoll an. »Er wurde nicht beerdigt! Er hat sich nicht als Kind der Finsternis aus dem Grab erhoben! Er erdreistet sich vielmehr, die Welt in der Gestalt eines lebenden Wesens zu durchstreifen! Und mitten in Paris führt er als Sterblicher ein Unternehmen!«
    Schreie antworteten ihm von den Wänden. Aber die Vampire im Rund blieben stumm, während er seinen Blick auf sie heftete. Dann warf er seine Arme empor und stieß Klagelaute aus. Einer oder zwei der anderen folgten seinem Beispiel. Sein Gesicht war wutverzerrt, während sich die alte Vampirkönigin vor Lachen schüttelte und mich mit einem wahnsinnigen Grinsen ansah.
    Aber der Junge gab nicht auf. »Er sucht häusliche Geborgenheit, und das ist strikt verboten«, schrie er und stampfte auf. »Er spaziert geradewegs in die Paläste sinnlichen Vergnügens und mischt sich unter die Sterblichen,

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