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Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Titel: Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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versuchte, stieß ich mit dem Fuß gegen eine andere Pyramide, und die Schädel klapperten über die Treppe. Die Vampire packten uns fester an, versuchten, uns höher zu heben, vorbei an entsetzlich verwesten, in Lumpen gehüllten Leichen, die wie Statuen an den Wänden lehnten.
    »Einfach ekelerregend!« sagte ich mit zusammengebissenen Zähnen. Dann hatten wir das Ende der Treppe erreicht und wurden durch eine große Katakombe getragen. Ich vernahm rasche Paukenschläge. Weiter vorne flammten Fackeln auf, und von einem wehklagenden Chor untermalt, waren ferne, schmerzvolle Schreie zu hören. Aber noch etwas anderes hatte meine Aufmerksamkeit gefesselt: Unter all der Fäulnis spürte ich die Anwesenheit eines Sterblichen. Es war Nicolas, und er lebte, und ich konnte ihn hören, seinen Gedankenstrom, in den sich sein Körpergeruch mischte. Und irgend etwas stimmte ganz und gar nicht mit seinen Gedanken. Sie waren völlig chaotisch.
    Dann wurden wir plötzlich beide zu Boden geworfen, und die anderen wichen von uns zurück. Ich erhob mich und half Gabrielle auf die Beine. Und ich sah, daß wir uns in einem großen Kuppelsaal befanden, nur schwach von drei Fackeln erleuchtet, gehalten von Vampiren, die sich um uns aufgestellt hatten. Und hinten im Raum etwas Großes und Schwarzes; Holz- und Pechgeruch, Geruch feuchten, schimmelnden Stoffs, Geruch eines lebenden Sterblichen. Nicolas.
    Gabrielles Haar hatte sich unter dem Stirnband gelöst und wallte über ihre Schultern, während sie sich an mir festhielt und behutsam um sich blickte.
    Von allen Seiten ertönte Wehklagen, aber am durchdringendsten war das Flehen jener anderen Wesen, die wir bereits vorher vernommen hatten, Geschöpfe, irgendwo tief im Erdreich gefangen. Und ich verstand, daß es sich um begrabene Vampire handelte, die nach Blut schrien, nach Vergebung und Erlösung, ja sogar nach den Feuern der Hölle. Und ihre Schreie waren ebenso unerträglich wie der Gestank.
    Keine richtigen Gedanken von Nicki, nur das formlose Flirren seines Geistes. Träumte er? War er verrückt geworden?
    Die Pauken waren sehr nahe und sehr laut, und dennoch wurden sie immer wieder von diesen unrhythmischen, stechenden Schreien übertönt. Das Wehklagen in unserer unmittelbaren Nähe verebbte, aber die Pauken fuhren fort, wobei ihr Dröhnen plötzlich aus meinem Kopf kam. Verzweifelt bemühte ich mich, mir nicht die Ohren zuzuhalten.
    Mindestens zehn dieser Kreaturen hatten sich im Kreis um uns aufgestellt. Ich machte junge und alte aus, Männer und Frauen, auch einen Knaben - und sie alle waren mit den Resten menschlicher Gewänder bekleidet, und sie waren erdverkrustet, barfüßig und trugen wirres, verschmutztes Haar. Unter ihnen war die Frau, mit der ich auf der Treppe gesprochen hatte, ihr wohlgeformter Körper war von einem schmutzigen Kleid umhüllt, ihre schnellen, schwarzen Augen funkelten uns wie Juwelen an. Und dahinter schlugen zwei Schatten auf die Pauken ein.
    Ich versuchte Nicolas zu hören, ohne eigentlich an ihn zu denken. Heiliger Schwur: Ich werde uns alle hier hinausbekommen, auch wenn ich im Moment noch nicht genau weiß, wie.
    Die Paukenschläge dröhnten langsamer, mißtönender, und ein ungewohntes Angstgefühl legte sich wie eine Faust an meinen Hals. Einer der Fackelträger näherte sich.
    Ich spürte die Vorfreude der anderen, eine greifbare Erregung, als mir die Flamme entgegenleuchtete. Und dann schnappte ich mir die Fackel und drehte der Kreatur den rechten Arm um, bis sie in die Knie ging. Mit einem gewaltigen Fußtritt streckte ich sie nieder, und als die anderen herbeieilten, vertrieb ich sie mit der Fackel.
    Herausfordernd warf ich die Fackel zu Boden.
    Dergestalt überrumpelt, gaben sie plötzlich keinen Laut mehr von sich. Die Erregung war erloschen, war einer Art lebloser Beharrlichkeit gewichen.
    Die Paukenschläge schwollen an, aber es schien, als würden sie das nicht einmal wahrnehmen. Sie starrten unsere Schuhschnallen, unser Haar und unsere Gesichter gequält und lechzend an. Und der Knabe streckte mit schmerzvollem Gesichtsausdruck die Hand vor, um Gabrielle zu berühren.
    »Zurück!« zischte ich. Er gehorchte, und im selben Augenblick griff er sich die Fackel vom Boden. Aber ich wußte es jetzt ganz sicher - wir waren von Neid und Neugierde umgeben, und das war unser größter Vorteil.
    Ich ließ den Blick von einem zum anderen schweifen. Und hübsch langsam klopfte ich mir den Staub von meinem Gehrock und den Kniehosen. Ich strich

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