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Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Titel: Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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meinen Mantel glatt und richtete mich auf. Dann fuhr ich mir durchs Haar und stand mit verschränkten Armen da, ein Bild gelassener Würde.
    Gabrielle konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Sie stand ruhig da, ließ die Hand auf dem Griff ihres Degens ruhen.
    All das bewirkte grenzenloses Erstaunen. Die schwarzäugige Frau war entzückt. Ich zwinkerte ihr zu. Ich ließ sie stumm wissen, daß sie großartig aussähe, wenn man sie mal für eine halbe Stunde unter einen Wasserfall hielte. Sie trat zwei Schritte zurück und zog ihr Gewand enger über ihre Brüste. Interessant. Wirklich sehr interessant.
    »Dürfte ich vielleicht um eine Erklärung bitten?« sagte ich und blickte sie nacheinander an. »Was stellt ihr eigentlich dar? Kettenrasselnde Gespenster, die in Friedhöfen und alten Schlössern spuken?«
    Sie sahen sich an, es wurde ihnen unbehaglich zumute. Die Pauken schwiegen.
    »Meine Kinderschwester hat mir mit Geschichten über solche Unholde oft Gänsehaut über den Rücken gejagt«, sagte ich. »Hat mir erzählt, daß sie jederzeit aus den Rüstungen in unserem Haus springen könnten, um mich schreiend davonzutragen.« Ich stampfte auf und schnellte vor. » Ist es das, was ihr seid?« Sie kreischten auf und wichen zurück. Nur die schwarzäugige Frau rührte sich nicht.
    Ich lachte matt. »Und eure Körper sind genau wie unsere, oder?« fuhr ich langsam fort. »Lieblich, makellos, und in euren Augen lese ich Anzeichen meiner eigenen Fähigkeiten. Äußerst seltsam …«
    Verwirrung machte sich breit. Und das Geheul in den Wänden schien nachzulassen, als würden die Begrabenen trotz ihrer Qual zuhören.
    »Macht es eigentlich großen Spaß, in diesem Dreck und Gestank zu leben?« fragte ich.
    Angst und Neid. Wie war es uns bloß gelungen, ihrem Schicksal zu entrinnen?
    »Unser Meister ist Satan«, sagte die schwarzäugige Frau scharf. Kultivierte Stimme. Mit ihr war sicher nicht zu spaßen gewesen, als sie noch sterblich war. »Und wir dienen Satan, wie es unsere Aufgabe ist.«
    »Warum?« fragte ich höflich.
    Bestürzung allenthalben. Und ein fernes Lebenszeichen von Nicolas. Ziellose Unruhe. Hatte er meine Stimme gehört?
    »Du wirst mit deiner Widerspenstigkeit den Zorn Gottes auf uns alle laden«, sagte der Junge, der kleinste von ihnen, wohl noch keine sechzehn, als er erschaffen wurde. »In eitler Gottlosigkeit mißachtest du die Wege der Finsternis. Du lebst unter Sterblichen! Du wandelst in den Stätten des Lichts.«
    »Und warum ihr nicht?« fragte ich. »Schwebt ihr mit weißen Flügeln gen Himmel, wenn ihr euere Zeit der Buße hier abgeleistet habt? Ist es das, was euch Satan verspricht? Erlösung? Würde ich mich an eurer Stelle nicht allzusehr drauf verlassen.«
    »Du wirst für deine Sünden in den tiefsten Höllenschlund geworfen werden«, sagte ein häßliches, altes Weib. »Du wirst kein Unheil auf Erden mehr anrichten können.«
    »Und wann ist es soweit?« fragte ich. »Seit einem halben Jahr bin ich, was ich bin. Gott und Satan sind mir nicht in die Quere gekommen! Ihr kommt mir in die Quere!«
    Einen Moment lang waren sie wie gelähmt. Warum konnten wir ungestraft Kirchen betreten? Wie konnten wir das sein, was wir waren?
    Es wäre jetzt ohne weiteres möglich gewesen, sie auseinanderzujagen und zu besiegen. Aber wie stand es um Nicki? Wenn seine Gedanken bloß in eine bestimmte Richtung gewiesen hätten, dann hätte ich gewußt, was genau hinter dem Haufen schimmeliger, schwarzer Tücher lag.
    Ich heftete meinen Blick auf die Vampire.
    Holz, Pech, sicher handelte es sich um einen Scheiterhaufen. Und diese verdammten Fackeln.
    Die schwarzäugige Frau drängte sich herbei. Keinerlei Bosheit, lediglich Faszination. Aber der Knabe stieß sie zur Seite, was ihr die Zornesröte ins Gesicht trieb. Er trat so nahe an mich heran, daß ich seinen Atem spürte.
    »Mistkerl!« sagte er. »Dich hat der Ausgestoßene, Magnus, geschaffen, ungeachtet unseres Ordens und der Wege der Finsternis. Und so hast du dieser Frau die Gabe der Finsternis geschenkt, nicht minder leichtfertig, als sie einst dir geschenkt worden ist.«
    »Wenn Satan nicht straft«, sagte die zierliche Frau, »werden wir strafen, wie es unser Recht und unsere Pflicht ist!«
    Der Knabe wies auf den schwarzverhangenen Scheiterhaufen. Er gab den anderen ein Zeichen zurückzuweichen.
    Die Pauken dröhnten wieder, schnell und laut. Die Vampire bildeten einen größeren Kreis, und die Fackelträger näherten sich dem Tuch. Dann zogen

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