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Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Titel: Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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auf dem Leichnam des zur Strecke gebrachten Dämons auf. Ich sage Ihnen, das Blut gerinnt einem in den Adern, wenn man das sieht, aber das Publikum johlt und applaudiert.
    In einer anderen kleinen Szene umringen die Puppentänzer ein Menschenmädchen und verleiten es, sich an die goldenen Schnüre binden zu lassen, als sei es auch eine Marionette. Das traurige Ergebnis ist, daß die Schnüre es so lange zu tanzen zwingen, bis es seinen Geist aushaucht. Mit ausdrucksvollen Gesten fleht es um Gnade, aber die wirklichen Puppen lachen nur und tanzen und tollen herum, bis es hinscheidet.
    Die Musik ist nicht von dieser Welt. Sie läßt einen an die Zigeuner auf den Jahrmärkten denken. Monsieur de Lenfent ist der Dirigent.
    Und gewöhnlich wird der Abend mit einem seiner Geigensoli eröffnet. Als Ihr Anwalt gestatte ich mir den Hinweis, daß Sie einen Teil des Profits dieses bemerkenswerten Ensembles fordern sollten. Vor jeder Vorstellung stehen die Menschen auf dem Boulevard Schlange.
    Rogets Briefe beunruhigten mich immer wieder. Mir klopfte das Herz, und ich fragte mich: Was hatte ich von der Truppe eigentlich erwartet? Warum überraschten mich ihre Kühnheit und ihr Erfindungsreichtum? Schließlich verfügten wir alle über die Fähigkeiten, derlei zustande zu bringen.
    Zu der Zeit, da ich mich in Venedig niederließ, wo ich unter großem Zeitaufwand vergeblich Marius’ Gemälde aufzutreiben suchte, hörte ich dann auch direkt von Eleni. Sie seien die Lieblingsveranstaltung des nächtlichen Paris, schrieb sie mir. Aus ganz Europa seien »Schauspieler« herbeigekommen, um sich ihnen anzuschließen. So sei ihre Truppe inzwischen auf zwanzig angewachsen, mehr als selbst diese Metropole eigentlich »ernähren« könne.
    »Nur die begabtesten Künstler werden aufgenommen, jene, die wirklich außerordentlich talentiert sind, doch geht uns Diskretion über alles. Wir wollen einen Skandal vermeiden, wie Du Dir wohl denken kannst.«
    Was den »lieben Geiger« anbetraf, so fand sie liebevolle Worte für ihn, schrieb, daß er ihre beste Inspirationsquelle sei und höchst geniale Stücke verfasse, deren Stoff er seiner Lektüre entnehme.
    »Aber wenn er nicht arbeitet, kann er ziemlich unmöglich sein. Man darf ihn keine Sekunde aus den Augen lassen. Seine Tischmanieren sind äußerst liederlich. Und gelegentlich schockiert er Fremde mit seinen Äußerungen, denen diese aber klugerweise keinen Glauben schenken.«
    Mit anderen Worten, er versuchte, neue Vampire zu erschaffen. Und er ging nicht heimlich auf die Pirsch.
    Hauptsächlich Unser Ältester Freund (offenbar Armand) bemüht sich, ihn im Zaum zu halten. Und das gelingt ihm mittels fürchterlichster Drohungen. Aber leider sind sie nur selten von anhaltender Wirkung. Häufig spricht unser Geiger von alten religiösen Bräuchen, von Feueriten, von einer Reise in neue Reiche des Seins.
    Ich kann nicht sagen, daß wir ihn nicht liebten. Selbst wenn das nicht der Fall wäre, würden wir uns Dir zuliebe um ihn kümmern. Und besonders Unser Ältester Freund ist ihm zugetan. Dennoch sei mir die Bemerkung erlaubt, daß solche Personen in früheren Zeiten nicht sehr lange unter uns hätten weilen können.
    Unseren Altesten Freund würdest Du wohl kaum wiedererkennen. Er hat sich am Fuße Deines Turms ein großes Refugium gebaut, wo er zwischen Büchern und Bildern haust, ganz wie ein Privatgelehrter, der wenig für die wirkliche Welt übrig hat.
    Jede Nacht fährt er jedoch in seiner schwarzen Kutsche zum Theater, um dann in seiner vorhangverhangenen Loge der Vorstellung beizuwohnen.
    Und er kommt oft, um unsere Streitereien zu schlichten, um als Herrscher aufzutreten, wie er es schon immer getan hat, um mit seinen Drohungen Unseren Göttlichen Geiger im Zaum zu halten, aber nie, niemals wird er einem Auftritt auf der Bühne zustimmen. Er ist es, der neue Ensemblemitglieder einstellt. Wie ich schon sagte, sie kommen von überallher. Wir müssen uns nicht groß um sie bemühen. Sie klopfen einfach an die Tür…
    Komm zu uns zurück (schrieb sie abschließend). Du wirst uns interessanter als früher finden. Es gibt eine Fülle von Wundem der Finsternis, die ich dem Papier nicht anvertrauen kann. Wir sind ein kosmisches Ereignis in der Geschichte unserer Zunft. Und in der Geschichte dieser großartigen Stadt hätten wir für unser kleines Unterfangen keinen besseren Zeitpunkt wählen können. Und einzig Dir haben wir das alles zu verdanken. Warum hast Du uns verlassen? Komm heim.
    Ich

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