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Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Titel: Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Güte, als daß er etwas anderes als Zutrauen hätte erwecken können.
    Armand glich vielleicht einem Gott aus einem Caravaggio-Gemälde, Gabrielle einem Erzengel aus Marmor neben dem Portal einer Kirche. Aber diese Gestalt über mir war die eines unsterblichen Mannes.
    Und der unsterbliche Mann war es unverkennbar, der, die Rechte nach vorne gestreckt, das Schiff ruhig durch die Klippen lotste. Das Wasser schimmerte wie geschmolzenes Metall, blitzte blau auf, dann silbern, dann schwarz; warf weißen Schaum hoch, wenn die seichten Wellen sich an den Felsen brachen.
    So leise wie möglich erklomm ich die kleine Treppe zur Brücke. Marius wandte keine Sekunde den Blick vom Wasser, aber er ergriff meine Hand. Und drückte sie unaufdringlich. Wärme. Das war nicht der Augenblick, etwas zu sagen, und ich war überrascht, daß er mich überhaupt beachtet hatte.
    Er zog die Augenbrauen zusammen, und seinem stummen Befehl gehorchend, verlangsamten die Ruderer ihr Tempo.
    Ich war fasziniert und spürte ganz deutlich die Macht, die er ausstrahlte, ein leises Pulsieren, das seinem Herzschlag entsprach. Und ich konnte die Sterblichen auf den Klippen und den schmalen Inselstränden ringsherum hören. Ich sah sie auf den Vorgebirgen oder wie sie mit Fackeln zum Meer rannten. Ich konnte ihre Gedanken so deutlich wie Stimmen hören, als sie da im Abenddämmer standen und die Laternen unseres Schiffes betrachteten. Sie befleißigten sich der griechischen Sprache, die ich nicht verstand, aber die Botschaft war klar:
    Der Fürst fährt vorbei. Kommt her und seht: Der Fürst fährt vorbei. Und das Wort >Fürst< drückte irgendwie eine übernatürliche Bedeutung aus. Und von Erregung durchsetzte Ehrerbietung drang wie ein mehrstimmiger Chor von der Küste.
    Mir verschlug es den Atem! Ich mußte an den Sterblichen denken, den ich in Kairo in Furcht und Schrecken versetzt hatte, an das alte Debakel auf Renauds Bühne. Aber wegen dieser beiden lächerlichen Zwischenfälle war ich zehn Jahre lang unsichtbar durch die Welt gezogen, und diese Leute, diese ärmlich gekleideten Bauern, liefen zusammen, um das Schiff vorbeifahren zu sehen, und diese Leute wußten, was Marius war. Oder sie wußten wenigstens ein bißchen dessen, was er war.
    Aber wir ließen die Gestade hinter uns. Die Klippenstraße wurde immer enger, und das Schiff glitt mit hochgestellten Rudern dahin. Die hohen Felswände raubten dem Himmel das Licht.
    Wenig später öffnete sich unseren Blicken eine weite Bucht, und jäh ragte ein Felsblock vor uns auf, der von sanften Hügeln umgeben, aber derart steil war, daß ich seinen Gipfel nicht sehen konnte. Die Ruderer drosselten noch einmal das Tempo, und ganz langsam begann das Schiff sich zur Seite zu drehen. So näherten wir uns dem Felsen, und nach einiger Zeit gewahrte ich vor uns den Umriß einer moosbedeckten Kaimauer. Die Ruder ragten jetzt steil in den Himmel.
    Marius war so gelassen wie je, hielt mit der einen Hand die meine sanft umklammert und wies mit der anderen auf den Kai und den Felsen, der drohend in die Nacht emporragte, vom Licht unserer Laternen umtastet.
    Erst als wir keine fünf oder sechs Fuß mehr von der Kaimauer entfernt waren scheinbar gefährlich nahe für ein Schiff dieser Größe -, kam das Schiff zum Stehen. Und Marius nahm mich bei der Hand, und wir gingen unter das Deck und machten uns daran, die Galeere zu verlassen. Ein schwarzhaariger Diener kam uns entgegen und überreichte Marius einen Seesack. Und Marius sprang mit mir über das Wasser, völlig geräuschlos, dem Kai entgegen.
    Ich blickte zu dem sanft schaukelnden Schiff zurück. Die Ruder hatten sich wieder gesenkt, und in Sekundenschnelle sauste das Schiff den fernen Lichtern am anderen Ende der Bucht entgegen.
    Marius und ich standen jetzt allein in der Dunkelheit, und als das Schiff nur noch ein Pünktchen im Meer war, deutete er auf eine schmale, in den Fels gehauene Treppe. »Geh voran, Lestat«, sagte er.
    Es tat wohl, bergan zu steigen. Es tat wohl, die rohen Stufen hinaufzueilen und den stärker werdenden Wind zu spüren und das Meer aus so weiter Ferne zu sehen, daß die Wellen in Bewegungslosigkeit erstarrt schienen.
    Marius war nur wenige Schritte hinter mir. Und wieder konnte ich sein machtvolles Pulsieren fühlen und hören. Es war wie ein Vibrieren in meinen Knochen.
    Auf halbem Wege nach oben hörten die Stufen auf und wichen einem Pfad, der kaum breit genug für eine Bergziege war. Bald hatten wir eine derart schwindelnde

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