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Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Titel: Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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gemütlichen Durcheinanders, langer Stunden ungetrübten Vergnügens, einer Stätte, die ausgesprochen menschlich war. Menschliches Wissensgut, menschliche Kunstwerke, Sessel, in denen Menschen sitzen konnten.
    Ich stand lange Zeit da und las die lateinischen und griechischen Titel. Ich fühlte mich leicht betrunken, als sei mir gerade ein Sterblicher mit viel Wein im Blut in die Fänge geraten.
    Aber ich mußte Marius finden. Ich verließ diesen Raum, ging eine kleine Treppe hinunter und durch einen neuen, bemalten Gang, um in ein noch größeres, ebenfalls hellerleuchtetes Gemach zu gelangen. Schon von weither hörte ich Vogelgesang und roch Blumenduft. Und dann fand ich mich in einem Wald von Käfigen wieder, in denen nicht nur alle möglichen Vögel, sondern auch Affen, darunter Paviane, waren, die in ihren kleinen Gefängnissen wie wild zu toben anfingen, als ich durch den Raum ging.
    Topfpflanzen umringten die Käfige - Farne und Bananenbäume, hundertblättrige Rosen, Jasmin, süßlich duftende Kletterpflanzen, fleischfressende Blumen, die Insekten verschlangen, kleine Bäume, die unter der Last von Pfirsichen und Zitronen und Birnen stöhnten.
    Als ich schließlich aus diesem kleinen Paradies trat, gelangte ich in eine Skulpturenhalle, die selbst dem Vatikanmuseum alle Ehre gemacht hätte. Auch die angrenzenden Zimmer beherbergten zahllose Gemälde, asiatische Möbel, mechanische Spielsachen.
    Natürlich verweilte ich nicht mehr vor jedem Gegenstand oder jeder Neuentdeckung. Ein ganzes Leben hätte kaum ausgereicht, alles in diesem Haus zu betrachten. Ich eilte weiter.
    Ich wußte nicht, wohin ich ging. Aber ich wußte, daß ich mir alles ansehen durfte.
    Schließlich hörte ich Marius’ unverwechselbaren Klang, jenen Rhythmus seines leisen Herzschlags, den ich in Kairo vernommen hatte. Und ich ging zu ihm.

3
    Ich betrat einen hellerleuchteten Salon im Stil des achtzehnten Jahrhunderts. Die Wände waren mit feinstem Rosenholz verkleidet, gerahmte Spiegel erhoben sich bis zur Decke. Wie in den anderen Gemächern waren auch hier verzierte Truhen, Polstersessel, üppige Pflanzen, Porzellanuhren. Eine kleine Büchersammlung stand hinter den Glastüren der Regale, eine Zeitung jüngeren Datums lag auf dem kleinen Tisch neben einem brokatbezogenen Ohrensessel. Hohe, schmale Türen rührten auf eine Terrasse, wo Lilien- und Rosenbeete ihren schweren Duft verströmten. Und dort, mit dem Rücken zu mir, stand am Geländer ein Mann des achtzehnten Jahrhunderts. Er drehte sich um und forderte mich auf herauszukommen. Es war Marius.
    Er war ähnlich gekleidet wie ich. Sein Gehrock war rot, nicht violett, er trug Valenciennespitze, nicht Brüsseler Spitze. Ansonsten unterschied sich seine Aufmachung kaum von meiner,, sein glänzendes Haar war, wie meines, mit einem schwarzen Band zurückgebunden, und er sah keineswegs so ätherisch wie Armand aus, vielmehr wie ein Überwesen, ein Geschöpf mit unglaublich weißer Haut Und von größter Vollkommenheit, das dennoch den Dingen seiner Umwelt verbunden war.
    Ich kostete den Augenblick voll aus: daß er und ich uns gleich unterhalten würden, daß ich wirklich hier war. Ich war noch immer so klaren Geistes wie auf dem Schiff. Ich hatte keinen Durst -wahrscheinlich hielt mich noch immer sein Blut in meinen Adern aufrecht. All die alten Rätsel wallten in mir empor, rüttelten mich auf, spornten mich an. Lagen JENE, DIE BEWAHRT WERDEN MÜSSEN, irgendwo auf dieser Insel? Würde ich jetzt alles erfahren?
    Ich ging zum Terrassengeländer und stellte mich neben ihn, genoß den Blick aufs Meer. Seine Augen waren auf eine Insel gerichtet, die keine halbe Meile vor der Küste lag. Er belauschte etwas, das ich nicht hören konnte. Und im Licht, das hinter uns aus der Tür drang, sah sein Profil wie in Stein gemeißelt aus.
    Aber schon wandte er sich mir fröhlich zu, legte seinen Arm um mich und führte mich in das Zimmer zurück. Er bewegte sich ganz wie ein Sterblicher, eleganten, aber festen Schritts, wie er mich zu zwei sich gegenüberstehenden Ohrensesseln geleitete, und wir nahmen Platz. Wir befanden uns fast genau in der Mitte des Raums. Die Terrasse lag rechts von mir. Der Lüster über uns sowie ein gutes Dutzend Kandelaber und Wandleuchter spendeten reichlich Licht.
    Alles war ebenso natürlich wie kultiviert. Und Marius lehnte sich bequem in die Brokatkissen zurück.
    Als er lächelte, sah er vollkommen menschlich aus. Aber sobald das Lächeln schmolz, wichen auch alle

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