Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis
während der Nächte in Kairos Erde getragen hatte, und legte frische Kleider an. Ich kam mir an dieser zeitlosen Stätte in meinem Aufzug einigermaßen lächerlich vor blauvioletter Gehrock mit Perlenknöpfen, das unvermeidliche Spitzenhemd und Satinschuhe mit diamantbesetzten Schnallen - aber ich hatte keine anderen Kleider. Ich schnürte mein Haar mit einem schwarzen Band zurück, wie es sich für einen Gentilhomme des achtzehnten Jahrhunderts ziemte, und machte mich auf die Suche nach dem Hausherrn.
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Überall im Haus brannten Fackeln. Die Türen standen offen, und die vorhanglosen Fenster gewährten einen Blick aufs Firmament und auf das Meer.
Als ich die kleine Treppe hinabgestiegen war, kam mir zu Bewußtsein, daß ich mich zum erstenmal auf meiner Wanderschaft im sicheren Refugium eines unsterblichen Wesens befand, ausgestattet mit allem, was sich ein unsterbliches Wesen wünschen konnte.
In den Gängen standen auf Sockeln prachtvolle griechische Urnen, und in verschiedenen Nischen erhoben sich große Bronzestatuen aus dem Morgenland, und in den Fenstern und Terrassen blühten die exotischsten Pflanzen. Überall waren die Marmorböden mit herrlichen Teppichen aus Indien, Persien und China bedeckt. Ich stieß auf riesige ausgestopfte Tiere, die in lebensähnlichen Posen aufgestellt waren der Braunbär, der Löwe, der Tiger, ja sogar der Elefant, der sein eigenes Zimmer hatte, Echsen so groß wie Drachen, Raubvögel, auf getrocknete Äste gekrallt.
Aber alles wurde von den buntleuchtenden Wandgemälden beherrscht, die jede Fläche vom Boden bis zur Decke bedeckten.
In einem Raum prangte die Darstellung der sonnenheißen arabischen Wüste, bestückt mit einer detailfreudig ausgemalten Kamelkarawane und turbanköpfigen Händlern. In einem anderen Raum wurde ein Dschungel in tropischer Blütenfülle lebendig.
Die Vollkommenheit dieser Sinnestäuschung verblüffte, verführte mich. Und je genauer ich die Bilder betrachtete, desto mehr sah ich. Der Dschungel wimmelte von Getier - Insekten, Vögeln, Würmern -, eine verwirrende Vielfalt, die mich schließlich glauben machte, ich sei aus Raum und Zeit in etwas geglitten, das mehr war als ein bloßes Gemälde.
Mir schwindelte. Wohin ich auch sah, jede Wand bot einen neuen Anblick. Unmöglich, all die Färbungen und Tönungen zu benennen. Und was die Stilrichtungen all der Gemälde anbetraf, so verwirrten und entzückten sie mich gleichermaßen. Sie zeichneten sich durch äußersten Realismus und klassische Proportionen und Techniken aus, wie man sie bei allen Malern der Spätrenaissance antrifft: da Vinci, Raphael, Michelangelo, aber auch bei neueren Meistern wie Watteau und Fragonard. Die Behandlung des Lichts war einzigartig. Die Lebewesen schienen förmlich zu atmen.
Aber die Details. Da versagte der Realismus. Im Dschungel waren einfach zu viele Affen, auf den Blättern tummelten sich zu viele Käfer. Durch einen einzigen Sommerhimmel schwirrten Tausende von Insekten.
Ich gelangte in einen weiträumigen Gang, von dessen Wänden mich gemalte Männer und Frauen anstarrten, und beinahe hätte ich vor Erstaunen aufgeschrien. Da waren Menschen aller Epochen versammelt - Beduinen, Ägypter, Griechen und Römer, Ritter in Rüstungen, Bauern und Könige und Königinnen. Ferner Renaissancemenschen in Wämsen und Gamaschen, der Sonnenkönig mit seiner gewaltigen Lockenmähne und schließlich Figuren aus unserer Zeit.
Ich fing zu lachen an. Es war nicht komisch. Es war einfach erfreulich. Ich lachte und lachte. Und wieder gaben mir die Details das Gefühl vollkommener Wirklichkeit - die Wassertröpfchen, die an einem Umhang hafteten, die Narbe auf einer Wange, die halbzertretene Spinne unter einem polierten Lederstiefel.
Ich mußte mich zum Verlassen dieses Gangs zwingen, was mir nur gelang, da ich plötzlich eine hellerleuchtete Bibliothek gewahrte.
Unzählige Bücher und Manuskriptrollen, riesige, glänzende Globen in ihren Holzgestellen, Büsten antiker Götter und Göttinnen, ausgebreitete Landkarten. Zeitungen in allen Sprachen auf den Tischen gestapelt. Und überall seltsame Gegenstände verstreut, Fossilien, mumifizierte Hände, exotische Muscheln, Sträuße getrockneter Blumen, Figurinen, Bruchstücke alter Plastiken, mit ägyptischen Hieroglyphen bedeckte Krüge. Und in der Mitte des Raumes neben Tischen und Glasschränken bequeme Sessel mit Fußbänken, und Kandelaber und Öllampen, die Licht verströmten.
Das Ganze machte den Eindruck eines
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