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Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Titel: Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Wüstensand und sie dort wie zwei Statuen zurückgelassen hat.‹
    »Und mein Schicksal ist eng damit verknüpfte murmelte ich.
    »Ja. Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß er noch länger daran geglaubt hat, der sie so lange bewahrt hat. Schließlich war es ja nur eine alte Geschichte. Schließlich wurden sie verehrt, wie ich schon sagte, von uns verehrt, so wie wir von den Sterblichen verehrt werden, und niemand hat es gewagt, ihnen Leid zuzufügen. Niemand hat ihnen eine Fackel hingehalten, um festzustellen, ob wir anderen dann Schmerzen verspüren. Nein. Er hat es nicht geglaubt. Er hat sie einfach in der Wüste zurückgelassen, und als er dann in jener Nacht in seinem Sarg die Augen aufschlug und nur noch ein bis zur Unkenntlichkeit verbranntes Stück Schrecken war, da schrie er und schrie und schrie.‹
    ›Und du hast sie wieder unter die Erde gebracht.‹
    ›Ja.‹
    ›Und sie sind so schwarz wie du…‹
    ›Nein.‹ Er schüttelte den Kopf. »Sie sind wie aus Bronze gegossen, goldbraun, wie Fleisch, das sich am Spieße dreht. Mehr nicht. Und so schön wie eh und je, als gehörte die Schönheit zu ihnen, als Teil ihrer selbst, als wären sie dazu bestimmt, die Schönheit zu verkörpern. Sie sehen vor sich hin, wie sie es immer getan haben, aber sie stecken nicht mehr die Köpfe zusammen, sie summen nicht mehr zum Rhythmus ihrer geflüsterten Heimlichkeiten, sie geben uns nicht mehr ihr Blut zu trinken. Und die Opfer, die ihnen dargebracht werden, nehmen sie nur noch ganz selten entgegen, und wenn, dann auch nur in allergrößter Abgeschiedenheit. Niemand weiß, wann sie trinken werden, und wann nicht.‹
    Ich schüttelte den Kopf und ging auf und ab. Die Kerze in meiner Hand flackerte, und ich wußte nicht, was ich zu all dem sagen sollte, ich brauchte Zeit, um darüber nachzudenken.
    Der Älteste forderte mich mit einer Handbewegung auf, mich auf den Stuhl zu setzen, der auf der anderen Seite des Schreibtischs stand, und ohne darüber nachzudenken, tat ich es.
    ›Aber waren sie nicht dazu bestimmt, Römer?‹ fragte er. ›Waren sie nicht dazu bestimmt, dem Tod im Wüstensand zu begegnen, stumm, unbeweglich, wie Statuen, die man weggeworfen hatte, nachdem die Bewohner einer Stadt von den Eroberern verjagt worden waren, und waren wir nicht auch dazu bestimmt zu sterben? Sieh dir Ägypten an. Ich frage dich noch einmal, was ist Ägypten denn anderes als die Kornkammer Roms? Waren sie nicht dazu bestimmt, Tag für Tag dort zu sterben, während wir und alle anderen auf der ganzen Welt wie Sterne brannten?‹ ›Wo sind sie?‹ fragte ich.
    ›Wozu willst du das wissen?‹ sagte er spöttisch. ›Warum sollte ich dir dieses Geheimnis verraten? Du kannst sie nicht in Stücke hacken, dafür sind sie viel zu stark, ein Messer würde nicht mal ihre Haut durchdringen. Aber wenn du sie zerstückelst, zerstückelst du auch uns. Wenn du sie verbrennst, verbrennst du auch uns. Und welches Gefühl sie uns auch vermitteln - sie selbst werden immer nur zum Teil davon betroffen sein, denn ihr Alter schützt sie davor. Und doch brauchst du sie nur zu verstimmen, um jeden einzelnen von uns dem sicheren Untergang zu weihen. Das Blut scheinen sie nicht einmal mehr zu benötigen! Vielleicht sind sogar ihre Gedanken mit unseren verbunden. Vielleicht kommen Kummer und Leid, die Angst, das Entsetzen über das Schicksal der Welt auch aus ihren Köpfen in unsere, während sie dort in ihren Kammern liegen und träumen! Nein. Ich kann dir nicht sagen, wo sie sind, nicht wahr?
    Nicht, solange ich nicht mit Sicherheit weiß, daß mir alles gleichgültig ist, daß es für uns Zeit wird auszusterben.‹
    ›Wo sind sie?‹ fragte ich noch einmal.
    ›Warum sollte ich sie nicht in die tiefsten Tiefen des Meeres versenken?‹ fragte er. ›Bis sie irgendwann einmal von der Erde selbst auf dem Kamm einer riesigen Welle ans Sonnenlicht gespült werden?‹
    Ich schwieg, verwundert über seine Erregung, die ich gleichwohl verstand.
    ›Warum sollte ich sie nicht in den Tiefen der Erde vergraben, ich meine, in den dunkelsten Tiefen, wo kein noch so schwacher Laut von Leben hindringt, und sie dort, in dieser absoluten Stille, liegenlassen, egal, was sie denken und fühlen?‹
    Was hätte ich darauf antworten können? Ich beobachtete ihn. Ich wartete, bis er sich zu beruhigen schien. Er sah mich an, und sein Gesicht war ruhig, fast vertrauensvoll.
    »Erzähle mir, wie es dazu kam, daß sie Die Mutter und Der Vater wurden ‹, bat

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