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Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Titel: Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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ich.
    ›Wozu?‹
    ›Das weißt du ganz genau. Ich will es wissen! Warum bist du zu meinem Schlafzimmer gekommen, wenn du nicht vorhattest, es mir zu erzählen?‹ fragte ich wieder.
    ›Und wenn ich gekommen bin, was heißt das schon?‹ sagte er mit Bitterkeit in der Stimme. ›Was, wenn ich einfach den Römer mit meinen eigenen Augen sehen wollte? Wir werden sterben, und du wirst mit uns sterben. Ich wollte unsere Magie in neuer Gestalt sehen. Denn wer betet uns denn heute schon noch an? Gelbhaarige Krieger in den Wäldern des Nordens? Uralte Ägypter in verborgenen Grüften unter dem Sand? Wir leben nicht in den Tempeln der Griechen und Römer. Das haben wir nie getan. Und doch verkünden sie unseren Mythos - den einzigen Mythos - und rufen Die Mutter und Den Vater beim Namen…‹
    »Das ist mir scheißegal‹, sagte ich ungeduldig. ›Das weißt du genau. Du und ich, wir sind uns ähnlich. Ich werde nicht in die Wälder des Nordens zurückkehren, nur um diesen Leuten ein neues Geschlecht von Göttern zu liefern! Aber ich bin hierhergekommen, um alles herauszufinden, und du mußt es mir sagen! ‹
    ›Also gut. Damit du die Sinnlosigkeit des Ganzen verstehen kannst, damit du das Schweigen Der Mutter und Des Vaters verstehen kannst, werde ich es sagen. Aber hör zu, das heißt noch lange nicht, daß ich uns nicht doch noch alle erledige. Daß ich Die Mutter und Den Vater nicht doch noch im Feuer verbrenne! Aber ersparen wir uns lange Vorreden und schöne Worte. Begnügen wir uns mit den Mythen selbst, die noch am selben Tag im Sande starben, an dem die Sonne auf Die Mutter und Den Vater herabschien. Ich werde dir erzählen, was in all den Schriftrollen, die Der Vater und Die Mutter zurückgelassen haben, geschrieben steht. Stell die Kerze hin. Und hör mir zu.‹

10
    Wenn du die Schriftrollen entziffern könntest‹, sagte er, ›würden sie dir erzählen, daß wir es hier mit zwei menschlichen Wesen zu tun haben, mit Akascha und Enkil, die aus irgendeinem anderen, älteren Land nach Ägypten gekommen waren. Das war lange, bevor es die ersten Schriftzeichen gab, bevor es die ersten Pyramiden gab, als die Ägypter noch Kannibalen waren und auf die Leiber ihrer Feinde Jagd machten, um sie zu verspeisen!
    Akascha und Enkil führten das Volk fort von diesen barbarischen Sitten. Sie beteten zur Guten Mutter Erde und lehrten die Ägypter, Samen in die Gute Mutter einzubringen und Tiere zu halten, um Fleisch und Milch und Häute zu bekommen.
    Aller Wahrscheinlichkeit nach waren sie nicht allein, als sie ihnen all diese Dinge beibrachten, sondern führten ein Volk an, das mit ihnen aus noch viel älteren Städten hierhergekommen war, deren Namen unter dem Boden Libanons verschwunden sind, deren Bauwerke verfallen sind.
    Ob das nun die Wahrheit ist oder nicht, diese beiden waren gütige Herrscher, und sie ließen sich von dem Guten im Menschen leiten, denn die Gute Mutter war die Nahrhafte Mutter, und sie wollte, daß alle Menschen in Frieden zusammenlebten, und sie sprachen Recht in diesem entstehenden Land.
    Vielleicht wären sie auf irgendeine huldvolle Art zum Mythos geworden, hätte es im Haus des königlichen Verwalters nicht einen Aufruhr gegeben, der mit dem grotesken Benehmen eines Dämons begann, der mit Möbeln um sich warf.
    Es handelte sich hier nun keineswegs um mehr als einen ganz gewöhnlichen Dämon, wie es sie in allen Ländern und zu allen Zeiten gibt und die den Menschen zu bestimmten Zeiten und an bestimmten Orten das Leben schwermachen. Dazu schlüpfen sie, zum Beispiel, in den Körper irgendeiner Unschuldigen und sprechen mit dröhnender Stimme durch deren Mund. Oder sie bringen diese Unschuldige dazu, obszöne Sprüche und sexuelle Anzüglichkeiten von sich zu geben. Du hast doch von diesen Dingen sicher schon gehört?‹
    Ich nickte. Solche Geschichten bekam man immer wieder «u hören.
    ›Wie dem auch sei‹, fuhr er daraufhin fort. ›Diese Dämonen können zwar für irgendeinen Haushalt oder irgendeine Person eine Plage sein, aber sie sind eigentlich nicht weiter bemerkenswert. Harmlose Störenfriede, mehr nicht. Aber du mußt natürlich bedenken, daß das im alten Ägypten ganz anders gesehen wurde. Damals sind die Menschen noch vor einem Donnerschlag davongelaufen, oder sie verspeisten ihre Toten, um deren Seele in sich aufzunehmen.‹
    ›Ich weiß‹, sagte ich.
    ›Und jener gute König Enkil beschloß, sich selbst um den Dämon zu kümmern, der das Haus seines Verwalters heimsuchte.

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