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Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Titel: Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Baumgott der Kelten geschaffen wurde und wie er mir aufgetragen hat herauszufinden, warum die Götter in den Flammen verbrannt sind.‹
    ›Du kommst nicht im Auftrag der Götter des Waldes!‹ sagte er, wie zuvor, in höhnischem Ton. Sein Kopf war noch nach unten gebeugt, nur seine Augen sahen mich um so herausfordernder und verächtlicher an.
    ›Ja und nein‹, sagte ich. ›Wenn wir auf diese Weise umkommen können, dann wüßte ich gern, warum. Was einmal geschehen ist, kann ein zweites Mal geschehen. Und ich hätte gern gewußt, ob wir wirklich Götter sind, und wenn ja, wüßte ich gern, welches unsere Verpflichtungen gegenüber den Menschen sind. Gibt es Die Mutter und Den Vater wirklich, oder sind sie nur eine Legende? Und wie hat alles angefangen?‹
    ›Durch einen Zufall‹, sagte er.
    ›Durch einen Zufall?‹ Ich beugte mich vor; ich glaubte, nicht richtig gehört zu haben.
    ›Ja, es war ein Zufalls sagte er kühl und abweisend und machte damit deutlich, wie absurd ihm diese Frage vorkam. ›Vor viertausend Jahren, durch einen Zufall, und seither zeugt jede Magie und Religion davon.‹
    ›Du sprichst doch die Wahrheit, nicht wahr?‹
    ›Warum sollte ich mir die Mühe machen, dir etwas vorzulügen? Warum sollte ich dich von der Wahrheit verschonen? Ich weiß ja nicht einmal, wer du bist. Und es ist mir auch egal.‹
    ›Dann erkläre mir wenigstens, was du mit einem Zufall meinst‹, bohrte ich weiter.
    »Ich weiß nicht. Ich könnte es tun, ich könnte es aber auch lassen. In diesen letzten Minuten habe ich mehr geredet als in den ganzen letzten Jahren zusammen. Die Geschichte von dem Zufall ist vielleicht genausowenig wahr wie all die Märchen, an denen sich die anderen ergötzen. Die anderen haben sich immer für diese Märchen entschieden, das ist es doch, was ihr wirklich wollt, nicht wahr, Märchen?‹ Er hatte die Stimme erhoben und erhob sich jetzt selbst aus dem Sessel, als würde ihm seine zornige Stimme auf die Beine helfen. ›Eine Geschichte von unserer Schöpfung, die der Schöpfungsgeschichte der Hebräer gleicht, den Erzählungen Homers, dem Gestammel eurer römischen Dichter Ovid und Virgil - ein schöner großer Pfuhl leuchtender Symbole, aus dem das Leben selbst hervor- gegangen ist.‹ Er stand da und schrie aus vollem Halse, während sich auf seiner schwarzen Stirn dicke Adern wölbten und seine Hand zur Faust geballt war. ›Von solchen Geschichten wimmelt es doch in all den Dokumenten hier, nachdem sie, bruchstückweise, aus den Hymnen und Zauberformeln hervorgegangen sind. Willst du sie hören? Sie sind genauso wahr wie alles andere auch.‹
    ›Erzähl mir, was du willst‹, sagte ich und bemühte mich, ruhig zu bleiben. Seine Stimme dröhnte in meinen Ohren. Und dann hörte ich, wie sich in den Räumen nebenan etwas bewegte. Wie noch andere Kreaturen, ähnlich diesem vertrockneten, armseligen Bündel, das mich hierhergebracht hatte, dort herumschlichen. ›Und du könntest damit beginnen, mir zu erzählen, warum du mich hier in Alexandrien in meinen Räumen aufgesucht hast‹, sagte ich mit eisiger Stimme. ›Du warst es doch, der mich hierhergeführt hat. Warum hast du das getan? Um mich zu beschimpfen? Um mich zu verfluchen, weil ich von dir wissen will, wie alles angefangen hat?‹ ›Du solltest dich beruhigen.‹
    ›Das gleiche könnte ich zu dir sagen.‹
    Er musterte mich von oben bis unten, dann lächelte er. Er hielt mir seine geöffneten Hände hin, wie zum Gruß oder als wollte er mir etwas anbieten, dann zuckte er die Achseln.
    ›Ich möchte, daß du mir von diesem Zufall erzählst‹, sagte ich. ›Ich würde dich sogar darum bitten, wenn ich das Gefühl hätte, daß es irgend etwas nützen würde. Was kann ich tun, damit du es mir erzählst?‹
    Sein Gesicht machte mehrere bemerkenswerte Verwandlungen durch. Ich konnte seine Gedanken fühlen, aber nicht hören, konnte einen bissigen Humor fühlen. Und als er dann mit belegter Stimme weitersprach, schien er wie in einem Würgegriff gegen Kummer und Leid anzukämpfen.
    ›Hör gut zu‹, sagte er. ›Ich werde dir unsere Geschichte erzählen. Der gute Gott Osiris, der erste Pharao Ägyptens, wurde von bösen Menschen ermordet. Das war lange vor der Erfindung der Schrift. Und als seine Frau Isis die einzelnen Teile seines Körpers zusammentrug, wurde er unsterblich und herrschte von da an im Reich des Todes. Es war das Reich des Mondes und der Nacht, in dem er regierte, und man brachte ihm Opfergaben aus Blut

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