Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis
spukenden Haus, in dem es plötzlich ganz still geworden war.
Die Verschwörer drängten die Zauberer hineinzugehen, aber die hatten Angst. Dann werden wir eben selbst hineingehen und nachsehen, was passiert ist, sagten die bösen Verschwörer und rissen die Türen auf.
Und da standen der König und die Königin und sahen den Verschwörern ruhig entgegen, und ihre Wunden waren alle geheilt. In ihren Augen aber war ein unheimliches Leuchten, und ihre Haut schimmerte in einem weißen Licht, und ihre Haare glänzten. Und als die Verschwörer voller Entsetzen flohen, kamen sie aus dem Haus, und sie schickten das Volk und die Priester fort und gingen allein zurück zu ihrem Palast.
Und obgleich sie sich niemandem anvertrauten, wußten sie, was mit ihnen geschehen war.
Der Dämon war durch ihre Wunden in ihren Körper eingedrungen, und zwar genau in dem Augenblick, als das sterbliche Leben aus ihnen wich. Und es war das Blut, in das sich der Dämon in jenem Dämmerzustand, als das Herz fast stillstand, eingeschlichen hatte. Vielleicht war das der Stoff, den er in seiner Wut gesucht hatte, der Stoff, den er durch seine grotesken Possen von seinen Opfern hatte bekommen wollen, auch wenn es ihm nie gelungen war, seinem Opfer genügend viele Wunden zuzufügen, bevor es starb. Aber jetzt war er drin in dem Blut, und das Blut, das war nicht nur der Dämon, und auch nicht nur das Blut des Königs und der Königin, sondern es war eine Mischung aus Mensch und Dämon, etwas völlig anderes also.
Und von dem König und der Königin war nur noch übrig, was dieses Blut beleben konnte, was es einflößen und für sich beanspruchen konnte. In jeder anderen Hinsicht waren ihre Körper tot, aber das Blut floß durch das Gehirn und das Herz und die Haut, und so blieb dem König und der Königin ihre Intelligenz erhalten. Es blieben ihnen ihre Seelen erhalten, wenn man so will, da die Seele diesen Organen innewohnt, auch wenn wir nicht wissen, warum das so ist. Und obwohl das Blut des Dämons keinen eigenen Geist besaß, keinen eigenen Charakter, den der König und die Königin hätten entdecken können, bereicherte es ihren Geist und ihren Charakter, denn es floß durch die Organe, aus denen die Gedanken hervorgehen. Und es fügte ihren eigenen Fähigkeiten seine reine spirituelle Kraft hinzu, so daß der König und die Königin die Gedanken von Sterblichen hören und Dinge aufspüren und verstehen konnten, die den Sterblichen verschlossen bleiben.
Alles in allem hatte der Dämon etwas hinzugefügt und etwas weggenommen, und der König und die Königin waren Neue Wesen. Sie konnten nun keine Nahrung mehr zu sich nehmen und auch nicht mehr wachsen oder sterben oder Kinder bekommen, aber ihre Gefühle besaßen eine Intensität, über die sie selbst erschrocken waren. Und der Dämon besaß nun, was er sich immer gewünscht hatte; einen Körper, um darin zu leben, sich endlich in der Welt herumbewegen zu können, zu fühlen.
Aber dann kam die noch viel schrecklichere Entdeckung, daß das Blut gefüttert werden mußte, um ihre Leichname am Leben zu erhalten. Und zu diesem Zweck konnte er nur verwenden, woraus er selbst gemacht war: Blut. Immer mehr Blut mußte her, um zugeführt zu werden, immer mehr Blut mußte her, um durch alle Glieder des Körpers gepumpt zu werden, in dem er diese herrlichen Gefühle genoß, immer mehr Blut, er konnte gar nicht genug davon bekommen.
Oh, und das stärkste aller Gefühle war das Trinken, mit dem er sich erneuerte, sich ernährte, sich vergrößerte. Und in diesem Augenblick des Trinkens konnte er den Tod des Opfers fühlen, den Augenblick, in dem er so viel Blut aus dem Opfer zog, daß sein Herz zu schlagen aufhörte.
Der Dämon hatte sie fest im Griff, den König und die Königin. Sie waren Bluttrinker; und ob der Dämon von ihnen gewußt hat, werden wir nie erfahren. Aber der König und die Königin wußten, daß sie von dem Dämon besessen waren und ihn nicht loswerden konnten, und wenn sie ihn loswürden, müßten sie sterben, weil ihre Körper bereits tot waren. Und sie erkannten auch, daß diese toten Körper, die einzig und allein von dieser dämonischen Flüssigkeit am Leben gehalten wurden, keinem Feuer und keinem Sonnenlicht standhalten würden. Einerseits waren sie wie zarte weiße Blumen, die in der Tageshitze der Wüste verwelkten und schwarz wurden. Und andererseits schien sich das Blut in ihnen so schnell zu verflüchtigen, daß man es leicht zum Kochen bringen konnte, wenn man es
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