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Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Titel: Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Ahnung, wer Die Mutter und Der Vater eigentlich sind. Oder glaubst du etwa, ich hätte dich nur das eine Mal angelogen?‹
    ›Ich muß dir etwas sagen‹, sagte ich. ›Du bist jetzt frei. Du weißt, daß wir keine Götter sind. Aber wir sind auch keine Menschen. Wir dienen der Mutter Erde nicht, denn wir ernähren uns nicht von ihren Früchten, und wir sind nicht von ihr geschaffen. Und ich verlasse Ägypten, ohne dir noch verpflichtet zu sein, und ich nehme sie mit, weil sie mich darum gebeten haben, und ich werde nicht zulassen, daß ihnen oder mir etwas zustößt.‹
    Wieder war er verblüfft. Wie hatten sie mich darum gebeten? Aber er fand keine Worte, er war plötzlich so wütend und voller Haß und voller dunkler, zorniger Geheimnisse, von denen ich nicht einmal ahnte. Er war genauso gebildet wie ich, aber er wußte so viele Dinge über unsere Fähigkeiten, auf die ich niemals gekommen wäre. Als ich sterblich gewesen war, hatte ich niemals einen Menschen umgebracht. Ich wußte gar nicht, wie man ein anderes Lebewesen tötete, außer in dem zärtlichen und grausamen Verlangen nach Blut.
    Er aber wußte, wie er seine übernatürlichen Kräfte anwenden mußte. Seine Augen zogen sich zu schmalen Schlitzen zusammen, und sein Körper wurde starr. Er strahlte Gefahr aus.
    Dann kam er auf mich zu, und seine Absicht war klar, und im selben Augenblick sprang ich auf und bemühte mich, seinem Angriff auszuweichen. Er packte mich an der Kehle und warf mich gegen die Steinmauer, daß meine Schulter und mein rechter Arm zertrümmert wurden. In diesem Augenblick höchster Schmerzen wußte ich, daß er meinen Kopf gegen das Gestein schlagen und mir sämtliche Glieder zerquetschen würde, um mich dann mit dem Öl aus der Lampe zu übergießen und zu verbrennen, und dann würde ich für immer aus seiner privaten Ewigkeit verschwunden sein, als hätte ich diese Geheimnisse nie gekannt und nie gewagt, an sie zu rühren.
    Ich kämpfte, wie ich wohl noch nie zuvor gekämpft hatte. Aber mein zerschmetterter Arm war ein einziger wahnsinniger Schmerz, und seine Stärke war der meinen um vieles überlegen. Und anstatt daher seine Hände zu packen, die mir die Kehle zuschnürten, anstatt instinktiv zu versuchen, meine Kehle wieder freizubekommen, stieß ich ihm meine Daumen in die Augen. Obgleich ein stechender Schmerz durch meinen Arm fuhr, stieß ich ihm mit aller Kraft die Augen in den Kopf.
    Er ließ mich los und heulte auf. Und während ihm das Blut über das Gesicht rann, lief ich weg von ihm und zur Gartentür. Ich bekam noch immer nicht richtig Luft, so sehr schmerzte mir die Kehle, und als ich meinen herunterbaumelnden Arm festhielt, sah ich aus den Augenwinkeln heraus etwas, das mich verwirrte: Wie aus einem Zerstäuber prasselte Erde durch den ganzen Garten, und die Luft war wie von Rauch erfüllt. Ich stieß gegen den Türrahmen, verlor das Gleichgewicht, als würde ich von einem Windstoß erfaßt, und als ich mich umsah, sah ich ihn kommen, und seine Augen glitzerten tief in seinem Kopf. Er schleuderte mir auf ägyptisch Flüche entgegen. Ich solle mit den Dämonen in der Unterwelt verschwinden, schrie er, von niemandem betrauert.
    Und dann erstarrte sein Gesicht zu einer Fratze aus Angst. Stocksteif stand er da und sah in seinem Entsetzen fast komisch aus.
    Erst dann sah ich, was er sah - die Gestalt von Akascha, die sich rechts von mir auf ihn zubewegte. Die Leinenhülle um ihren Kopf war heruntergerissen, und auch ihre Arme waren frei, und überall an ihr klebte sandige Erde. Ihre Augen waren genauso starr und ausdruckslos wie immer. Langsam beugte sie sich über ihn, ganz dicht, denn er konnte sich nicht bewegen, um sich in Sicherheit zu bringen.
    Er knickte in den Knien ein und sackte zu Boden, plapperte etwas auf ägyptisch, zuerst mit dem Ausdruck des Erstaunens, dann völlig zusammenhanglos in seinem Entsetzen. Aber sie kam immer näher, schleifte den Sand hinter sich her, und die Leinentücher fielen von ihr ab und wurden mit jedem ihrer langsamen, schleppenden Schritte immer weiter heruntergerissen. Er drehte sich um und fiel auf die Hände, und dann kroch er auf allen vieren, als würde sie ihn mit irgendeiner unsichtbaren Kraft daran hindern aufzustehen. Ganz bestimmt war es das, was sie tat, denn am Ende lag er flach auf dem Bauch, nur die Ellbogen nach oben gereckt und unfähig, sich zu bewegen.
    Langsam und ruhig trat sie auf seine rechte Kniekehle und zermalmte sie unter ihrer Fußsohle, bis das Blut unter

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