Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Titel: Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
Vom Netzwerk:
ihrer Ferse hervorquoll. Und mit dem nächsten Schritt zertrümmerte sie sein Becken, genauso gründlich, während er wie ein wildes Tier brüllte und sein Blut aus den zerfleischten Körperteilen schoß. Dann der nächste Schritt auf seine Schultern, und der nächste auf seinen Kopf, der unter dem Gewicht auseinanderbrach wie eine Eichel. Das Gebrüll hörte auf, und aus den Überbleibseln seines zuckenden Körpers spritzte Blut.
    Und ohne eine Miene zu verziehen, drehte sie sich um, völlig unbeteiligt, als nähme sie gar nicht zur Kenntnis, was mit ihm geschehen war, gleichgültig selbst gegenüber dem einsamen und entsetzten Zeugen, der bis an die Mauer zurückgewichen war. In dem gleichen mühelosen Gang wie zuvor trat sie noch einmal auf sämtliche Körperreste, hin und her, und zerquetschte, was noch übrig war von ihm.
    Was dann noch blieb, war nicht einmal mehr der Umriß eines menschlichen Körpers, sondern nur noch das blasse blutige Fleisch in einer breiigen Masse, die jedoch zuckte, brodelte, anschwoll und in sich zusammenfiel, als steckte noch immer Leben in ihr.
    Ich war versteinert, ich wußte, daß es in ihr noch Leben gab, daß es das war, was Unsterblichkeit bedeuten konnte.
    Aber sie war stehengeblieben und drehte sich nach links, so langsam, daß es aussah, als würde sich eine Statue an einer Kette drehen, und dann hob sie die Hand, und die Lampe neben dem Bett stieg in die Luft und fiel hinunter auf den blutigen Brei aus Fleisch und Knochen, und im selben Augenblick, in dem sie das Öl darübergoß, schlugen auch schon die Flammen hoch.
    Wie heißes Fett schoß er in die Höhe, und die Flammen tanzten von einem Ende der dunklen Masse zur anderen, und das Blut schien das Feuer zu speisen, und der Rauch war beißend scharf, doch nur von dem scharfen Geruch des Öls.
    Ich kniete mich auf den Boden und lehnte den Kopf gegen den Türrahmen. Der Schock, den ich erlitt, war so groß, daß ich fast das Bewußtsein verlor. Ich sah zu, wie der Älteste zu einem Nichts verbrannte. Ich sah zu, wie sie dort stand, hinter den Flammen, während ihr Bronzegesicht nicht das geringste Zeichen von Verstand oder Triumph oder eigenem Willen ausdrückte. Und ich hielt den Atem an und wartete darauf, daß sich ihr Blick nun mir zuwandte. Aber das tat er nicht. Und während die Zeit verging, während das Feuer erstarb, wurde mir bewußt, daß sie aufgehört hatte, sich zu bewegen. Sie war wieder in den Zustand absoluten Schweigens und absoluter Stille zurückgekehrt, den alle von ihr gewohnt waren.
    Es war jetzt völlig dunkel im Raum. Das Feuer war verloschen. Der Geruch von verbranntem Öl verursachte mir Übelkeit. In ihren zerrissenen Leinentüchern sah sie aus wie ein ägyptischer Geist, wie sie dort vor der glühenden Asche stand, und die vergoldeten Möbel glänzten im Schein des Himmels und glichen, trotz all ihrer römischen Kunstfertigkeit, auf gewisse Weise den schönen kunstvollen Ausstattungen einer königlichen Grabkammer.
    Ich erhob mich, und die Schmerzen in meiner Schulter und dem zerquetschten Arm begannen wieder heftiger zu werden. Ich fühlte, wie das Blut hineinströmte, um die Wunden zu heilen, aber der angerichtete Schaden war groß. Ich wußte nicht, wie lange es dauern würde.
    Natürlich war mir klar, daß meine Heilung viel schneller vor sich gehen würde, vielleicht sogar augenblicklich, wenn ich von ihrem Blut trinken würde, und daß wir dann Alexandrien noch in derselben Nacht verlassen und unsere Reise antreten könnten. Und ich sie dann weit, weit wegbringen könnte von Ägypten.
    Da merkte ich, daß sie es war, die mir das sagte. Von weit, weit her sog ich diese Worte ein wie die Luft zum Atmen.
    Und ich antwortete ihr: Ich war schon überall auf der Welt, und ich werde euch an einen sicheren Ort bringen. Aber vielleicht stammte dieser Dialog auch nur von mir. Und vielleicht kam dieses sanfte, verströmende Gefühl von Liebe auch von mir. Und ich wurde fast wahnsinnig, denn ich wußte, daß dieser Alptraum nie, niemals enden würde, außer in Feuern so wie diesem, daß kein natürliches hohes Alter oder der Tod je meine Furcht und meine Schmerzen beschwichtigen würde, wie ich einmal geglaubt hatte.
    Aber das war jetzt nicht mehr wichtig. Wichtig war nur, daß ich mit ihr allein war und daß sie in dieser Dunkelheit genauso aussah wie jede menschliche Frau, wie sie dort stand, eine junge göttliche Frau voller Lebenskraft und mit liebenswerten Worten und Träumen und Ideen.
    Ich ging

Weitere Kostenlose Bücher