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Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Titel: Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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sagte das Ding. ›Sie werden Zusammensein, und sie werden ihre Ruhe haben. Schieb ihn wieder rein. Los. Fest schieben! O je! Sieh mal da! Sich doch mal, was mit ihr passiert ist. Sieh doch nur.‹
    ›Also gut!‹ flüsterte ich, und obgleich ich mich schämte, versuchte ich es. Ich stemmte meine Hände gegen Enkils Körper und drückte, was ich nur konnte, aber umsonst. Hier konnte ich mit meiner Kraft nichts ausrichten, und der Verbannte brachte mich mit seinem sinnlosen Geschubse nur noch mehr durcheinander.
    Doch dann schnappte er plötzlich nach Luft und begann wie ein Huhn zu gackern und riß die Skelettarme hoch und wich nach hinten zurück.
    ›Was hast du?‹ fragte ich und mußte mich zusammenreißen, um nicht laut schreiend wegzulaufen. Aber dann sah ich es selbst.
    Plötzlich war Akascha hinter Enkil aufgetaucht. Sie stand dicht hinter ihm und sah mich über seine Schulter an, und dann sah ich, wie sich ihre Fingerspitzen um seine muskulösen Arme schlössen. Ihre schönen gläsernen Augen waren jetzt genauso leer wie vorher. Aber sie brachte ihn dazu, sich in Bewegung zu setzen, und jetzt konnte ich das Schauspiel verfolgen, wie sich diese beiden Wesen aus eigenem Willen fortbewegten. Er hob kaum die Füße vom Boden, als ersieh langsam nach rückwärts entfernte, während sie wie von einem Schild von ihm verdeckt wurde, so daß nur ihre Hände und ihr Kopf und ihre Augen zu sehen waren.
    Ich kniff die Augen zusammen und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen.
    Sie saßen jetzt wieder zusammen auf der Steinbank, in der gleichen Stellung, in der du sie vorhin auf dieser Insel, unten im Keller, gesehen hast. Der verbrannte Kerl aber stand kurz vor dem Zusammenbruch. Er war auf die Knie gesunken, und er mußte mir nicht erst erklären, warum. In den verschiedensten Stellungen hatte er sie schon oft vorgefunden, aber in Bewegung hatte er die beiden noch nie gesehen. Und sie hatte er noch nie so erlebt wie gerade eben.
    Ich platzte fast, als mir klar wurde, warum sie vorhin so gewesen war: Sie war zu mir gekommen. Doch dann schlugen plötzlich mein Stolz und meine freudige Erregung in etwas um, was angebrachter war: in überwältigende Ehrfurcht zunächst und schließlich in Gram und Schmerz.
    Ich begann zu weinen. Ich begann unkontrolliert zu weinen, wie ich nicht mehr geweint hatte, seit ich mit dem alten Gott in dem Hain gewesen und mein Tod eingetreten und der Fluch, dieser große leuchtende mächtige Fluch, auf mich gefallen war. Ich weinte, wie man weint, wenn man sie das erstemal sieht. Ich weinte wegen ihrer Stille und ihrer Einsamkeit und wegen dieser schrecklichen kleinen unterirdischen Kammer, in der sie im Dunkeln saßen und ins Leere starrten, während über ihnen Ägypten im Sterben lag.
    Die Göttin, Die Mutter, das Wesen, was auch immer, die geistlose und stumme oder hilflose Ahnherrin sah mich an. Das war bestimmt keine Täuschung. Ihre großen, glänzenden Augen mit den schwarzen Lidfransen waren auf mich gerichtet. Und dann hörte ich wieder ihre Stimme, aber sie besaß nicht mehr die Macht von früher, es war nur der Gedanke, jenseits aller Sprache, in meinem Kopf.
    Bring uns fort von Ägypten, Marius . Der Älteste will uns vernichten. Beschütze uns, Marius. Sonst sind wir verloren.
    ›Wollen sie Blut?‹ schrie der Verbrannte. › Haben sie sich bewegt, weil sie Opfergaben wollen?‹
    ›Geh und hol ihnen ein Opfer‹, sagte ich, ›Ich kann nicht; ich habe keine Kraft mehr. Und sie geben mir bestimmt nichts von ihrem heilenden Blut. Wenn ich wenigstens ein paar Tropfen bekommen könnte. Das wäre gut für mein verbranntes Fleisch, und es könnte sich wieder erholen, und dann könnte sich auch mein Blut wieder auffüllen, und ich könnte ihnen prächtige Opfer bringen…‹
    Aber in seiner kleinen Rede schwang ein falscher Ton mit, denn sie wünschten sich gar keine prächtigen Opfer mehr.
    › Versuch doch noch mal, von ihrem Blut zu trinken‹, sagte ich, was natürlich schrecklich egoistisch von mir war. Ich wollte nur sehen, was dann passierte.
    Aber zu meiner Erniedrigung näherte er sich ihnen, beugte sich vor und weinte und bettelte, auf daß sie ihm ihr mächtiges Blut gäben, ihr altes Blut, damit seine Verbrennungen schneller heilten, sagte, daß er unschuldig sei, daß er sie nicht in den Sand gelegt habe - das sei der Älteste gewesen - und daß sie ihn doch bitte, bitte, von dem Urquell trinken lassen sollten.
    Und dann erfaßte ihn rasende Gier. Und von Krämpfen

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