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Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Titel: Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Legenden, unsere Herkunft… und was ist mit meinen Kindern? Kann ich ihnen nicht erzählen -«
    »Nein. Wie ich schon sagte, zuerst erzählst du ihnen ein bißchen, und am Ende erzählst du ihnen alles. Und außerdem - wenn diese Sprößlinge Kinder des christlichen Gottes sind, wenn sie vergiftet sind, so wie Nicolas von dem christlichen Gedanken der Ursünde und der Schuld vergiftet war, dann werden sie von diesen alten Geschichten nur verwirrt und enttauscht sein. Sie werden sie so schrecklich finden, daß sie sie nicht akzeptieren können. Zufällige Ereignisse, heidnische Götter, an die sie nicht glauben, Sitten und Gebräuche, die sie nicht verstehen können. Man muß aufgeschlossen sein für dieses Wissen, so gering es auch sein mag. Höre lieber auf ihre Fragen und erzähle ihnen, was du erzählen mußt, um sie zufriedenzustellen. Und wenn du merkst, daß du sie nicht anlügen kannst, dann erzähl ihnen lieber gar nichts. Sei bemüht, sie so stark zu machen, wie es gottlosen Männern ansteht in dieser Zeit. Aber vergiß nicht meine Worte: niemals die alten Legenden. Sie zu erzählen, bleibt mir, und nur mir, vorbehalten.«
    »Was wirst du mit mir tun, wenn ich sie nun doch erzähle?« fragte ich. Er war erstaunt. Im ersten Augenblick, fast eine Sekunde lang, war er fassungslos, dann lachte er. »Lestat, du bist das schrecklichste Wesen, das ich kenne«, murmelte er. »Wenn du es weitererzählst, könnte ich alles mit dir tun. Das weißt du doch genau. Ich könnte dich mit dem Fuß zermalmen, so wie Akascha den Ältesten zermalmt hat. Ich könnte dich mit der Kraft meiner Gedanken in Flammen aufgehen lassen. Aber lassen wir diese Drohungen. Ich will, daß du zu mir zurückkommst. Aber ich will nicht, daß all diese Geheimnisse bekannt werden. Ich will nicht, daß sich noch einmal eine Horde Unsterblicher auf mich stürzt, wie in Venedig. Ich will nicht, daß unsere Artgenossen mich kennen. Du darfst nie - absichtlich oder unabsichtlich - irgend jemanden auf die Suche nach JENEN, DIE BEWAHRT WERDEN MÜSSEN oder nach Marius schicken. Du wirst anderen gegenüber niemals meinen Namen erwähnen.«
    »Ich verstehe«, sagte ich.
    »Tust du das wirklich?« fragte er. »Oder muß ich dir am Ende doch noch drohen? Muß ich dich warnen, dir sagen, daß meine Rache schrecklich sein kann? Daß meine Strafe nicht nur dich, sondern auch all jene miteinschließen würde, denen du diese Geheimnisse verraten hast? Lestat, ich habe andere von uns vernichtet, die nach mir gesucht haben. Ich habe sie einfach nur deshalb vernichtet, weil sie die alten Legenden kannten, und weil sie den Namen von Marius kannten, und weil sie ihre Suche niemals aufgegeben hätten.«
    »Das ertrage ich nicht«, flüsterte ich. »Ich werde es niemandem erzählen, niemals, das schwöre ich. Aber ich habe Angst, daß andere meine Gedanken lesen. Ich habe Angst, daß sie die Bilder aus meinem Kopf nehmen können. Armand könnte das. Was wäre, wenn -«
    »Du kannst die Bilder versiegeln. Du weißt wie. Du kannst andere Bilder darüberlegen, um sie zu verwirren. Du kannst deine Gedanken verschließen. Das ist etwas, das du schon jetzt kannst. Aber hören wir auf mit diesen Drohungen und Ermahnungen. Ich liebe dich.«
    Einen Augenblick lang reagierte ich nicht darauf. Meine Gedanken eilten mir voraus, zu allen verbotenen Möglichkeiten. Schließlich faßte ich es in Worte:
    »Marius, hast du manchmal nicht den Wunsch, allen alles zu erzählen? Ich meine, es in der ganzen Welt zu verbreiten und uns alle zusammenzubringen?«
    »Guter Gott, nein, Lestat. Warum sollte ich das tun?« Er schien ehrlich erstaunt.
    »Damit wir unsere Legenden haben können, über die Rätsel unserer Geschichte wenigstens nachdenken können, so wie die Menschen es tun. Damit wir unsere Geschichten austauschen und unsere Macht teilen können -«
    »Und sie vereinen können, um uns gegen die Menschen zu verbünden, wie es die Kinder der Finsternis getan haben?«
    »Nein… nicht so.«
    »Lestat, in der Ewigkeit sind Bündnisse sehr rar. Die meisten Vampire sind argwöhnische, einsiedlerische Wesen, und sie können die anderen nicht leiden. Sie haben nie mehr als von Zeit zu Zeit einen oder zwei sorgfältig ausgewählte Begleiter, und sie bewachen ihre Jagdgründe und hegen ihre Abgeschiedenheit, so wie ich. Sie würden sich nicht zusammentun wollen, und wenn sie das Böse und das Mißtrauen überwinden würden, das sie trennt, dann würde ihr Zusammentreffen in schrecklichen

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