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Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Titel: Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Lust, etwas Frisches und Süßes zu essen, einen reifen Apfel etwa.
    Ich öffnete die Augen und wußte, daß es früh am Abend war. Das Licht hätte auch die Morgendämmerung sein können, aber dazu war zuviel Zeit verstrichen. Es war Abend. Und durch ein großes, schwer vergittertes Fenster sah ich schneebedeckte Hügel und Wälder und in der Feme die Dächer und Türme der Stadt. So hatte ich sie seit dem Tag meiner Ankunft in der Postkutsche nicht mehr gesehen. Ich schloß die Augen.
    Der Raum war trotz des Fensters warm. Ich konnte riechen, daß geheizt worden war, aber das Feuer war erloschen. Ich versuchte, meine Gedanken zu ordnen, aber ich mußte ständig an kalten Weißwein und einen Korb voller Äpfel denken. Ich konnte die Äpfel sehen. Es kam mir vor, als würde ich vom Ast eines Apfelbaums fallen, und ich roch das frischgeschnittene Gras.
    Das Sonnenlicht überflutete die grünen Felder, spielte auf Nicolas’ braunem Haar und dem glänzenden Lack seiner Geige. Die Musik stieg zu den Wolken empor, und gegen den Himmel sah ich die Zinnen des väterlichen Schlosses.
    Zinnen. Ich öffnete die Augen wieder. Und ich wußte, daß ich in einem Turmzimmer lag, mehrere Kilometer außerhalb von Paris.
    Und unmittelbar vor mir, auf einem kleinen Holztisch, stand eine Flasche kalten Weißweins, genau wie ich sie mir erträumt hatte.
    Ich sah sie ausgiebig an, betrachtete die kalten Tropfen, die über sie rannen, und hielt es für unmöglich, sie zu ergreifen und auszutrinken.
    Noch nie in meinem Leben war ich so durstig gewesen. Mein ganzer Körper war durstig. Aber ich war unendlich schwach. Außerdem wurde mir allmählich ein wenig kalt.
    Wenn ich mich bewegte, bewegte sich das Zimmer. Durchs Fenster schimmerte der Himmel. Und als ich endlich der Flasche habhaft wurde und sie entkorkte und mir das herbe, köstliche Aroma in die Nase stieg, fing ich hemmungslos zu trinken an. Die Folgen waren mir egal, es war mir egal, wo ich war oder warum man mir die Flasche gebracht hatte.
    Mein Kopf kippte vornüber. Die Flasche war fast leer, und in der Feme löste sich die Stadt auf, sprenkelte ein kleines Lichtermeer in den schwarzen Himmel.
    Ich rührte die Hände zum Kopf. Das Bett, auf dem ich geschlafen hatte, war nicht viel mehr als ein mit Stroh bedeckter Stein, und langsam dämmerte mir, daß ich mich möglicherweise in einer Art Gefängnis befand.
    Aber der Wein. Derlei bekam man in einem Gefängnis gewöhnlich nicht kredenzt - es sei denn, der Gefangene war zum Tode verurteilt worden.
    Und schon sog ich einen neuen Duft ein, so überwältigend köstlich, daß ich aufstöhnte. Ich sah mich um, oder besser gesagt, ich versuchte, mich umzusehen, da ich fast zu schwach war, mich zu rühren. Aber die Quelle dieses Duftes war nicht weit entfernt, und es war eine große Schüssel Rinderbrühe.
    Eine dicke Brühe mit reichlich Fleischbrocken, und ich konnte sie dampfen sehen. Sie war noch heiß.
    Mit beiden Händen ergriff ich die Schüssel und leerte sie so unbeherrscht und gierig wie die Weinflasche. Das tat so wohl, als hätte ich noch nie eine warme Mahlzeit zu mir genommen, und als die Schüssel leer war, ließ ich mich mit prallem Magen auf das Stroh sinken.
    In diesem Augenblick war mir, als würde sich neben mir in der Dunkelheit etwas bewegen. Aber ich war mir nicht sicher. Dann hörte ich Glas klirren.
    »Mehr Wein«, sagte eine Stimme. Ich kannte sie. Nach und nach fiel mir alles wieder ein. Die Gleitfahrt die Mauern empor, der kleine, quadratische Turm, das lächelnde, weiße Gesicht.
    Einen Moment lang dachte ich, nein, unmöglich, es war alles nur ein böser Traum. Aber es war wirklich geschehen, und ich erinnerte mich an die Verzückung, den Klang des Gongs, und mir fing alles an, sich zu drehen, als würden mir erneut die Sinne schwinden.
    Ich nahm mich zusammen. Ich würde es nicht noch einmal dazu kommen lassen. Und dann befiel mich die Angst, und ich wagte nicht, mich zu rühren.
    »Mehr Wein«, sagte die Stimme wieder.
    Ich wandte meinen Kopf ein wenig zur Seite und sah eine neue Flasche zu meiner Verfügung.
    Ich war auch schon wieder durstig, und das Salz der Brühe tat eine zusätzliche Wirkung. Also wischte ich mir den Mund, dann griff ich nach der Flasche und trank erneut. Schließlich sank ich gegen die Steinmauer und versuchte angstvoll, in der Dunkelheit etwas auszumachen.
    Natürlich war ich inzwischen voll wie eine Haubitze. Ich sah das Fenster, die Stadt. Ich sah den kleinen Tisch. Und

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