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Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Titel: Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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und hier war einst der Tisch gestanden, der große, lange Tisch aus den Tagen der Kreuzzüge, und dort war die Feuerstelle gewesen und dort die Eingangstür.
    Meine Königin entfernte sich ein paar Schritte von mir, drehte sich langsam im Kreis, den Kopf zurückgeworfen, als würde sie tanzen.
    Sich zu bewegen, feste Dinge anzufassen, aus dem Reich der Träume in die wirkliche Welt zu gleiten, von all diesen Freuden hatte sie mir früher erzählt. Es verschlug mir den Atem, wenn ich sie ansah. Ihre Gewänder waren zeitlos, ein schwarzer Seidenumhang, ein Faltenkleid, das sanft um ihren schlanken Körper wirbelte. Seit Menschengedenken haben Frauen solche Gewänder getragen, und sie tragen sie heute noch in allen Ballsälen der Welt. Ich wollte sie wieder in die Arme nehmen, aber sie ließ es nicht zu. Was hatte sie gesagt? Kannst du dir das vorstellen? Als ich merkte, daß er mich nicht länger dort würde halten können? Daß ich vor dem Thron stand und er sich nicht rührte! Daß nicht die leiseste Reaktion von ihm kam?
    Sie drehte sich um; sie lächelte, und das fahle Licht des Himmels umschmeichelte ihr hübsches Gesicht, ihre hohen Backenknochen, die sanfte Wölbung ihres Kinns. Lebendig sah sie aus, vollkommen lebendig. Dann verschwand sie!
    »Akascha!«
    »Komm zu mir«, sagte sie. Aber wo war sie? Plötzlich sah ich sie, weit, weit weg von mir entfernt, ganz am Ende der Halle, eine winzige Gestalt am Eingang zum Turm. Ich konnte jetzt kaum noch ihre Gesichtszüge ausmachen, aber hinter ihr sah ich das schwarze Rechteck der geöffneten Tür. Ich ging langsam auf sie zu.
    »Nein«, sagte sie. »Es ist Zeit, daß du dich der Kraft bedienst, die ich dir geschenkt habe. Komm einfach!«
    Ich rührte mich nicht. Ich wußte, was sie meinte. Aber ich hatte Angst. Ich war immer der Sprinter gewesen, der Springer, der Trickreiche. Übernatürliche Geschwindigkeit, die den Sterblichen Rätsel aufgab, das war mir nichts Neues. Aber sie bestand auf einer ganz anderen Fertigkeit. Ich sollte die Stelle, auf der ich stand, verlassen und mich mit einer Geschwindigkeit plötzlich neben ihr einfinden, die ich selbst nicht mehr begreifen konnte. »Komm«, sagte sie freundlich. »Komm.«
    Angespannt sah ich sie einen Moment lang nur an, ihre weiße Hand, die am Rand der zerbrochenen Tür leuchtete. Dann fällte ich die Entscheidung, neben ihr zu stehen. Es war, als hätte mich ein Wirbelsturm berührt, laut und mit blinder Gewalt. Dann war ich da! Ich bebte am ganzen Körper. Ein leichter Schmerz überzog mein Gesicht, aber was machte das schon aus! Ich blickte ihr in die Augen und lächelte.
    Schön war sie, so schön. Die Göttin mit ihrem langen schwarzen, geflochtenen Haar. Ich nahm sie in die Arme und küßte sie, küßte ihre kalten Lippen und fühlte, wie sie ein wenig nachgab.
    Dann wurde ich mir dieser ganzen Blasphemie bewußt.
    Es war wie damals, als ich sie in dem Schrein geküßt hatte. Ich wollte eine Entschuldigung stammeln, aber ich starrte wieder auf ihren Hals, nach dem Blut dürstend. Es quälte mich, daß ich davon trinken konnte und daß sie doch die war, die sie war: sie hätte mich in Sekundenfrist vernichten können. So hatte sie es mit den anderen gehalten. Aber irgendwie erregte mich die Gefahr. Ich umklammerte ihre Arme, spürte ihr Fleisch. Ich küßte sie wieder und wieder. Ich konnte das Blut schmecken.
    Sie ging einen Schritt zurück und legte den Finger auf meine Lippen. Dann nahm sie mich bei der Hand und führte mich durch die Turmtür. Das Licht der Sterne fiel durch das geborstene Dach, durch ein klaffendes Loch im Boden des obersten Raumes.
    »Siehst du?« sagte sie. »Der Raum da oben ist immer noch da. Die Treppe ist fort. Der Raum ist unerreichbar. Außer für dich und mich, mein Prinz.«
    Langsam schwebte sie hoch. Mich nicht aus den Augen lassend, bewegte sie sich nach oben. Voll Erstaunen sah ich zu, wie sie immer höher und höher glitt, wobei sich ihr Umhang wie in einer leichten Brise kräuselte. Endlich kam sie am äußersten Rand der Öffnung zustehen.
    Hundert oder noch mehr Meter! Unmöglich, daß ich ebenfalls …
    »Komm zu mir, mein Prinz«, sagte sie. »Mach’s wie vorhin. Mach’s schnell und halte dich an den Rat der Sterblichen und schau nicht runter.« Sie lachte leise.
    Unmöglich. Wie waren wir überhaupt hierhergekommen? Mir drehte sich alles. Ich sah sie, aber wie in einem Traum, und die Stimmen drängten sich wieder ein. Ich wollte diesen Moment nicht entgleiten

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