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Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Titel: Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Betörend rosa und schwach. Und wie sehr brauchten sie das Blut ihrer Opfer! Jetzt im Moment peinigte sie quälender Durst. Das war ihr allnächtliches Schicksal. Das Blut hatte nämlich nicht nur die Aufgabe, das menschliche Gewebe zu beleben, sondern auch, es langsam in etwas anderes zu wandeln. Was ihn betraf, so war er von ganz anderer Beschaffenheit. Er hatte kein weiches menschliches Gewebe mehr. Obwohl er nach Blut gierte, war es ihm keine Notwendigkeit mehr. Das Blut erfrischte ihn lediglich, schärfte seine telepathischen Eigenschaften, seine Fähigkeit, zu fliegen oder aus seinem Körper zu fahren, oder gab ihm seine erstaunliche Kraft. Er begriff ganz genau! Für die namenlose Macht, die all dem innewohnte, war er jetzt ein nahezu vollkommenes Gefäß.
    Ja, genau, das war s. Und sie waren jünger, sonst nichts. Sie waren noch am Anfang der Reise zu wahrer, vampirischer Unsterblichkeit. Konnte er sich nicht erinnern? -Nun, nicht eigentlich, aber er wußte, daß sie Grünschnäbel waren, allenfalls ein-, zweihundert Jahre alt! Das war die gefährliche Zeit, wenn man fürchten mußte, den Verstand zu verlieren oder von anderen gefangen und eingesperrt oder verbrannt zu werden. Viele überlebten diese Jahre nicht. Und wie lange war das alles bei ihm schon her! Eine unvorstellbar lange Zeit! Er blieb neben einer bemalten Gartenmauer stehen, legte die Hand auf einen knorrigen Ast und ließ die kühlen grünen Blätter sein Gesicht streicheln.
    Und plötzlich fühlte er sich von Trauer erfüllt, einer Trauer, die schrecklicher als Angst war. Er hörte jemanden weinen, nicht hier, sondern in seinem Kopf. Wer war das? Halt!
    Nun, er würde ihnen nichts antun, diesen zarten Kindern! Nein, er wollte sie nur kennenlernen, sie umarmen. Schließlich gehörten sie alle derselben Familie an, Bluttrinker, sie und er!
    Aber als er sich ihnen näherte, als er seinen stummen, doch überschwenglichen Gruß aussandte, drehten sie sich um und sahen ihn schreckensbleich an. Sie ergriffen die Flucht; sie jagten die dunklen Hügelwege hinab, fort von den Lichtern der Plaka, und durch nichts vermochte er, ihren Schritten Einhalt zu gebieten. Starrund stumm stand er da, und ein stechender Schmerz durchfuhr ihn, den er noch nie zuvor verspürt hatte. Dann geschah etwas Seltsames und Schreckliches. Er setzte ihnen nach, bis er sie wiedersah. Er wurde wütend, wirklich wütend. Ho! euch der Teufel. Strafen soll er euch für das, was ihr mir zugefügt habtl Und in diesem Augenblick verspürte er einen kalten Krampt direkt hinter seiner Stirn. Irgendeine Macht schien aus ihm wie eine Zunge hervorzuschnellen. Sie durchdrang die Frau des fliehenden Trios, und ihr Körper ging in Flammen auf. Wie betäubt sah er zu. Aber dennoch verstand er, was da geschehen war. Er hatte sie mit irgendeiner stechenden Kraft durchdrungen. Die hatte das machtvolle, brennbare Blut, das ihnen gemeinsam war, entzündet, und sofort war das Feuer durch das Geflecht ihrer Adern geschossen, hatte sich zum Mark ihrer Knochen vorgefressen und ihren Körper zur Explosion gebracht. Innerhalb weniger Sekunden war sie ausgelöscht.
    Gütiger Himmel! Er hatte das angerichtet! Voll Schmerz und Schrecken stand er da und starrte auf ihre leeren, unverbrannten, doch versengten Kleider. Nur noch ein kleiner Rest ihres Haars lag auf den Steinen verstreut, und der löste sich unter seinen Augen in Rauchfetzen auf.
    Vielleicht täuschte er sich. Aber nein, er wußte, daß er das getan hatte. Er hatte gefühlt, wie er es tat. Und sie hatte solche Angst gehabt!
    In schweigendem Entsetzen begab er sich auf den Heimweg. Er wußte, daß er diese Kraft nie zuvor eingesetzt hatte, ja daß er bislang überhaupt nicht geahnt hatte, daß er über sie verfügte. War sie ihm gerade eben zugewachsen, nach jahrhundertelangem Wirken des Blutes, das seine Zellen ausgetrocknet, sie dünn und weiß und stark wie die Waben eines Wespennestes gemacht hatte? Allein im Kerzenschein seiner Wohnung fügte er sich mit dem Messer eine Wunde zu, und er sah, wie das Blut hervorquoll. Es war zäh und heiß, breitete sich auf dem Tisch vor ihm aus und funkelte im Lampenlicht, als sei es lebendig. Und das war es auch!
    Im Spiegel betrachtete er die leichte Färbung seiner Haut, die sich nach so vielen Wochen hingebungsvoller Pirsch wieder eingestellt hatte. Ein Anflug von Gelb auf seinen Wangen, eine Spur von Rosa auf seinen Lippen. Aber nein, er war nur die gehäutete

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