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Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Titel: Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Mauern spazieren, Autos hochstemmen und sie ins nächstbeste Feld schleudern. Doch gleichzeitig war er von seltsamer Zerbrechlichkeit. Er trieb ein langes, dünnes Messer geradewegs durch seine Hand. Seltsames Gefühl! Blut überall. Dann schlössen sich die Wunden, und er mußte sie wieder öffnen, um das Messer herauszuziehen.
    Er wog auch so gut wie nichts, was den Vorteil hatte, daß er überall hochklettern konnte. Die Schwerkraft konnte ihm so gut wie nichts anhaben. Und nachdem er eines Nachts ein Gebäude mitten in der Stadt erklommen hatte, senkte er sich fliegend vom First auf die Straße da unten.
    Er verfügte auch über andere Kräfte. Jeden Abend, wenn er erwachte, drangen Stimmen aus der ganzen Welt in ihn ein. Er lag in der Dunkelheit und badete in Geräuschen. Er hörte Gelächter, Schmerzensschreie. Und wenn er sich ganz ruhig hielt, konnte er auch die Gedanken der Menschen hören - eine chaotische Unterströmung voll höchster Übertreibungen, die ihm Angst einjagten. Er wußte nicht, woher diese Stimmen kamen. Oder warum die eine Stimme die andere ertränkte.
    Er kam sich wie Gott vor, der den Gebeten lauscht.
    Und hin und wieder, gut von den menschlichen Stimmen zu unterscheiden, drangen auch die Stimmen der Unsterblichen auf ihn ein. Gab es da draußen noch andere, die dachten und fühlten wie er, die Warnungen verbreiteten? Ihr silberhelles Geschrei vernahm er nur aus weiter Ferne, doch konnte er derlei leicht von dem menschlichen Schlick unterscheiden.
    Aber diese Fähigkeit, Stimmen zu empfangen, verletzte ihn. Das weckte schreckliche Erinnerungen an eine Zeit, da er in finsterer Stätte gefangen lag und diese Stimmen jahrelang seine einzige Gesellschaft waren. Er wollte sich daran nicht erinnern. Es gibt Dinge, die man besser vergißt.
    Ja, schlimm war ihm mitgespielt worden.
    Er war auf dieser Erde gewesen, unter anderen Namen und zu anderen Zeiten.
    Aber er hatte immer diese freundliche und optimistische Wesensart besessen. War seine Seele gewandert? Nein, er hatte schon immer diesen Körper gehabt. Darum war er so leichtgewichtig und so stark.
    Ganz zwangsläufig verbannte er die Stimmen. Ja, er erinnerte sich sogar einer alten Warnung: Wenn es dir nicht gelingt, die Stimmen zu verbannen, werden sie dich zum Wahnsinn treiben. Aber in dieser Beziehung hatte er nicht die geringsten Schwierigkeiten. Er brachte sie einfach zum Verstummen, indem er sich erhob und seine Augen öffnete. Es hätte ihn sogar gewisse Mühe gekostet, ihnen zuzuhören.
    Sie wurden allenfalls ein lästiges Geräusch im Hintergrund.
    Der Glanz des Augenblicks harrte seiner. Und es fiel leicht, sich der Gedanken der nächsten Sterblichen zu erwehren. Gesegnete Ruhe. In Rom etwa gab es überall Ablenkungen. Wie vernarrt war er doch in die alten römischen Häuser, die ocker-, sienafarben und dunkelgrün angestrichen waren. Wie sehr liebte er doch die engen Gassen. Er konnte mit seinem Wagen durch die breiten Boulevards flitzen oder die Via Veneto durchstreifen, bis er eine Frau fand, in die er sich für eine kurze Weile verlieben konnte.
    Und er war ganz vernarrt in die klugen Menschen unserer Tage. Sie waren bloß Menschen, aber sie wußten dennoch so viel. Ein indischer Monarch wurde ermordet, und kaum eine Stunde später versank die ganze Welt in tiefe Trauer.
    Was auch immer geschah, Katastrophen, Erfindungen und medizinische Wunder, der Mann von der Straße zeigte sich beeindruckt. Die Leute spielten mit Dichtung und Wahrheit. Nachts schrieben die Kellnerinnen Romane und waren am nächsten Tag weltberühmt. Arbeiter verliebten sich in nackte Filmstars aus ausgeliehenen Videofilmen. Die Reichen trugen Juwelen aus Glas, und die Armen kauften kleine Diamanten. Und die Prinzessinnen schlenderten in sorgsam ausgebleichten Lumpen über die Champs-Elysees.
    Ach, er wäre so gerne ein Mensch gewesen. Was war er denn schon? Wie waren denn die anderen? - die, deren Stimmen er verbannte. Und wer waren sie?
    Bestimmt war es nicht die Erste Brut, da war er ganz sicher. Die Erste Brut konnte nicht rein geistig untereinander Verbindung halten. Aber was, zum Teufel, war die Erste Brut? Er konnte sich nicht erinnern! Er geriet ein wenig in Panik. Denk doch nicht an diese Sachen. Er schrieb ein paar Gedichte in sein Notizbuch - modern und einfach, auch wenn er wußte, daß sie stilistisch seiner urzeitlichen Bildung entsprachen.
    Unaufhörlich durchstreifte er Europa und Kleinasien,

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