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Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Titel: Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Schlangenhülle, die auf einem Felsen lag - tot und leicht und starr, allerdings von Blut durchpulst.
    Er ging wieder aus, um seine neuentdeckte Kraft an Tieren auszuprobieren, an Katzen, die ihn aus unerklärlichen Gründen mit Ekel erfüllten, an Ratten, die alle Menschen verabscheuen. Es war anders. Er tötete diese Lebewesen mit seiner unsichtbaren Zunge, aber sie fingen nicht Feuer. Ihren Gehirnen und Herzen setzte ein tödlicher Stoß zu, aber ihr natürliches Blut war nicht brennbar.
    Das faszinierte ihn, auf kalte, schreckliche Weise. Seine Augen erglänzten plötzlich von unwillkommenen Tränen. Umhänge, weiße Krawatten, Vampirfilme, was hatte das mit ihm zu tun?! Wer, zum Teufel, war er? Der Narr der Götter, der von Augenblick zu Augenblick die Straße der Ewigkeit entlangschlenderte? Als er im Schaufenster eines Videogeschäfts ein großes Vampir-Lestat-Poster sah, der ihn zu verspotten schien, zertrümmerte er mit seiner unsichtbaren Zunge das Glas. Ach, wie schön, wie herrlich. Gebt mir die Wälder, die Sterne. In dieser Nacht begab er sich nach Delphi, lautlos über das dunkle Land aufsteigend. Dann ließ er sich in das feuchte Gras gleiten und ging zu der Stätte, wo einst das Orakel gewesen war.
    Aber er blieb weiterhin in Athen. Er mußte die beiden Bluttrinker aufspüren und ihnen sagen, daß es ihm leid tat, daß er niemals diese Kraft gegen sie richten würde. Er mußte mit ihnen sprechen. Sie mußten bei ihm sein. Ja!
    Als er am nächsten Abend erwachte, versuchte er nach ihnen zu lauschen. Eine Stunde später hörte er, wie sie sich aus ihren Gräbern erhoben. Ein Haus an der Plaka, das eine jener lauten, verräucherten Kneipen beherbergte, diente ihnen als Versteck. Tagsüber schliefen sie im Keller, und wenn es dunkel wurde, kamen sie hervor, um den Sterblichen in der Kneipe beim Singen und Tanzen zuzusehen.
    Lamia, das altgriechische Wort für Vampir, war der Name des Lokals, in dem elektrische Gitarren primitive griechische Musik spielten, und die jungen sterblichen Männer tanzten miteinander, und wenn sie genug Retsina getrunken hatten, wackelten sie so verführerisch wie Frauen mit ihren Hüften.
    Und hier saß das Vampirpaar, vor Angst betäubt, nebeneinander und starrte zu der offenen Tür, als er hineinblickte. Wie hilflos sahen sie doch aus! Sie rührten sich nicht, als sie ihn wie eine Silhouette auf der Schwelle stehen sahen. Was dachten sie beim Anblick seines langen Umhangs? Ein Monster, das aus ihren eigenen Postern gestiegen war, um sie zu zerstören?
    Ich komme in friedlicher Absicht. Ich möchte nur mit euch sprechen. Nichts wird  mich erzürnen. Ich komme in  … Liebe.
    Das Paar war wie versteinert. Dann erhob sich plötzlich einer von ihnen vom Tisch, und schon stießen sie beide einen entsetzlichen Schrei aus. Feuer blendete ihn, wie es die Sterblichen blendete, die in panischer Flucht an ihm vorbeidrängten und die Straße zu erreichen suchten. Die Bluttrinker standen in Flammen, starben, wanden verzweifelt ihre Arme und Beine. Auch das Haus brannte, die Dachsparren rauchten, Glasflaschen explodierten, Funken stoben gen Himmel.
    Er hatte das angerichtet! Brachte er anderen den Tod, ob er es wollte oder nicht? Bluttränen flössen über sein weißes Gesicht auf sein Hemd. Er hob seinen Arm, um mit dem Umhang sein Gesicht zu verbergen. Es war eine Geste der Ehrerbietung angesichts des Schreckens, der sich da vor ihm abspielte - der Bluttrinker, die drinnen starben.
    Nein, er konnte das einfach nicht getan haben. Er ließ es zu, daß die Sterblichen auf ihrem Weg nach draußen ihn zur Seite schubsten. Die Sirenen taten seinen Ohren weh. Er versuchte trotz der grellen Polizeileuchten etwas zu erkennen. Und dann begriff er blitzartig, daß er das nicht angerichtet hatte. Denn er sah das schuldige Wesen! Da, in einen Umhang aus grauer Wolle gehüllt, halb verborgen in einer dunklen Passage, stand es und beobachtete ihn schweigend. Und als sich ihre Blicke trafen, flüsterte sie sanft seinen Namen:
    »Khayman, mein Khayman!«
    In seinem Kopf herrschte völlige Leere. Es war, als habe ein weißes Licht sich in ihn gesenkt und alle Gedanken ausgelöscht. Einen Moment lang war er zu keiner Sinneswahrnehmung fähig. Er hörte das prasselnde Feuer nicht, spürte jene nicht, die noch immer an ihm vorbeidrängten.
    Er starrte dieses Ding bloß an, dieses schöne und zarte Wesen, edel wie eh und je war sie. Ein unerträglicher Schrecken

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