Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr
bei, meine Erregung zu dämpfen.
»Ich würde mit diesem Körper umgehen können«, sagte ich halb im Flüsterton.
»Ich würde wissen, wie man diese Muskeln, diese langen Beine benutzt. O ja, er hat diesen Körper ausgesucht, weil er wußte, daß ich diese Möglichkeit in Betracht ziehen würde, eine reale Möglichkeit…«
»Lestat, Sie dürfen das nicht weiterverfolgen! Er spricht von einem Handel, vom Tauschen! Sie dürfen diesem verdächtigen Individuum nicht Ihren Körper überlassen! Die bloße Idee ist monströs. Sie in diesem Körper hier - das ist wahrhaftig schon genug!«
Ich verfiel in betäubtes Schweigen. »Hören Sie.« Er versuchte, mich wieder zu mir zu bringen. »Verzeihen Sie, wenn ich mich jetzt anhöre wie der Generalobere eines klösterlichen Ordens, aber dies ist etwas, das Sie einfach nicht tun dürfen!
Erstens: Woher hat er diesen Körper? Was ist, wenn er ihn regelrecht gestohlen hat? Gewiß hat ihn doch ein gutaussehender junger Mann nicht einfach fröhlich und ohne den geringsten Skrupel herausgerückt! Dies ist ein unheimliches Wesen, und man muß es als solches erkennen. Sie dürfen ihm keinen so machtvollen Körper wie den Ihren überlassen.«
Ich hörte das alles, ich verstand es, aber ich konnte es nicht aufnehmen. »Denken Sie doch nur, David«, sagte ich. Ich weiß, ich klang wie ein Verrückter und redete kaum noch zusammenhängend. »David, ich könnte ein sterblicher Mensch sein.«
»Würden Sie bitte gütigerweise aufwachen und mir zuhören? Hier geht es nicht um komische Filme und romantische Schauergeschichten von Lovecraft.« Er wischte sich den Mund mit seiner Serviette und stürzte erbost einen großen Schluck Wein hinunter; dann langte er über den Tisch und griff nach meinem Handgelenk. Ich hätte ihn meine Hand aufnehmen und umfassen lassen sollen. Aber ich gab nicht nach, und binnen einer Sekunde hatte er begriffen, daß er meine Hand ebenso wenig vom Tisch würde heben können wie die einer Granitstatue.
»Das ist es doch, genau das!« erklärte er. »Sie dürfen damit nicht spielen. Sie dürfen nicht riskieren, daß es klappt und daß dieser Dämon, wer immer er ist, in den Besitz Ihrer Kräfte kommt.«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich weiß, was Sie meinen, David, aber überlegen Sie doch nur. Ich muß mit ihm sprechen! Ich muß ihn finden und feststellen, ob es geht. Er selbst ist unwichtig. Das Verfahren ist das Wichtige. Kann man es tun?«
»Lestat, ich flehe Sie an. Verfolgen Sie die Sache nicht weiter. Sie werden schon wieder einen grauenhaften Fehler begehen!«
»Was meinen Sie damit?« Es war so schwer, auf das zu achten, was er da sagte.
Wo war dieser verschlagene Dämon in diesem Moment? Ich dachte an seine Augen und wie schön sie wären, wenn er nicht herausschauen würde. Ja, es war ein prächtiger Körper für dieses Experiment! Woher hatte er ihn? Das mußte ich herausfinden.
»David, ich werde Sie jetzt verlassen.«
»Nein, das werden Sie nicht! Bleiben Sie hier, oder, so wahr mir Gott helfe, ich werde Ihnen eine Legion von Kobolden auf den Hals hetzen, jeden einzelnen dreckigen kleinen Geist, mit dem ich in Rio de Janeiro Umgang hatte! Jetzt hören Sie mir zu.«
Ich lachte. »Nicht so laut«, sagte ich, »sonst schmeißt man uns aus dem Ritz hinaus.«
»Also gut, wir treffen eine Abmachung. Ich gehe zurück nach London und setze mich an den Computer, und ich suche jeden einzelnen Fall von Körpertausch aus unseren Archiven heraus. Wer weiß, was wir da entdecken werden. Lestat, vielleicht steckt er in diesem Körper, und der Körper verfällt um ihn herum, und er kann nicht mehr heraus und kann auch den Verfall nicht mehr aufhalten. Haben Sie sich das schon einmal überlegt?«
Ich schüttelte den Kopf. »Er verfällt nicht. Das hätte ich gewittert. Mit diesem Körper ist alles in Ordnung.«
»Außer daß er ihn seinem rechtmäßigen Eigentümer vielleicht gestohlen hat und daß dessen arme Seele jetzt in seinem Körper herumstolpert - und wie der aussieht, können wir nicht einmal ahnen.«
»Beruhigen Sie sich doch, David, bitte. Fahren Sie zurück nach London und durchwühlen Sie Ihr Archiv, wie Sie sagen. Und ich werde diesen kleinen Halunken finden. Ich werde mir anhören, was er zu sagen hat. Keine Sorge! Ich werde nichts unternehmen, ohne mich mit Ihnen zu beraten. Und wenn ich mich wirklich entschließen sollte -«
»Sie werden sich zu gar nichts entschließen! Nicht ohne mit mir zu reden!«
»Also schön.«
»Ist das ein
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