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Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Titel: Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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findest, mit uns zu leben. Die bringe mir, und dann werden wir fortfahren.‹
    ›Herr, das wird mir gelingen, ich weiß es!‹ rief ich ekstatisch.
    Und plötzlich sah ich die Gesichter von Michael und Raphael und Uriel, die bis dahin von Gottes Licht, das sich nun wieder zu erträglicher Leuchtkraft abgeschwächt hatte, fast verdeckt gewesen waren. Michael sah aus, als fürchte er um mich, und Raphael weinte. Uriel schien lediglich zu beobachten, emotionslos, weder für noch gegen mich oder die Seelen oder wen auch immer - das Antlitz der Engel aus der zeitlosen Zeit.
    »Kann ich sofort gehen?‹ fragte ich. ›Und wann soll ich wiederkommen?‹
    »Wann du willst‹, sagte der Herr, ›und sobald du kannst.‹
    Ah, ich begriff sehr gut. Wenn ich diese zehn Seelen nicht fand, würde ich nie zurückkehren. Ich nickte ob dieser Logik. Ich verstand und akzeptierte sie.
    Jahre fliegen auf der Erde dahin während dieser Unterredung, Memnoch. Deine Siedlung und auch die, die von anderen Engeln aufgesucht wurden, sind längst zu Städten herangewachsen; die Welt dreht sich im Licht des Himmels. Was soll ich noch sagen, mein geliebter Engel, außer daß du nun nach Scheol gehen solltest, um mit jenen zehn Seelen zurückzukehren, sobald du nur kannst. ‹
    Ich wollte etwas sagen, fragen, was mit den Wächtern geschehe, jener demütigen, in Fleischeslust geübten Schar der Engel hinter mir, als der Herr schon die Antwort gab.
    ›Sie werden an einem angemessenen Ort im Himmel auf deine Rückkehr warten. Sie werden weder meine Entscheidung noch ihr Schicksal erfahren, ehe du mir nicht diese Seelen bringst, Memnoch -Seelen, die ich meiner Himmlischen Heimstatt würdig befinden‹.
    ›Ich verstehe Dich, Herr, mit Deiner Erlaubnis will ich nun gehen!‹
    Und ohne weitere Fragen bezüglich irgendwelcher Auflagen oder Einschränkungen verließ ich, Memnoch, Erzengel und Ankläger Gottes, auf der Stelle den Himmel und stieg hinab in die weiten, luftigen Nebel Scheols.«

Kapitel 15
    A ber Memnoch«, unterbrach ich ihn. »Er gab dir keinerlei Kriterien! Wie solltest du die geeigneten Seelen denn auswählen? Wie konnte dir das gelingen?«
    Memnoch lächelte. »Ja, Lestat, aber er machte es genau so und nicht anders, und glaub’ mir, ich war mir dessen bewußt. Ich hatte Scheol kaum betreten, da widmete ich auch schon meine ganze Aufmerksamkeit der Frage nach den Eigenschaften, die eine Aufnahme in den Himmel gewährleisten könnten. Ich war geradezu besessen davon. Aber so geht Er eben die Dinge an, nicht wahr?«
    »Ich hätte gefragt.«
    »Nein, nein. Das war nicht meine Absicht. Ich ging einfach und machte mich an die Arbeit! Wie gesagt, das war Seine Methode, und mir war klar, daß meine einzige Chance darin lag, eigene Kriterien auszuarbeiten und dann Argumente dafür zu finden, verstehst du das denn nicht?«
    »Doch, ich glaube schon.«
    »Also. Stell dir folgendes vor: Die Weltbevölkerung ist auf Millionen angewachsen, Städte sind entstanden, wenn auch nicht überall auf der Welt, sondern hauptsächlich in dem Tal, in das ich vom Himmel gefallen war und wo ich meine Zeichen an den Höhlenwänden hinterlassen hatte. Die Menschheit hatte sich nach Norden und Süden hin ausgebreitet, in Siedlungen, Städten und Verteidigungsanlagen der unterschiedlichsten Entwicklungsstufen. Das Land der Städte nennt ihr heute Mesopotamien, oder sagt ihr Sumer oder Ur? Kaum ein Tag vergeht, ohne daß eure Gelehrten etwas Neues darüber entdecken.
    Die lebhaften Phantasien der Menschen von Unsterblichkeit und einer Vereinigung mit den Toten hatten überall Religionen entstehen lassen. Eine erstaunlich stabile Zivilisation hatte sich im Niltal entwickelt, während das Land, das wir das Heilige Land nennen, andauernd im Kriegszustand war.
    Ich erreichte also Scheol, das sich inzwischen enorm ausgedehnt hatte, und ich fand darin noch immer einige derjenigen Seelen, in denen sich der Funke des ewigwährenden Lebens zuallererst entzündet hatte. Außerdem gab es Millionen von Seelen hier, deren Glaube an die Ewigkeit und deren heftiges Verlangen danach sie hergebracht hatten. Tausende waren durch irrsinnige, hochgesteckte Erwartungen in Verwirrung gestürzt worden. Andere hatten solche Macht entwickelt, daß sie eine Art Führungsposition einnahmen. Und wieder andere hatten den Trick gelernt, sich aus dem Magnetfeld der anderen unsichtbaren Seelen zu lösen und sich auf die Erde hinabzubegeben, um dem Fleisch näher zu kommen, das sie gerne wieder

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