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Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Titel: Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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zu sich, und freitags reisen die Menschen meilenweit durch den Dschungel, sogar aus Caracas und Buenos Aires kommen sie herbei, um das Blut von ihren Händen und Füßen fließen zu sehen. So endete Gretchen.
    Schlagartig überfiel mich in diesem Augenblick der Gedanke:
    Vielleicht war Gretchen wirklich mit Christus!
    »Nein, ich glaube das nicht«, sagte ich abweisend. »Gretchen hat den Verstand verloren; sie lebt in einem fortwährenden Zustand von Hysterie, und das ist meine Schuld. So hat also die Welt wieder einmal eine mystische Person, die blutet wie Christus. Davon hat es schon Tausende gegeben.«
    »Ich habe mir kein Urteil erlaubt«, erwiderte er. »Zurück zu dem, was ich sagen wollte. Nämlich, daß du alles versucht hast, außer mich direkt zu dir zu bitten. Du hast jede nur mögliche Macht herausgefordert, jede nur mögliche Erfahrung gesucht. Zweimal hast du dich lebendig begraben, einmal hast du versucht, dich, indem du der Sonne direkt entgegenflogst, zu Asche zu verbrennen. Was blieb denn noch, außer nach mir zu rufen? Es war, als hättest du gesagt:
    ›Memnoch, was soll ich denn noch tun?‹«
    »Hast du das Gott erzählt?« fragte ich kühl in dem Versuch, mich unbeteiligt zu geben. In dem Versuch, nicht so verdammt neugierig und erregt zu sein.
    »Aber sicher«, sagte er.
    Das verschlug mir die Sprache. Mir fiel absolut nichts Gescheites mehr ein. Zwar sausten kleine theologische Gedankenspiele durch meinen Kopf und eklige kleine Fragen wie »Warum wußte Gott das nicht längst?« und ähnliches. Doch offensichtlich waren wir über diesen Punkt schon hinaus. Ich mußte nachdenken, mußte mich auf das konzentrieren, was meine Sinne mir rieten.
    »Du und Descartes«, sagte er. »Du und Kant.«
    »Wirf mich nicht mit denen in einen Topf«, wehrte ich ab. »Ich bin der Vampir Lestat, der Eine und Einzigartige.«
    »Wenn du es sagst.«
    »Wie viele von uns gibt es denn noch auf der Welt, Vampire, meine ich? Ich rede nicht von anderen Nichtsterblichen, nicht von Monstern und bösen Geistern und ähnlichem oder was du zum Beispiel bist, ich rede von Vampiren. Kaum einhundert sind wir noch, und nicht einer ist wirklich wie ich. Lestat.«
    »Ich stimme dir voll und ganz zu. Und ich will dich. Dich will ich als Gehilfen.«
    »Ärgert es dich nicht, daß ich dich nicht respektiere, nicht an dich glaube oder dich fürchte, nicht einmal nach allem, was geschehen ist? Daß wir hier in meinem Haus sind und ich dich verspotte? Ich kann nicht glauben, daß Satan das hinnehmen würde. Ich tu das gewöhnlich nicht. Ich habe mich schon mit dir verglichen, weißt du. Luzifer, Sohn des Lichtes. Sowohl meinen Verleumdern als auch den Neugierigen habe ich erzählt, ich sei der Teufel oder daß ich Satan in die Flucht schlagen würde, wenn ich ihn je träfe.«
    »Memnoch«, verbesserte er, »benutz nicht den Namen Satan. Bitte. Und die anderen auch nicht, als da sind: Luzifer, Beelzebub, Azazel, Sammael, Marduk, Mephistopheles und so weiter. Mein Name ist Memnoch. Du wirst schon noch sehen, daß die anderen nur Kompromisse und Wortspielereien sind. Memnoch ist für immer und ewig, passend und angenehm. Memnoch, der Teufel. Und such gar nicht erst im Lexikon. Du wirst nichts darin finden.«
    Ich gab keine Antwort, ich versuchte gerade, mir so einiges zusammenzureimen. Er konnte also seine Gestalt verändern, aber da schien ein unsichtbarer Kern zu sein. Als ich ihm die Hand ins Gesicht stieß, hatte ich da dieses Unsichtbare getroffen? Ich hatte keine Konturen gefühlt, nur eine Kraft, die mir Widerstand bot. Und wenn ich nun nach ihm griffe, wäre diese Mannesgestalt erfüllt von diesem Kern, so daß sie mich mit der gleichen Kraft wie der des schwarzen Engels abwehren würde?
    »Ja«, sagte er. »Und nun stell dir vor, wie man einen Sterblichen von all diesen Dingen überzeugen sollte. Aber nicht, weil es für dich leichter ist, diese Dinge zu verstehen, wählte ich dich aus, sondern weil du einfach der ideale Mann für diesen Job bist.«
    »Der ideale Gehilfe des Teufels.«
    »Ja, meine rechte Hand sozusagen, mein Stellvertreter, wenn ich erschöpft bin. Mein Prinz.«
    »Wie konntest du dich nur so irren? Du hältst meine selbstauferlegten Gewissensbisse für amüsant? Du glaubst, ich liebe das Böse und denke an das Böse, wenn ich etwas so Schönes wie Doras Gesicht betrachte!«
    »Nein, ich glaube, du liebst das Böse genausowenig wie ich.«
    »Du liebst das Böse nicht«, wiederholte ich seine Worte.
    »Es ist

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