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Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir

Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir

Titel: Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Marius Bianca fort von sich, in Richtung auf das offene Portal zu, und rief dabei: »Lauf, Schatz, lauf! Sieh zu, dass du aus dem Haus kommst!«
    Dann rannte er hinter ihr her und richtete sich wild gegen die, die ihr auf den Fersen waren. Einen nach dem anderen machte er nieder, als sie versuchten, Bianca aufzuhalten, bis er sie durch das Portal verschwinden sah.
    Es blieb mir keine Zeit, mich zu versichern, ob sie es geschafft hatte. Immer mehr von den Gestalten umringten mich. Die brennenden Wandteppiche fielen von ihren Halterungen. Statuen wurden umgestoßen und zersplitterten auf dem Marmorboden. Beinahe hätten mich zwei kleine Teufel erwischt, die sich in meinen Arm gekrallt hatten, doch ich drückte dem einen die Fackel ins Gesicht und ließ den anderen ganz in Flammen aufgehen.
    »Aufs Dach, Amadeo, komm schnell!«, rief Marius.
    »Herr, die Bilder, die Bilder im Lagerraum!«, schrie ich zurück. »Vergiss die Bilder. Es ist zu spät. Kinder, rennt, raus aus dem Haus! Sofort! Rettet euch vor dem Feuer!«
    Mit einem Schlag fegte er die Angreifer fort, dann schoss er durch das Treppenhaus aufwärts und rief mir vom obersten Absatz zu: »Komm, Amadeo, schüttel sie ab! Glaub an deine Kraft, Kind, kämpfe!« Als ich den zweiten Stock erreicht hatte, war ich von ihnen eingekesselt. Kaum dass ich einen angezündet hatte, stürzte sich schon ein anderer auf mich. Anstatt mich in Brand zu stecken, grabschten sie nach meinen Armen und Beinen, bis sie mich bei allen Gliedern hatten und mir die Fackel aus der Hand wanden. »Herr, kümmere dich nicht um mich, verschwinde!«, rief ich Marius zu. Ich drehte und wandt mich, strampelte und trat um mich, und als ich nach oben sah, entdeckte ich, dass Marius abermals eingekreist war, und dieses Mal waren es gleich hundert Fackeln, die in seinen wehenden roten Umhang, seine goldenen Haare, gegen sein wutentbranntes weißes Gesicht gedrückt wurden. Wie ein Schwarm glühender Insekten, in solcher Zahl, und mit der gleichen Taktik stürzten sie sich auf ihn, so dass er sich nicht mehr wehren konnte. Und dann, in einer großen, zischenden Stichflamme, lohte sein ganzer Körper auf.
    »Marius!« Ich hörte nicht mehr auf zu kreischen, konnte die Augen nicht abwenden, während ich immer noch mit meinen Häschern rang, meine Beine losriss, nur damit andere kalte, schmerzharte Finger sie wieder einfingen; stieß mit den Armen, nur um aufs Neue festgenagelt zu werden. »Marius!« Die schlimmste Bedrängnis, größter Schrecken hallte in meinem Schrei wider.
    Mir schien, dass die schlimmsten Befürchtungen, die ich je gehegt hatte, nicht so unsäglich waren, wie der Anblick, der sich mir hier bot: Marius hoch oben an der steinernen Balustrade, von Flammen eingehüllt. Für eine Sekunde wurde seine lange, schlanke Gestalt zu einem schwarzen Umriss. Mir schien, ich sah sein Profil, seinen Kopf in den Nacken zurückgeworfen, als sein Haar aufloderte und seine Finger sich wie schwarze Spinnen Halt suchend aus dem Feuer streckten. »Marius!«, schrie ich. Aller Trost, alles Gute, alle Hoffnung verbrannte mit dieser schwarzen Gestalt, von der sich meine Augen nicht lösen konnten, selbst als sie verging und jede erkennbare Form verlor. Marius! Mein Wille erstarb.
    Was blieb, war nur ein kläglicher Rest und dieser Rest, wie gesteuert von einer untergeordneten Seele, die nur aus dem magischen Blut und dessen Kraft bestand, kämpfte ohne Sinn und Verstand weiter. Sie warfen mir ein Netz über, aus Stahl geflochten, so schwer war es und so feinmaschig, dass ich plötzlich nichts mehr sehen konnte. Ich merkte nur, dass die Hände der Feinde mich darin einwickelten, mich um und um drehten und darin festzurrten. Dann wurde ich aus dem Haus getragen. Rings um mich hallten Schreie, und ich hörte die Schritte derer, die mich forttrugen, und als ich das Heulen des Windes vernahm, wusste ich, dass wir die Küste erreicht hatten. Sie trugen mich in den Bauch eines Schiffes, immer begleitet vom J ammern der Sterblichen, das mir in den Ohren klang. Mit mir hatten sie auch die Lehrlinge gefangen genommen. Sie warfen mich mitten zwischen sie, so dass ich ihre warmen, wild strampelnden Körper neben und über mir spürte, und ich, der ich eng in dieses Netz verpackt war, konnte ihnen nicht einmal ein paar tröstende Worte sagen - ich hätte zudem auch keine Worte gefunden.
    Ich spürte, wie die Ruder sich hoben und senkten, hörte das Rauschen des Wassers, und dann erbebte die große Galeere und bewegte

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