Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir
Herr«, sagte ich. »Ich danke Gott, dass Ihr mir vergebt, dass ich an so schrecklichen Orten war. Ich will tun, was Ihr wollt.«
»Dann gute Nacht.« Er erhob sich, um zu gehen.
»Herr, wie viele Nächte?«
»Höchstens drei«, sagte er, über die Schulter zurückblickend. Er war auf dem Weg zur Tür - eine große, prächtige Gestalt in dem Umhang. »Herr …«
»Ja?«
»Ich werde ganz brav sein, ein Heiliger«, sagte ich. »Aber wenn ich mich vergesse, werdet Ihr mich dann, bitte, w ieder peitschen?« Ich sah den Unmut auf seinem Gesicht und bereute auf der Stelle meine Worte. Was hatte mich nur dazu gebracht, das zu sagen! »Sag bloß nicht, dass du es nicht so gemeint hast!«, bemerkte er. Er las in meinen Gedanken und hörte die Worte, ehe ich sie aussprechen konnte. »Nein, es ist nur so, dass ich es hasse, wenn Ihr fortgeht. Ich dachte, wenn ich vielleicht eine höhnische Bemerkung mache, würdet Ihr nicht gehen.«
»Nun, ich gehe doch. Und kein Hohn, bitte. Das ist taktisch unklug.« Er war schon aus der Tür gewesen, als er es sich anders überlegte und umkehrte. Er näherte sich dem Bett. Ich erwartete das Schlimmste. Er würde mich auspeitschen, und anschließend wäre er nicht mehr hier, um mir die Striemen wegzuküssen. Aber nichts dergleichen. »Amadeo, während ich fort bin, denk darüber nach«, sagte er.
Ernüchtert schaute ich ihn an. Sein ganzes Verhalten veranlasste mich, sorgfältig zu überlegen, ehe ich nur ein Wort sagte. »Über alles, Herr?«, fragte ich.
»Ja«, antwortete er. Dann kam er nochmals und küsste mich. »Willst du so auf ewig bleiben?«, fragte er. »Willst du dieser junge Mann bleiben, der du jetzt bist?«
»Ja, Herr! Auf ewig, mit Euch!« Ich hätte ihm gern gesagt, dass es nichts gab, zu dem ein Mann imstande war, das ich nicht auch konnte, aber das schien mir äußerst unklug, und außerdem würde er mir nicht glauben.
Er legte mir voller Zuneigung seine Hand auf den Kopf und schob mir das Haar zurück.
»Seit zwei Jahren beobachte ich dein Heranwachsen«, sagte er. »Du bist ausgewachsen, auch wenn du nicht sehr groß bist, aber dein Gesicht ist ein Kindergesicht, und obwohl du bei bester Gesundheit bist, so bist du doch schlank gebaut und noch nicht der kräftige Mann, der du sicherlich werden könntest.«
Ich war zu fasziniert, um ihn zu unterbrechen. Auch als er eine Pause machte, wartete ich ab.
Er seufzte. Er schaute ins Nichts, als fehlten ihm die richtigen Worte. »Als du dich davon gemacht hattest, kamst du in eine Situation, da richtete dein englischer Lord seinen Dolch auf dich, doch du hattest keine Angst. Erinnerst du dich? Es ist noch keine zwei Tage her.«
»Ja, Herr, es war alles sehr dumm.«
»Du hättest in dem Augenblick leicht getötet werden können«, sagte er, wobei er die Augenbrauen hochzog. »Leicht.«
»Herr, bitte, offenbart mir diese geheimen Künste«, sagte ich. »Erklärt mir, wie Ihr Eure besonderen Kräfte erlangt habt. Vertraut mir dieses Geheimnis an. Herr, bewerkstelligt doch, dass ich auf ewig mit Euch zusammen sein kann! Ich gebe nichts um mein eigenes Urteil in diesen Dingen. Ich unterwerfe mich dem Euren.«
»Ah, ja, du unterwirfst dich, wenn ich dein Verlangen erfülle.«
»Nun, Herr, das ist auch eine Form der Unterwerfung, mich selbst ganz aufzugeben an Euch, an Euren Willen, an Eure Kräfte, und, ja, ich würde es wollen, ich würde wie Ihr sein wollen. Ist das Euer Versprechen, ist es das, was Ihr andeutet - dass Ihr aus mir machen könnt, was Ihr seid? Dieses Blut, Euer Blut, das mich zu Eurem Sklaven macht, könnt Ihr mir verabreichen, und dann ist es vollbracht? Mir kommt es vor, Herr, als gebe es Augenblicke, in denen ich weiß, dass Ihr das tun könnt, und dennoch frage ich mich, ob ich es nur weiß, weil Ihr es wisst, und dass Ihr einsam genug seid, um es zu tun.«
»Ah!« Er legte die Hände übers Gesicht, als hätte ich endgültig sein Missfallen erregt.
Ich war ratlos.
»Herr, wenn ich Euch beleidigt habe, schlagt mich, prügelt mich, tut, was Ihr wollt, aber wendet Euch nicht ab. Verhüllt nicht Eure Augen, die mich anzusehen pflegten, denn ich kann nicht leben, wenn Euer Auge nicht auf mir ruht. Erklärt es mir, Herr, beseitigt, was uns trennt. Und wenn es nur meine Unwissenheit ist, dann müsst Ihr die beseitigen.«
»Oh, das will ich, das will ich«, sagte er. »Du bist so gewitzt und trügerisch, Amadeo! Du würdest wahrhaftig ein Tor um Gottes willen sein, denn das hat man dir ja schon vor
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