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Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir

Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir

Titel: Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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schien es nicht einmal zu bemerken. Er sprach offensichtlich zu sich selbst: »Skanderbeg, der berühmte Skanderbeg, ich hebe mein Glas auf ihn. Er ist zu lang schon tot. Gebt mir nur fünf Skanderbegs, und ich rüstete zu einer neuen Kreuzfahrt, um unsere Stadt von den Türken zurückzuerobern.«
    »Wahrhaftig, wer würde das nicht mit fünf Skanderbegs tun«, spottete der ältere Mann am unteren Ende der Tafel, der immer noch an dem Knochen nagte. Er wischte sich den Mund mit dem bloßen Handrücken. »Aber einen General wie Skanderbeg gibt es nicht noch einmal, hat’s nie zuvor gegeben - er war einzig. Was ist denn mit Ludovico los? Hey, du Dummkopf!« Er stand auf.
    Mein Herr hatte inzwischen einen Arm um den Blondhaarigen geschlungen, der ihn fortzuschieben versuchte, aber zu seinem Entsetzten fand, dass er ihn nicht bewegen konnte. Nun, als die zwei Tänzer mit Schlägen drohten, um ihren Kumpan aus seinem Griff zu befreien, setzte mein Herr erneut zu seinem tödlichen KUSS an. Er hob das Kinn seines Opfers an und machte sich sofort über die große Arterie an seiner Kehle her. Er drehte den Mann zu sich herum, und es hatte den Anschein, als saugte er ihm das Blut in einem einzigen tiefen Zug aus. Mit einer blitzschnellen Bewegung zweier seiner weißen Finger schloss er ihm die Augen und ließ dann den Körper zu Boden gleiten.
    »Eure Zeit ist gekommen, werte Herren«, sagte er zu den Tänzern, die sich ängstlich rückwärts schoben.
    Einer der beiden zog seinen Degen.
    »Sei nicht so dumm!«, rief ihm sein Kamerad zu. »Du bist betrunken. Du wirst niemals -«
    »Nein, das wirst du auch nicht«, sagte mein Herr mit einem kleinen Seufzer. Seine Lippen waren so tierrosa, wie ich sie noch nie gesehen hatte, und das Blut, das er getrunken hatte, prangte auf seinen Wangen. Selbst seine Augen hatten einen stärkeren Glanz, einen stärkeren Schimmer.
    Er schloss seine bloße Hand über dem Degen, und durch den Druck seines Daumens zersprang das Metall. Dem Mann blieb nur der Rest der Waffe in der Hand zurück, und er schrie: »Wie könnt Ihr es wagen!«
    »Wie konntet Ihn wäre wohl passender!«, trällerte der Rothaarige. »Mitten durchgebrochen, wie? Was ist denn das für ein Stahl?« Der Mann mit der Hammelkeule warf den Kopf zurück und lachte lauthals. Dann riss er noch ein paar Fleischfetzen von dem Knochen. Mein Herr streckte den Arm aus und verkürzte dem Degenschwenker seine irdische Lebenspanne, indem er ihm, um die Vene freizulegen, das Genick brach. Man hörte ein lautes Knacken. Die anderen drei der mit der Keule, der argwöhnische Tänzer und der Rothaarige hatten es wohl auch gehört. Den letzten der Tänzer nahm mein Herr als Nächsten in seine Arme. Er umfasste sein Gesicht wie liebevoll mit beiden Händen, und wieder trank er, schlitzte dem Mann die Kehle auf, und einen winzigen Augenblick lang sah ich das Blut, eine wahre Sturzflut, aus der Wunde schießen, die mein Herr sofort mit seinem Mund verschloss, so dass mir sein geneigter Kopf die Sicht nahm. Ich konnte das Blut durch die Hand meines Herrn strömen sehen und vermochte kaum abzuwarten, bis er den Kopf wieder hob, was nur zu bald geschah, eher noch als bei seinem vorherigen Opfer, und er schaute mich mit einem träumerischen Blick an. Sein Gesicht war wie mit Flammen übergossen. Er sah genauso menschlich aus wie jeder andere Mann im Saal, und so, wie der gewöhnliche Wein sie anregte, schien ihn sein besonderes Elixier anzustacheln. Lose Strähnen seiner blonden Locken klebten ihm an der Stirn, vom hervorbrechenden Schweiß, der wie ein reiner, blutiger Schleier sein Gesicht überzog. Unvermittelt brachen die Musikanten ihr Spiel ab.
    Nicht der Gewaltausbruch war es, der sie unterbrochen hatte, sondern der Anblick meines Herrn, der gerade sein letztes Opfer wie einen Sack Knochen hatte zu Boden gleiten lassen.
    »Ein Requiem«, wiederholte ich. »Ihre Geister werden Euch Dank sagen. Ihr guten Herren.«
    »Entweder das, oder Ihr macht Euch davon«, rügte Marius näher tretend hinzu.
    »Ich bin für davonmachen«, hauchte der Lautenspieler, und gemeinsam wandten sie sich um und hasteten zur Tür, wo sie unter lauten Flüchen an den Griffen zerrten.
    Mein Herr trat zu dem Stuhl, auf dem ich zuvor gesessen hatte, und sammelte die verstreuten Schmuckstücke auf.
    »Ihr Knaben, ihr verlasst uns ohne Lohn«, sagte er.
    In hilfloser, wimmernder Furcht befangen, drehten sie sich doch zu ihm um und beäugten die Ringe, die er ihnen zuwarf, und

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