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Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir

Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir

Titel: Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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»Tot«, sagte er mit einem schmalen Lächeln. »Aber es ist schön warm und dickflüssig.« Er lächelte träge.
    Der Rothaarige war fasziniert wie ein Kind beim Marionettenspiel. Mein Herr hielt ihm die blutigen Finger entgegen und lächelte einladend, als wollte er sagen: Möchtet Ihr kosten?
    Der Rotschopf grapschte nach Marius’ Handgelenk und leckte ihm das Blut von Zeigefinger und Daumen. »Hmm, sehr gut«, sagte er. »Meine Freunde sind alle von edelstem Blut.«
    »Wem sagt Ihr das?«, lächelte mein Gebieter. Ich konnte meine Augen nicht von ihm, von seinem Gesicht losreißen, das sich derart wandelte. Es sah so aus, als verdunkelte sich die Röte auf seinen Wangen noch, aber vielleicht warfen auch nur seine Wangenknochen einen Schatten, als er jetzt lächelte. Seine Lippen waren rosig.
    »Und ich bin noch nicht fertig, Amadeo«, sagte er. »Das ist erst der Anfang.«
    »Er ist nicht schwer verletzt«, behauptete der ältere Mann. Er betrachtete den Mann am Boden forschend und besorgt. Fragte sich wohl, ob er ihn getötet hatte. »Es ist nur eine kleine Platzwunde am Hinterkopf, mehr nicht. Stimmt’s?«
    »Ja, eine kleine Wunde«, sagte Marius. »Was ist das für ein Geheimnis, mein guter Freund?« Er hatte dem grauhaarigen Mann den Rücken zugekehrt und brachte dem Rotschopf viel mehr Interesse entgegen als zuvor.
    »Ja, bitte«, sagte ich. »Was ist das für ein Geheimnis, mein Herr? Dass die Priester davonliefen, ist das das Geheimnis?«
    »Nein, Junge, stell dich nicht dumm!«, wandte der Rote sich über den Tisch hinweg an mich. Er war hinreißend schön. Hatte Bianca ihn geliebt? Sie hatte nichts davon gesagt.
    »Das Geheimnis, das Geheimnis«, wiederholte er. »Wenn man nicht an dieses Geheimnis glaubt, dann glaubt man an gar nichts, an nichts Heiliges und auch sonst nichts.«
    Er hob den Becher. Er war leer. Ich nahm den Krug und goss ihm von dem dunklen, lieblich duftenden Wein ein. Ich überlegte, ob ich auch einen Schluck probieren sollte, doch dann überkam mich ein Widerwille.
    »Unsinn«, flüsterte mein Gebieter. »Trink auf ihr Dahinscheiden. Los doch. Hier ist ein sauberer Becher.«
    »Ach, ja, verzeiht«, sagte der Rotschopf. »Ich habe Euch nicht einmal einen Becher Wein angeboten. Guter Gott, wenn man bedenkt, dass ich nur einen riesigen Diamanten zum Einsatz gebracht habe, als es um deine Liebe ging!« Er hob den Kelch, ein schweres, mit einem Muster versehenes Stück aus getriebenem Silber mit kleinen Edelsteinen. Jetzt bemerkte ich, dass die Weinkelche zusammengehörten. Alle hatten das gleiche, zierliche Motiv eingraviert, und darin eingelegt waren kleine, gleißende Edelsteine. Er setzte den Kelch mit einem klingenden Geräusch vor mich nieder, dann nahm er mir den Krug ab, füllte den Becher und bot ihn mir an.
    Ich dachte, mir würde so schlecht, dass ich mich auf der Stelle übergeben müsste. Ich sah zu ihm auf, sah in dieses mir so nahe, schöne Gesicht, sah seine hübschen, flammend roten Haare. Er schenkte mir ein jungenhaftes Lächeln und zeigte dabei kleine, aber vollkommene, weiße, perlengleiche Zähne. Er schien mich schwärmerisch und ganz versunken zu betrachten, denn er sagte kein Wort.
    »Nimm den Becher und trink«, sagte mein Herr. »Du hast einen gefährlichen Weg eingeschlagen, Amadeo, trink darauf, dass du Weisheit und Kraft hast.«
    »Ihr spottet doch nicht über mich, Herr, oder?«, fragte ich, meinen Blick fest auf den Rotschopf gerichtet, obwohl ich doch mit Marius sprach.
    »Ich liebe dich, junger Herr, wie ich dich stets geliebt habe«, sagte mein Gebieter, »doch du interpretierst etwas in meine Worte, weil das menschliche Blut mich derb und erdverhaftet macht. So ist es immer. Nur im konsequenten Fasten finde ich ätherische Reinheit.«
    »Ah, und mich hindert Ihr an jedem Kreuzweg, den Pfad zur Strafe einzuschlagen, und drängt mich hin zu den Sinnenfreuden, zum Vergnügen.«
    Der Rothaarige und ich sahen uns unverwandt in die Augen. Doch ich hörte Marius’ Antwort.
    »Es ist eine Strafe, zu töten, Amadeo, da liegt der Haken. Es ist eine Strafe, für nichts zu morden, für nichts, nicht für Ehre oder Werte oder Anstände wie unser Freund hier gesagt hat.«
    »Ja!«, sagte »unser Freund«, der sich erst Marius und dann wieder mir zuwandte. »Trink!« Er drängte mir den Becher auf.
    »Und wenn hier alles vollbracht ist, Amadeo, dann sammle doch diese Kelche für mich ein und bring sie mit heim, damit ich eine Trophäe habe als Beweis meines

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