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Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs

Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs

Titel: Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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belästigen.« So erregt wie in dem Moment hatte ich sie noch nie gesehen.
    »Natürlich können wir ein Stück der Strecke mit dem Jeep zurücklegen, und du wirst von Anfang bis Ende überall Ruinen der Maja entdecken. Aber daran werden wir vorbeifahren, und erst wenn die Straße endet, gehen wir zu Fuß weiter.«
    Auf einen Ellbogen gestützt, lehnte sich Merrick auf ihr Feldbett zurück und trank von dem dunkelbraunen Florde-CanaRum, den sie vor unserer Abreise in der Stadt gekauft hatte. »Aahh, das tut gut«, sagte sie, und natürlich löste das bei mir die entsetzliche Vorstellung aus, dass sie sich hier, im Dschungel, volllaufen lassen wollte.
    »Reg dich nicht auf, David«, sagte sie, »du solltest lieber auch einen Schluck davon nehmen.«
    Ich war misstrauisch, was sie damit bezweckte, aber ich gab nach. Ich fühlte mich wirklich wie im Himmel, das muss ich zugeben. Was mir von diesem Abend im Gedächtnis geblieben ist, löst in mir immer noch einige Schuldgefühle aus. Natürlich trank ich viel zu viel von diesem köstlich aromatischen Rum. Ich erinnere mich noch, dass Merrick sich neben mich gesetzt hatte und ich irgend wann lang ausgestreckt auf dem Lager lag und in ihr Gesicht aufsah. Dann beugte sie sich zu mir nieder, um mich zu küssen. Vielleicht reagierte ich rascher darauf, als sie erwartet hatte, indem ich sie dicht an mich zog. Aber es war ihr keineswegs unangenehm. Nun war Sex für mich schon seit langem nicht mehr besonders verlockend gewesen. Wenn ich während der letzten zwanzig Jahre meines sterblichen Lebens überhaupt Erregung verspürte, so war sie meistens durch einen jungen Mann ausgelöst worden. Aber Merricks Anziehungskraft schien irgendwie nicht mit ihrer Geschlechtszugehörigkeit zu tun zu haben. Ich stellte fest, dass ich mehr als erregt war und eifrig darauf bedacht, zu genießen, was so glücklich begonnen hatte. Erst als ich beiseite rückte, damit sie sich unter mich schieben konnte, wo ich sie gern gehabt hätte, fand ich einen Teil meiner Beherrschung wieder und stand von der Pritsche auf.
    »David«, flüsterte sie. Ich hörte meinen Namen im Zelt widerklingen: David, David … Ich konnte mich nicht bewegen. Da war ihr in dämmrige Schatten getauchter Körper und wartete auf mich … Und erst jetzt bemerkte ich, dass unsere Laternen verlöscht waren. Nur vom nächstgelegenen Haus fiel ein wenig Licht herüber, schimmerte matt durch die Zeltplane, aber natürlich ge nügte es, um mich sehen zu lassen, dass Merrick sich ihrer Kleidung entledigt hatte.
    »Verdammt, das kann ich doch nicht machen«, sagte ich. Aber in Wirklichkeit befürchtete ich eher, es nicht vollenden zu können. Ich fürchtete, ich wäre zu alt. Mit der gleichen abrupten Bewegung, die mich so erschreckt hatte, als sie kurz zuvor in ihrer kleinen Séance Honey rief, erhob sich Merrick, schlang ihre Arme um mich und küsste mich hingebungsvoll, während sie ihre geschickten Finger direkt an den Ursprung meines Begehrens legte. Ich bin sicher, dass ich zögerte, aber erinnern kann ich mich nicht daran. Was ich noch genau weiß, ist, dass wir zusammen waren und dass ich mich selbst zwar moralisch enttäuschte, jedoch uns beide, Merrick und mich als Mann und Frau, nicht enttäuschte. Hinterher herrschte wohlige Schläfrigkeit und ein solches Hochge fühl, dass für Scham kein Raum blieb.
    Während ich mit Merrick im Arm langsam in Schlaf sank, kam es mir so vor, als hätten wir uns in den langen Jahren, die wir uns schon kannten, langsam auf diese Situation zubewegt. Ich gehörte nun zu ihr, ganz und gar. Ich war durchtränkt mit dem Aroma ihres Rums, dem Duft ihres Parfüms, ihrer Haut und ihrer Haare. Ich wünschte mir nichts anderes, als bei ihr zu sein und neben ihr zu schlafen und ihre Wärme noch bis in meine Träume zu spüren. Als ich am nächsten Morgen unmittelbar bei Sonnenaufgang erwachte, war ich so schockiert von den Ereignissen der Nacht, dass ich nicht wusste, wie ich mich verhalten sollte. Merrick, herrlich zerzaust, schlief noch tief und fest, und ich, beschämt, weil ich mich erniedrigt fühlte, weil ich meine Position als Generaloberst so schrecklich missbraucht hatte, riss meine Augen von ihr los, badete, kleidete mich an, nahm mein Tagebuch und begab mich in die kleine spanische Kirche, damit ich dort meine Sünden niederschreiben konnte.
    Neben der Kirche entdeckte ich abermals den Schamanen, der mich beobachtete, als wüsste er über alles, was passiert war, Bescheid. Seine Gegenwart war

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