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Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs

Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs

Titel: Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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überlassen!«
    Er nickte. »Ich will ihr nur nahe sein. Aber ich muss vorher trinken. Ich darf nicht durstig sein, wenn ich sie treffe. Das wäre töricht. Komm mit, wenn ich jage. Und dann, nach Mitternacht, weit nach Mitternacht, werden wir es angehen.« Wir brauchten nicht lange, um unsere Opfer zu finden.
    Es war zwei Uhr, als wir uns Oak Haven näherten, und das Haus lag, wie ich gehofft hatte, vollkommen dunkel da. Niemand war wach. Schon wenige Minuten später hatte ich die Bibliothek aus gespäht. Dort war Merrick nicht. Auch ihr Glas und die Flasche waren nicht zu sehen. Und als ich so leise wie möglich die obere Galerie entlangging, fand ich sie auch nicht in ihrem Zimmer. Ich begab mich zurück zu Louis, der in dem Eichendickicht wartete.
    »Sie ist nicht hier. Mir scheint, wir haben uns verschätzt. Sie muss in ihrem Haus in New Orleans sein. Vielleicht wartet sie da ab, wartet darauf, dass ihr kleiner Zauber wirkt.«
    »Du darfst deswegen nicht dauernd so verächtlich von ihr sprechen«, sagte Louis ärgerlich. »David, um Himmels willen, lass mich allein zu ihr gehen.«
    »Keine Chance«, war meine Antwort. Wir machten uns auf in die Stadt.
    »Du darfst nicht mit dieser Verachtung im Herzen zu ihr gehen«, sagte Louis. »Lass mich mit ihr sprechen. Du kannst es sowieso nicht verhindern. Du hast kein Recht dazu.«
    »Ich werde dabei sein, wenn du mit ihr sprichst«, sagte ich kalt. Und ich hatte vor, mein Wort zu halten.
    Als wir das alte Haus in New Orleans erreichten, wusste ich sofort, dass sie da war.
    Ich bedeutete Louis zu warten und ging um das Anwesen herum, wie schon vor mehreren Nächten. Ich versicherte mich, dass sie den Hausmeister fortgeschickt hatte, und siehe da, so war es. Dann kehrte ich zu Louis zurück und sagte, wir könnten uns zur Tür begeben.
    Ich wusste natürlich, dass sich Merrick in dem vorderen Schlafraum aufhielt. Der Salon bedeutete ihr nicht viel. Das alte Zimmer der Großen Nananne, das liebte sie.
    »Ich will allein zu ihr«, sagte Louis. »Du kannst hier warten, wenn du willst.«
    Er war schon unter dem Vordach, ehe ich mich regen konnte, aber ich holte ihn schnell ein. Er öffnete die unverschlossene Haustür, deren bleigefasste Scheiben im Licht glitzerten. Drinnen ging er sofort in den großen Schlafraum. Ich hielt mich dicht hinter ihm.
    Ich sah, dass Merrick, in rote Seide gekleidet und entzückend wie immer, aus dem Schaukelstuhl aufsprang und in seine Arme stürzte.
    Jede Zelle meines Körpers wartete gespannt auf ein Anzeichen für Gefahr. Und mein Herz brach fast entzwei. Das durch Kerzen erleuchtete Zimmer wirkte verträumt und lieblich. Und diese beiden Wesen liebten einander, Louis und Merrick, man konnte es nicht leugnen. Ich sah schweigend zu, wie Louis sie wieder und wieder küsste und seine schlanken Finger durch ihr Haar gleiten ließ. Ich sah zu, wie er ihre biegsame Kehle küsste.
    Dann ließ er von ihr ab und stieß einen langen Seufzer aus. »Ist es wirklich ein Zauber?«, fragte er, aber die Frage war eigentlich an mich gerichtet. »Dass ich an nichts anderes als an dich denken kann, gleichgültig, wo ich bin oder was ich tue? Dass ich in jedem meiner Opfer dic h wiederfinde? Oh ja, bedenke es, Merrick, denk darüber nach, was ich tue, um zu existieren! Bitte, mach dir keine Illusionen! Denk über den schrecklichen Preis nach, den ich für meine Fähigkeiten zahlen muss. Denk über die Hölle nach, in der ich lebe.«
    »Bin ich in dieser Hölle bei dir?«, fragte Merrick. »Gebe ich dir inmitten des Feuers ein wenig Trost? Meine Tage und Nächte ohne dich waren die Hölle! Ich verstehe, was du leidest. Das war schon so, ehe wir einander in die Augen sahen.«
    »Merrick, sag ihm die Wahrheit«, warf ich endlich ein. Ich war an der Tür stehen geblieben, in einigem Abstand von ihnen. »Sag es ehrlich, Merrick. Er merkt es, wenn du lügst. Hast du einen Bindezauber über ihn verhängt? Lüge auch mich nicht an.« Sie löste sich für einen Moment von ihm und sah mich an. »Was hat mein Zauber bei dir ausgerichtet, David?«, fragte sie. »Was denn, außer ein paar flüchtigen Visionen? Hast du Verlangen verspürt?« Ihr Blick ging zurück zu Louis. »Was willst du von mir, Louis? Willst du hören, dass meine Seele dir ebenso sklavisch ergeben ist wie die deine mir? Wenn das ein Zauber ist, dann haben wir uns damit gegenseitig gebunden, Louis. David weiß, dass ich die Wahrheit spreche.«
    So sehr ich mich auch bemühte, ich konnte nicht spüren,

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