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Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs

Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs

Titel: Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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ich wusste auch ganz gut über Merrick Bescheid - doch noch nie hatte ich einen solchen Zauber gesehen oder erlebt.
    Ein Taxi fuhr über die Rue Royale, und auch darin saß Merrick, mit gelöstem Haar, so, wie ich sie im Hotel zurückgelassen hatte, und schaute mich durch das offene Wagenfenster an. Und als ich mich mit dem sicheren Gefühl, dass sie hinter mir stand, umwandte, erblickte ich ihre unverwechselbare Gestalt tatsächlich auf einem Balkon über mir. Die Haltung der Gestalt war unheimlich. Ich zitterte. Mir gefiel das Ganze nicht. Ich fühlte mich wie ein Narr.
    Ich hielt meine Augen auf die Erscheinung gerichtet. Nichts hätte mich jetzt von der Stelle bringen können. Doch die Figur verblasste und verschwand. Das Viertel ringsum schien plötzlich wie ausgestorben, obwohl in Wirklichkeit viele Touristen unterwegs waren, und aus der Rue Bourbon schallte Musik herüber. Noch nie hatte ich so viele Blumenkästen gesehen, aus denen die Blütenranken sich über verschnörkelte schmiedeeiserne Geländer ergossen. Nie hatten sich so viele Schlingpflanzen an den verwitterten Mauern und den wettergegerbten Putzfassaden emporgerankt.
    Fasziniert und leicht verärgert zugleich ging ich zur Rue Ste. Anne, zu dem Café, in dem wir uns getroffen hatten, und wie ich vermutet hatte, war es zum Bersten voll mit Leuten, die aßen und tranken. Der gebrechliche Kellner schien ganz überwältigt. Und dort mittendrin saß Merrick, ihr weißer, weit ausgebreiteter Rock in der Bewegung erstarrt, als wäre sie ein Reklamebild aus Pappe. Natürlich schmolz die Erscheinung bald dahin, wie die anderen zuvor auch. Doch das Interessante war, dass das Café eigentlich schon hätte überfüllt sein müssen, als wir dort saßen. Wie hatte Merrick es geschafft, die Leute während unseres Treffens fern zu halten? Und was tat sie da jetzt? Ich wandte mich um. Der Himmel hatte das im Süden so häufige spätabendliche Blau angenommen und war mit bleichen Sternen gesprenkelt. Überall hörte man heitere Gespräche und munteres Lachen. Dies hier war die Realität, eine milde Frühlingsnacht in New Orleans, in der man das Gefühl hat, das Pflaster des Gehwegs schmiege sich weich an die Füße und alle Geräusche hätten einen lieblichen Klang.
    Und dennoch überkam mich wieder diese Empfindung, als ob mich jedermann in meiner Nähe beobachtete. Das Paar, das gerade die Kreuzung überquerte …? Und dann sah ich ein Stück die Straße hinunter Merrick, und dieses Mal fand ich den Ausdruck auf ihrem Gesicht eindeutig unerfreulich, als wenn sie mein Unbehagen genösse.
    Während die Erscheinung dahinschmolz, zog ich scharf den Atem ein.
    »Wie kann sie das zu Wege bringen? Das ist die Frage!«, grummelte ich vor mich hin. »Und warum macht sie das?« Ich steuerte jetzt schnellen Schrittes auf unser Stadthaus zu, auch wenn ich mir nicht sicher war, ob ich angesichts dieser Sorte von Flüchen, die sich um mich herum häuften, eintreten würde. Doch als ich mich unserer Einfahrt näherte - einem großen Tor zwischen Ziegelmauern -, sah ich die bisher schrecklichste Erscheinung. Hinter den Gitterstäben des Tores stand das Kind Merrick, so wie es einst ausgesehen hatte, in eben jenes kurze lavendelfarbene Kleidchen gehüllt. Es hielt den Kopf leicht zur Seite geneigt und nickte zustimmend zu den Vertraulichkeiten, die ihm eine alte Frau ins Ohr flüsterte. Ich wusste genau, dass das seine längst verstorbene Großmutter Nananne war. Die Große Nananne nickte während des Sprechens und lächelte mit schmalen Lippen.
    Die Gegenwart dieser Frau ließ mich in einer Woge von Erinnerungen und neu belebten Gefühlen versinken. Zunächst war ich entsetzt, dann wütend und verwirrt. Ich musste mich zusammenreißen.
    »Bleibt hier, verschwindet bloß nicht!«, rief ich aus und eilte auf das Tor zu, doch die Gestalten zerflossen, als könnte ich meine Augen nicht mehr auf einen Punkt fixieren, als ließe meine Sehkraft nach.
    Ich verlor den letzten Rest Geduld. Die Fenster oben in unserer Wohnung waren erleuchtet, und der zauberhafte Klang eines Cembalos ertönte - Mozart, wenn ich mich nicht irrte, zweifellos von Lestats tragbarem CD-Spieler, den er neben seinem Himmelbett stehen hatte. Das hieß also, er beehrte uns heute Abend mit seinem Besuch, obwohl er in solchen Fällen auch nur auf seinem Bett zu liegen und bis kurz vor dem Morgengrauen CDs zu hören pflegte.
    Ich hatte große Lust, nach oben zu gehen, wünschte mir dringend, zu Hause zu sein, damit die

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