Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs
Schrankfächer, die sich über dem Herd und an den Wänden entlangzogen, waren mit Glastüren verschlossen, und dahinter sah ich all die notwendigen Utensilien, die in einen Raum gehören, in dem sich Leute regelmäßig zu den Mahlzeiten einfinden. Der Fußboden war aus altem Linoleum und sehr sauber.
Plötzlich fiel mir der Koffer ein; ich zuckte zusammen und sah mich suchend um. Er stand direkt neben Merrick auf einem leeren Stuhl. Als ich sie anschaute, sah ich Tränen in ihren Augen.
»Was ist, mein Schatz?«, fragte ich. »Sag es, und ich setze alles daran, es in Ordnung zu bringen.«
»Es ist nur das Haus und alles, was hier geschehen ist, Mr. Talbot«, sagte sie. »Matthew ist hier gestorben.« Dies war die Antwort auf eine Frage, die mich schon die ganze Zeit beschäftigte, die ich aber nicht zu stellen gewagt hatte. Ich war nicht unbedingt erleichtert, das zu hören, aber ich konnte nicht umhin, mich zu fragen, ob jemand Anspruch auf die Schätze erheben könnte, die Merrick als ihr Eigentum betrachtete. »Machen Sie sich keine Sorgen wegen Cold Sandra«, sagte Merrick direkt an mich gewandt. »Wenn sie wegen dieser Sachen zurückkommen wollte, wäre sie schon vor langer Zeit hier gewesen. In der ganzen Welt gibt es nicht genug Geld für Cold Sandra. Matthew liebte sie wirklich, aber er hatte massenweise Geld, und das änderte für Sandra natürlich alles.«
»Wie ist er gestorben, mein Liebes?«, fragte ich. »An einem Fieber, das er aus dem Dschungel mitbrachte. Und dabei hatte er dafür gesorgt, dass wir uns gegen alles impfen ließen. Gegen jede nur erdenkliche Krankheit. Und doch ist er selbst dann krank wieder heimgekehrt. Einige Zeit später, als Cold Sandra schrie und tobte und mit Gegenständen warf, behauptete sie, dass die Indios in dem Dschungel einen Fluch über ihn verhängt hätten, dass er nie und nimmer in die Höhle über dem Wasserfall hätte gehen dürfen. Aber die Große Nananne sagte, das Fieber sei zu stark gewesen. Er starb dort drüben, in dem hinteren Zimmer.« Dabei zeigte sie über den Flur hinweg zu dem Raum, in dem Aaron und ich eine ungemütliche Nacht verbracht hatten. »Nachdem er gestorben war und sie fortging, habe ich die Möbel herausräumen lassen. Sie sind jetzt vorn in dem Schlafzimmer ne ben Nanannes Raum. Dort habe ich seitdem immer geschlafen.«
»Ich kann mir gut vorstellen, wieso«, sagte Aaron tröstend. »Es muss furchtbar gewesen sein, sie beide zugleich zu verlieren.«
»Also, Matthew war immer gut zu uns«, fuhr sie fort. »Wäre er nur mein Vater gewesen, das wäre für mich jetzt wirklich gut. Er war zuerst im Krankenhaus und anschließend wieder hier, und dann kamen die Ärzte bald nicht me hr her, weil er immer nur betrunken war und sie anschnauzte, und dann tat er einfach seinen letzten Atemzug.«
»War da Cold Sandra schon fort?«, fragte Aaron behutsam. Er hatte seine Hand neben die ihre auf den Tisch gelegt. »Sie ging immer in die Bar unten an der Ecke, und nachdem man sie da rausgeschmissen hatte, suchte sie sich eine andere, auf der Hauptstraße. In der Nacht, als er im Sterben lag, bin ich zwei Häuserblocks weit bis zu der Bar gerannt, um sie zu holen. Ich habe wie wild an die Hintertür gehämmert, damit sie rauskam. Sie war so betrunken, sie konnte nicht mehr gehen. Sie saß da mit einem hübschen Weißen rum, der total in sie verliebt war, wissen Sie; er himmelte sie an. Das sah ich deutlich. Und sie war so betrunken, sie konnte nicht einmal aufstehen. Und dann traf es mich wie ein Schlag: Sie wollte Matthew nicht sterben sehen! Sie hatte Angst davor, bei ihm zu sein, wenn es so weit war. Sie war nicht hartherzig. Sie hatte nur furchtbare Angst. Da bin ich dann wieder nach Hause gelaufen. Die Große Nananne wusch ihm immer wieder das Gesicht und gab ihm den Scotch, den er sowieso schon ständig getrunken hatte. Anderen Alkohol wollte er nicht. Er keuchte und rang nach Atem, und wir saßen einfach nur bei ihm, bis er im Morgengrauen aufhörte zu keuchen und sein Atem ganz regelmäßig wurde, so gleichmäßig, dass man eine Uhr danach hätte stellen können, immer nur auf und ab, auf und ab. Es war eine solche Erleichterung, dass er keine Atemnot mehr hatte. Aber die Große Nananne deutete mit einem Kopfschütteln an, dass das kein gutes Zeichen war. Schließlich atmete er so flach, dass man es weder sehen noch hören konnte. Seine Brust hob sich nicht mehr. Und die Große Nananne sagte, dass er tot wäre.«
Sie unterbrach sich lange
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