Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs
Vögel Magie verkörpern. Er war es nämlich, der die Futterröhren aufgestellt hat. Sagte ich ja schon. Wer wird sich darum kümmern, wenn ich fortgehe?«
»Wir werden das alles in Ordnung halten«, sagte Aaron in seiner tröstlichen Art. Aber ich konnte sehen, dass er sehr besorgt um Merrick war. Sie sprach weiter:
»Die Kolibris hatten etwas mit dem Glauben der Azteken zu tun. Sie schweben in der Luft wie durch Zauberkraft. Sie huschen hin und her und verändern ihre Farbe. Es gibt eine Sage bei den Azteken, danach werden ihre Krieger nach dem Tode zu Kolibris. Onkel Vervain sagte, dass ein Zaubermeister alles wissen muss. Er sagte, dass alle in unserer Familie Zauberer sind, dass es uns schon viertausend Jahre vor den Azteken gab. Er hat mir von den Malereien auf der Höhlenwand erzählt.«
»Und du weißt, wo diese Höhle ist?«, fragte Aaron sie. Er erklärte hastig, wie er das gemeint hatte. »Schätzche n, du darfst es keinem sagen. Die Menschen verlieren wegen derartiger Geheimnisse die Vernunft.«
»Ich habe Onkel Vervains Unterlagen«, antwortete Merrick immer noch in diesem verträumten Tonfall. Sie legte die spitze, scharfe Klinge zurück auf das Lager aus baumwollenen Bündeln. So ganz nebenbei deckte sie ein weiteres Teil auf, ein kleines kauerndes Idol, das ebenso sorgfältig und schön gearbeitet war wie die vorherigen. Ihre Hand glitt zurück zu dem spitzen Gegenstand mit dem runden, kolibrigeschmückten Griff. »Das benutzten sie bei ihrer Zauberei, für einen Aderlass. Onkel Vervain sagte, dass ich etwas in der Art finden würde, etwas, mit dem man Blut fließen lässt; und Matthew hat gesagt, dies hier sei so ein Ding.«
»Dieser Koffer ist randvoll mit solche n Gegenständen, nicht wahr?«, fragte ich. »Und die hier sind nicht unbedingt die bedeutendsten?« Ich ließ meine Blicke schweifen. »Was ist noch alles auf diesem Dachboden versteckt?«
Sie zuckte mit den Schultern. Zum ersten Mal schien sie sich unter diesem niedrigen Dach erhitzt und unbehaglich zu fühlen. »Kommen Sie«, sagte sie höflich, »wir verschließen die Tasche und gehen hinunter in die Küche. Sagen Sie Ihren Leuten, dass sie diese Kisten nicht öffnen sollen, sie sollen sie nur irgendwohin schaffen, wo sie in Sicherheit sind. Ich koche Ihnen jetzt einen guten Kaffee. Ich mache den besten Kaffee, besser als der, den Cold Sandra oder die Große Nananne kochte. Mr. Talbot, Sie sind von der Hitze fast ohnmächtig, und Mr. Lightner, Sie machen sich zu viele Sorgen. In dieses Haus wird niemals jemand einbrechen, und Ihre Gebäude sind rund um die Uhr bewacht.« Sie packte die Axt, das Götzenbild und das Stichinstrument sorgfältig wieder ein, klappte die Tasche zu und ließ die angerosteten Schlösser einschnappen. Jetzt erst, in diesem Moment, sah ich den verblichenen alten Pappanhänger, auf dem ein Flughafen in Mexiko vermerkt war, und die Stempel, an denen man sah, dass der Koffer danach noch viele Meilen weitergereist war. Ich hielt mein Fragen zurück, bis wir unten in der kühleren Luft der Küche angelangt waren. Ich merkte, dass ihre Bemerkung, die Hitze dort oben werde mich umwerfen, durchaus stimmte. Ich war nicht weit von einem Schwächeanfall entfernt. Sie setzte die Reisetasche ab, zog ihre weiße Strumpfhose und die Schuhe aus und schaltete den rostigen Ventilator über dem Kühlschrank an, dessen Arme sich geruhsam drehten. Dann begann sie, Kaffee zu machen, wie sie versprochen hatte. Aaron suchte nach Zucker, und in dem alten »Eisschrank«, wie sie das Ding nannte, fand er auch ein Kännchen mit Sahne, die noch gut und schön kalt war, doch das interessierte Merrick kaum, da sie für den Kaffee ja Milch brauchte, und die erhitzte sie nun bis kurz vor dem Siedepunkt. Dabei erklärte sie uns: »So macht man das richtig.« Endlich saßen wir alle um den runden Eichentisch, dessen weiß lackierte Platte blitzblank geputzt war.
Der Milchkaffee war stark und köstlich. Die Erinnerung daran konnten auch fünf Jahre als Untoter nicht auslöschen. Nichts kann das. Genau wie Merrick häufte auch ich Zucker in den Kaffee und nahm dann ein paar tiefe Schlucke, fest überzeugt, dass dies das richtige Stärkungsmittel war; dann lehnte ich mich zurück in den knarrenden hölzernen Stuhl.
In der Küche ringsum herrschte große Ordnung, obwo hl sie ein Relikt aus vergangenen Zeiten war. Selbst der Kühlschrank mit seinem obenauf montierten, summenden Motor unter dem quietschenden Ventilator war eine Antiquität. Die
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