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Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs

Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs

Titel: Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Mr. Lightner sagt, das ist in der Talamasca eine Tradition. Ihr erzieht und bildet eure Mitglieder, weil die Mitgliedschaft lebenslänglich ist; ihr lebt alle unter einem Dach.« Ich lächelte. Das war wahr. Sehr wahr. »Ja«, sagte ich, »alle, die zu uns kommen, genießen diese Erziehung, wenn sie denn willig sind und fähig, sie aufzunehmen, und auch du wirst diese Erzie hung bekommen.« Merrick beugte sich vor und küsste mich auf die Wange.
    Ich war ganz verblüfft von dieser Zuneigungsbekundung und wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte. Meine Worte kamen von ganzem Herzen: »Liebes, du wirst alles bekommen. Wir haben so viel zu geben, wir wären sogar dazu verpflichtet, wenn es nicht … wenn es nicht ein solches Vergnügen für uns wäre.« Etwas Unsichtbares hatte plötzlich das Haus verlassen. Ich spürte es, als ob sich ein Wesen einfach mit einem Fingerschnippen in nichts aufgelöst hätte. Nichts an Merrick verriet, ob sie es bewusst wahrgenommen hatte.
    Sie fragte mit ruhiger, fester Stimme: »Und was werde ich im Gegenzug für euch tun müssen? Sie können doch nicht das alles für mich tun und nichts zurückverlangen, Mr. Talbot. Sagen Sie mir, was Sie von mir wollen.«
    »Lehre uns, was du über Magie weißt«, antwortete ich, »und wachse zu einem glücklichen und starken Menschen heran, der niemals Angst hat.«

9
    Es wurde schon dunkel, als wir das Haus verließen. Ehe wir New Orleans hinter uns ließen, aßen wir gemeinsam bei Galatoire, einem ehrwürdig alten New-Orleans-Restaurant, wo das Essen meiner Ansicht nach köstlich war; doch da war Merrick vor Erschöpfung schon ganz blass und fiel auf ihrem Stuhl in tiefen Schlaf.
    Eine bemerkenswerte Verwandlung war mit ihr vorgegangen. Sie hatte gemurmelt, dass Aaron und ich die olmekischen Kostbarkeiten in unsere Obhut nehmen müssten. »Schaut sie euch an, aber seid vorsichtig damit«, sagte sie ganz sachlich. Und dann überfiel sie unversehens dieser Schlummer, in dem ihre Glieder ihr noch gehorchten, sie aber, soweit ich das sehen konnte, nicht bei sich war.
    Aaron und ich mussten sie fast zum Wagen tragen - sie konnte im Schlaf noch gehen, wenn man sie vorwärts schob -, aber so dringend ich auch mit Aaron sprechen wollte, wagte ich es doch während der Fahrt nicht, obwohl Merrick zwischen uns beiden in tiefen Schlaf gesunken war.
    Beim Mutterhaus angelangt, half uns die gute Fee - jenes Mitglied der Talamasca, das ich schon zuvor erwähnte -, die ich hier einfach Mary nennen will, Merrick hinauf in ihr Zimmer zu tragen und dort auf ihr Bett zu legen. Nun merkte ich ja einige Seiten zuvor schon an, dass ich Merrick durch die Talamasca in die Welt ihrer Träume entführen wollte, ihr alles geben wollte, was sie begehrte.
    Und damit hatten wir schon begonnen, indem wir ihr ein Eckzimmer in der oberen Etage so hatten herrichten lassen, wie es sich unserer Ansicht nach jedes junge Mädchen erträumte. Ein Himmelbett aus Kirschbaumholz, dessen Pfosten und Baldachin mit Blumenschnitzereien versehen und mit feinen Spitzenvorhängen geziert waren; ein Schminktisch, ein mit Samt und Satin bezoge ner Hocker und ein großer runder Spiegel, davor zwei hübsche Lämpchen und unzählige Flaschen und Fläschchen; all das ge hörte zu diesem Traum, ebenso wie zwei in Rüschenkleidern steckende Diwanpüppchen - das war wohl die Bezeichnung -, die wir erst zur Seite schieben mussten, als wir unserer armes Schätzchen auf die Kissen niederlegten. Und damit Sie nicht glauben, wir wären frauenfeindliche Schwachköpfe, erlauben Sie mir die Anmerkung, dass eine Wand des Zimmers - die, die nicht von den deckenhohen Balkontüren beherrscht wurde - eine Sammlung erstklassiger Bücher beherbergte. Außerdem gab es ein Ecktischchen, Polstersessel und einige sorgfältig platzierte, hübsche Lampen, damit man es beim Lesen bequem hatte. Das Badezimmer quoll über von duftenden Seifen, vielfarbigen Shampoos und Unmengen Flakons mit Parfüms und duftenden Ölen. Tatsächlich hatte auch Merrick selbst viele nach Chanel No. 22 duftende Artikel gekauft, übrigens ein besonders herrlicher Duft. Als wir sie da tief schlafend und unter der liebevollen Aufsicht Marys zurückließen, war ich überzeugt, dass wir beide, Aaron und auch ich, uns - in einem ganz elterlichen Sinne - in sie verliebt hatten, und ich war gewillt, mich durch nichts in der Talamasca von ihrem Fall ablenken zu lassen.
    Natürlich würde Aaron ihre Gegenwart hier genießen können, im Gegensatz zu mir, der

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