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Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs

Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs

Titel: Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Mund als Höhleneingang. Natürlich hatten wir keine Lampen dabei - Cold Sandras war nass geworden -, und wir warn der Hitze wegen einer Ohnmacht nahe. Dennoch gingen wir hinein. Cold Sandra und Honey äußerten Furcht vor Geistern und behaupteten, sie könnten sie ›spüren‹. Sogar Merrick unterstützte sie dabei, indem sie den Geistern die Schuld daran gab, dass sie beim Erklimmen der Felsen böse gestürzt war.
    Dennoch wollen wir morgen die Tour dorthin noch einmal machen. Für heute lass mich dir erst einmal erzählen, was ich im Licht der wenigen Sonnenstrahlen sah, die ihren Weg in den Tempel und in die Höhle fanden: Ich sage dir - an beiden Orten ganz einzigartige Malereien, die man eigentlich sofort gründlich untersuchen müsste. Aber in der Höhle gab es zudem noch Hunderte von Objekten aus schimmernder Jade, die nur darauf warteten, aufgesammelt zu werden.
    Wie in aller Welt solche kulturellen Kostbarkeiten den in dieser Gegend üblichen Diebeszügen entgehen konnten, ist mir ein Rätsel. Natürlich leugnen die Ortsansässigen, überhaupt etwas über diese Plätze zu wissen, und ich bin nicht scharf darauf, sie eines Besseren zu belehren. Sie sind uns gegenüber freundlich, bieten uns Lebensmittel und Wasser und Gastlichkeit an. Aber der Schamane scheint verärgert über uns zu sein, will uns jedoch nicht sagen, warum. Ich denke an nichts anderes, als noch einmal dorthin zurückzukehren.«
     
    Matthew kam nicht wieder dorthin. Während der Nacht ereilte ihn das Fieber, und sein nächster Brief drückte sein Bedauern darüber aus, wieder in die Zivilisation zurückkehren zu müssen. Er nahm an, seine Erkrankung könne dort leicht behoben werden. Wie schrecklich, dass dieser wissbegierige, großherzige Mann krank werden musste! Ein rätselhaftes Insekt war schuld, aber das wurde erst festgestellt, als er »die Stadt« erreichte, wie er sie in dem steten Bemühen bezeichnete, weder eine wiedererkennbare Be schreibung noch einen Namen zu nennen. Sein letztes Bündel Briefe war im Krankenhaus in New Orleans geschrieben und auf seine Bitte hin von der Krankenschwester zur Post gegeben worden.
    »Mutter, es gibt keine Hilfe mehr, nicht einmal die Art des Parasiten ist bekannt, man weiß nur, dass er sich in meine sämtlichen Organe vorgearbeitet hat und dass er resistent gegen jedes bekannte Medikament ist. Ich frage mich manchmal, ob die Maja, die dort unten leben, mir hätten helfen können. Sie waren so freundlich! Doch andererseits sind die Eingeborenen vielleicht schon lange immun dagegen.«
    Den letzten Brief hatte er an jenem Tag fertig gestellt, an dem er sich für die Rückkehr in Nanannes Haus bereitmachte. Seine Schrift war schon verzerrt, da er unter he ftigen, immer wiederkehrenden Anfällen von Schüttelfrost litt, was ihn jedoch nicht vom Schreiben abhalten konnte. Seine Nachricht war von dieser seltsamen Mischung aus Resignation und Ungläubigkeit gekennzeichnet, die man so häufig bei Sterbenden findet: »Du glaubst gar nicht, wie lieb Sandra und Honey und die Große Nananne zu mir sind. Natürlich habe ich alles nur Mögliche getan, um ihnen nicht zu sehr zur Last zu fallen. Die Artefakte, die wir entdeckt haben, sind Sandras rechtmäßiges Eigentum, und ich will, sobald ich in ihrem Haus bin, eine überarbeitete Liste aufstellen. Vielleicht kann die Große Nananne mit ihrer Pflege ja ein Wunder bewirken. Ich werde mich melden, sobald ich gute Nachrichten habe.«
    Der letzte Brief der Sammlung stammte von der Großen Nananne. Er war mit Füllfederhalter in schöner Schulmädchenschrift geschrieben und teilte mit, dass Matthew »nach dem Empfang der Sakramente« gestorben sei und dass er zum Schluss nicht allzu sehr hatte leiden müssen. Nananne hatte mit Irene Flaurent Mayfair unterschrieben.
    Erschütternd. Ich finde kein passenderes Wort dafür. Merrick schien wirklich von einer Kette tragischer Umstände umgeben gewesen zu sein, dachte man an die beiden ermordeten Frauen, und ich konnte gut verstehen, warum Matthews schriftliche Hinterlassenschaft sie nicht von ihrem Lehrstoff fortzureißen vermochte oder von ihren ständigen Lunchausflügen und Einkaufstrips.
    Auch der Renovierung des alten Hauses, das tatsächlich ganz legal auf den Namen der Großen Nananne eingetragen gewesen war, stand sie gleichgültig gegenüber, obwohl es aufgrund eines handgeschriebenen Testaments an sie übergegangen war, dessen Vollstreckung ein cleverer örtlicher Anwalt ohne weitere Fragen für uns

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