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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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da. Als der Morgen nahte, baten sie darum, bleiben zu dürfen.
    »Ihr müsst Zenobia fragen«, sagte ich. »Das Haus gehört ihr.« In ihrer Herzensgüte erlaubte sie es ihnen sofort. Sie durften das Versteck von Asphar und Raschid nutzen. Ich sah, dass sie Avicus mit seiner guten Figur und den edlen Zügen sehr ansehnlich fand, und Mael schien sie mir mit viel zu freundlichen und arglosen Augen zu betrachten.
    Ich sagte nichts dazu. Aber ich fühlte außergewöhnliche Verwirrung und Schmerz. Ich mochte mich nicht von ihr trennen. Ich hätte mich gern mit ihr in der Dunkelheit des Gewölbes niedergelegt. Aber es war Zeit für mich, Abschied zu nehmen. So gut die Jagd auch gewesen war – und sie war herrlich gewesen –, so war ich doch erschöpft und begab ich mich zurück zu der Ruine meines Hauses und hinab in den Schrein der Göttlichen Eltern, wo ich mich zum Schlaf niederlegte.

 
     
     
13
     
    H ier bin ich nun an einem wichtigen Punkt meiner Geschichte angelangt, denn ich werde mich nun um etwa eintausend Jahre der Gegenwart annähern.
    Ich kann nicht genau sagen, wie viel Zeit verstrichen war, weil ich mir über den Zeitpunkt meiner Abreise aus Konstantinopel nicht sicher bin, nur, dass es schon nach der Regierungszeit des Kaiserpaares Justinian und Theodora war und bevor die Araber mit ihrer neuen Religion, dem Islam, auftauchten und ihre raschen, bemerkenswerten Eroberungszüge von Ost nach West begannen. Aber ich kann dir hier nicht meine ganze Lebensgeschichte erzählen. Deshalb übergehe ich besser die Jahrhunderte, die in der Geschichte das Dunkle Zeitalter genannt werden, obwohl ich in jenen Zeiten Erlebnisse hatte, von denen ich möglicherweise später einmal berichten werde.
    Im Moment lass mich nur sagen, dass mich, als ich in jener Nacht Zenobias Haus verließ, die Sorge um die Sicherheit Jener, die be wahrt werden müssen umtrieb.
    Der Angriff des Mobs auf unser Haus hatte in mir fast so etwas wie Entsetzen erzeugt. Jene, die bewahrt werden müssen würde ich deshalb künftig weit außerhalb von Städten und auch weit von meiner jeweiligen Behausung entfernt verbergen. Sie mussten für jeden anderen außer mir unerreichbar sein. Die Frage war: Wohin konnte ich sie bringen? Der Osten war ausgeschlossen wegen der ewig Krieg führenden Perser, die von den Griechen schon ganz Kleinasien erobert und selbst Alexandria eingenommen hatten.
    Und mein geliebtes Italien – dem wollte ich zwar nahe sein, aber nicht dort leben, da ich die Wirren in diesem Land nicht mitansehen mochte.
    Aber ich kannte ein passendes Gebiet.
    Die Alpen, der Gebirgszug im Norden Italiens, waren eine Gegend, die mir aus meiner Zeit als Sterblicher bekannt war. Die Römer hatten mehrere Pässe durch die Berge geschlagen, und ich selbst hatte in meinen jungen, furchtlosen Jahren die Via Claudia Augusta bereist und den Charakter der Landschaft kennen gelernt. Natürlich waren die Barbaren in regelmäßigen Abständen durch die Alpentäler gezogen, sowohl auf ihren Märschen in Richtung Italien als auch auf dem Rückzug. Und das Christentum hatte sich dort weit ausgebreitet mit Kirchen, Klöstern und was sonst dazugehörte.
    Aber ich wollte ja nicht nach fruchtbaren, bevölkerten Tälern Ausschau halten und bestimmt nicht nach einem Berg mit Burg, Kirche oder Kloster auf seinem Gipfel. Ich brauchte nur die Abgeschiedenheit eines kleinen, hoch gelegenen, vollständig verborgenen Tales, das niemand außer mir erreichen konnte. Und ich würde ganz allein die schwere Aufgabe des Kletterns, Grabens, Glättens in die Hand nehmen, um ein sicheres unterirdisches Verlies zu schaffen, in das ich dann Die Mutter und Den Vater bringen würde. Nur ein übermenschliches Wesen brächte das zustande, und ich konnte es. Eine andere Möglichkeit sah ich nicht.
    Während ich das alles bedachte und Sklaven anwarb und Wagen für die Reise beschaffte, während ich also meine Vorbereitungen traf, war Zenobia meine Begleiterin. Auch Avicus und Mael hätten sich uns angeschlossen, hätte ich es nur zugelassen. Ich war jedoch immer noch zu verärgert über ihre vorherige Weigerung, sich Zenobias anzunehmen. Auch dass sie nun bei ihr bleiben wollten, dämpfte meinen Ärger nicht.
    Zenobia saß lange Stunden mit mir in der einen oder anderen Schenke, während ich meinen Plan schmiedete. Kümmerte es mich, dass sie möglicherweise aus meinen Gedanken ablesen konnte, wohin ich mich wandte? Nicht im Mindesten, denn ich hatte selbst erst eine vage Vorstellung.

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