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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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gehalten hatte, versprochen, sie für immer zu schützen. Und was hieß das nun? Würde ich den Eid brechen, als wäre er bedeutungslos?
    Derweilen drangen Biancas Rufe unablässig zu mir wie Gebete. Sie rief mich, wie ich nach Akasha gerufen hatte.
    »Marius, wo bist du? Du kannst mich doch bestimmt hören! Marius, ich habe dir weiche Kleider mitgebracht, die dir auf der Haut nicht wehtun. Ich habe Leinen für Verbände und weiche Stiefel für deine Füße.« Sie weinte. »Marius, ich habe eine Samttunika gefunden und sogar einen von deinen roten Umhängen. Erlaube mir, mit den Sachen zu dir zu kommen. Ich werde dich verbinden und dir beistehen. Ich ekle mich bestimmt nicht vor dir.« Da lag ich und lauschte ihrem Weinen und Flehen, und schließlich traf ich eine Entscheidung.
    Du musst zu mir kommen, mein Schatz. Ich kann mich nicht rühren. Bring die Kleider mit und bitte auch eine Maske. Es sind mehrere in meinem Schrank. Nimm eine aus dunklem Leder mit goldenen Ornamenten.
    » Marius, ich habe alles«, antwortete sie, »jetzt sag mir, wo ich dich finden kann.«
    Ich schickte ihr eine weitere Botschaft mit der genauen Beschreibung des Hauses, in dem ich versteckt lag, außerdem erklärte ich ihr, wie sie hineinkam und dass sie an der Bronzetür klopfen sollte. Dieser Gedankenaustausch hatte mich erschöpft. Aufs Neue lauschte ich in stummer Panik nach Santinos Ungeheuern und fragte mich, wann sie zurückkommen würden. Doch schon sah ich Bianca durch die Augen ihres Gondelführers, wie sie aus den verkohlten Ruinen meines Palazzos trat, und dann war die Gondel auf dem Weg zu mir. Endlich pochte es wie erwartet an der Tür. Mit aller mir noch zur Verfügung stehenden Kraft schleppte ich mich die Stufen hinauf. Ich legte die Hände auf die Türflügel.
    »Bianca, hörst du mich?«
    »Marius!«, rief sie laut und begann zu schluchzen. »Marius, ich wusste, du warst es! Mein Verstand hatte mir keinen Streich gespielt! Du lebst wirklich, Marius. Du bist da drin!« Der Geruch ihres Blutes erregte mich.
    »Hör zu, mein liebster Schatz«, sagte ich, »ich habe schlimme Verbrennungen. Ich öffne jetzt die Tür einen kleinen Spalt, und du reichst mir die Maske und die Kleider hindurch. Versuch besser nicht, mich sehen zu wollen, egal, wie neugierig du bist.«
    »Nein, Marius«, stimmte sie entschieden zu, »ich liebe dich, Marius, Ich werde tun, was du sagst.« Wie weh ihr Schluchzen klang, als sie es schließlich nicht mehr unterdrücken konnte! Welches Aroma das Blut in ihr verströmte. Und wie hungrig ich war!
    Gewaltsam zerrte ich mit meinen verkohlten Fingern an dem Riegel, bis er sich löste, dann öffnete ich die Tür ein ganz klein wenig. Der Geruch nach Blut war ebenso qualvoll wie alles andere, was ich bisher erlitten hatte. Einen Augenblick dachte ich, ich könnte nicht mehr weiter. Aber schon schob sie mir die dringend benötigte Kleidung hin, und ich wusste, ich musste sie nehmen, ich musste mich irgendwie an meine Wiederherstellung machen. Ich durfte nicht wieder in Todesqualen versinken, denn daraus folgte immer neue Qual. Ich musste vorwärts schauen! Da war die Maske aus schwarzem, goldgeschmücktem Leder, für einen venezianischen Ball gedacht, nicht für ein elendes, schauerliches Wesen wie mich.
    Ich ließ die Tür angelehnt und zog mich an, was besser ging als erwartet.
    Bianca hatte eine etwas längere Tunika mitgebracht, und das war klug gewesen, denn die Beinkleider hätte ich nie und nimmer anziehen können. Die Stiefel – nun, es schmerzte zwar sehr, aber ich schaffte es, sie über die Füße zu ziehen, und dann band ich mir die Maske vors Gesicht.
    Der Mantel war von großzügigem Schnitt und hatte ein Kapuze, was ich sehr schätzte. Bald war ich von Kopf bis Fuß verhüllt. Aber was nun? Was sollte ich dieser engelhaften jungen Frau nun erzählen, die da draußen in dem kalten, dunklen Flur stand? »Wer ist bei dir?«, fragte ich erst einmal.
    »Nur der Bootsführer«, antwortete sie. »Sagtest du nicht, ich sollte allein kommen?«
    »Schon möglich; der Schmerz vernebelt mir das Denken.« Ich hörte sie weinen. Ich kämpfte um klare Gedanken. Mir wurde bewusst, dass ich nicht allein jagen konnte. Ich war nicht kräftig genug, mich hier hinauszuwagen, mir fehlten meine alten Fähigkeiten – die übernatürliche Schnelligkeit und die Gabe des Schwebens. Und auf Bianca konnte ich mich beim Jagen auch nicht verlassen, sie hatte nun wirklich nicht die Kraft dazu, und ihren Gondelführer

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