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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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den ich damals in meiner Torheit verflucht und fortgejagt hatte. Abermals war Amadeo eingesperrt, wieder ein Gefangner jener, die ihn für ihre üblen Zwecke missbrauchen wollten. Wieder war er aus einem Leben herausgerissen worden, um zu einem unbekannten Ort gebracht zu werden.
    Ach, wie sehr ich mich dafür hasste, Santino damals nicht vernichtet zu haben! Warum hatte ich ihn nur leben lassen! Und selbst heute noch, wo ich dir das erzähle, verachte ich ihn! Aus tiefstem Herzen und in Ewigkeit verachte ich ihn, weil er im Namen Satans alles zerstörte, was mir kostbar war, weil er mir Amadeo nahm, weil er mir meine Schützlinge nahm, weil er meinen Palazzo niederbrannte, in dem ich die Früchte meiner Träume aufbewahrte.
    Ja, ich wiederhole mich, nicht wahr? Du musst vergeben. Du erkennst doch sicher die Anmaßung und unbedingte Grausamkeit in dem, was Santino mir antat. Sicher erkennst du die zerstörerische Kraft, mit der er in Amadeos Leben eingriff… Und dass sein Leben sich wandeln würde, wusste ich. Ich wusste es, als ich da an meinen Sarg gekauert lag. Ich wusste es, denn ich war ja zu geschwächt, um mir meinen Schüler zurückzuholen, zu geschwächt, um die unglücklichen sterblichen Knaben zu retten, die unaussprechliche Grausamkeiten würden erdulden müssen – ich war ja sogar zu schwach zum Jagen. Und wenn ich das nicht konnte, wie sollte ich da an das stärkende Blut kommen? Ich ließ mich auf den Boden meiner Kammer niedersinken und mühte mich, den Schmerz in meinem verbrannten Fleisch auszulöschen und nur zu atmen und zu denken. Ich konnte Bianca hören. Bianca hatte überlebt, sie lebte noch. Bianca hatte sogar Leute herbeigeholt, um das Haus zu retten, aber da war jede Hilfe vergebens gewesen. Und wieder einmal hatte ich all das Wunderbare, das mir so am Herzen lag, verloren: meine Bücher und was an eigenen Niederschriften vorhanden war.
    Wie viele Stunden ich dort lag, weiß ich nicht, aber als ich mich aufrappelte, weil ich den Deckel meines Sarges öffnen wollte, stellte ich fest, dass ich mich immer noch nicht auf den Beinen halten konnte, ja ich konnte den Sargdeckel mit meinen verbrannten Armen nicht einmal anheben. Es gelang mir erst mit der Gabe des Geistes, und auch damit verschob er sich nur ein wenig. Also richtete ich mich unten auf dem Boden ein. Der Schmerz tobte derart in mir, dass ich mich lange, lange Zeit nicht rührte. Wie ich wohl die vielen Meilen bis zu den Göttlichen Eltern zurücklegen sollte? Ich wusste es nicht. Und ich konnte nicht einmal riskieren, diesen Unterschlupf hier zu verlassen, um es herauszufinden. Trotzdem rief ich mir das Bild jener, die bewahrt werden müssen ins Gedächtnis. Ich betete zu ihnen und versuchte, mir Akasha lebhaft vor Augen zu führen.
    »Hilf mir, meine Königin«, flüsterte ich vor mich hin. »Hilf mir. Leite mich. Erinnere dich daran, wie du in Ägypten zu mir sprachst. Erinnere dich. Sprich jetzt zu mir. Nie zuvor habe ich so gelitten.«
    Und dann fiel mir die höhnische Frage ein, eine Frage, so alt wie die Götter.
    »Wer wird sich um deinen Schrein kümmern, wenn ich nicht gesunde?«, fragte ich. Ich zitterte vor Elend.
    »Liebste Akasha«, flüsterte ich, »wer wird zu dir beten, wenn ich sterbe? Hilf mir, leite mich, denn in künftiger Zeit wirst du meiner eines Nachts bedürfen! Wer hat sich denn die ganzen langen Jahre um dich gekümmert?« Aber was erreicht man schon damit, den Göttern Vorwürfe zu machen? Ich sandte alle meine Gedanken zu dem verschneiten Alpengipfel, wo die Kapelle, die ich eigenhändig errichtet hatte, verborgen war.
    »Meine Königin, sag mir, wie ich zu dir gelangen kann. Kann ein solches Unheil wie dieses dich aus deiner Abgeschiedenheit reißen, oder ist das zu viel verlangt? Ich erträume mir ein Wunder, aber ich kann es mir nicht vorstellen. Ich bete um Erbarmen, doch ich weiß nicht, wie es geschehen soll.«
    Ich wusste, die Bitte, dass sie sich für mich von ihrem Thron erheben möge, war vergebens, wenn nicht gar blasphemisch. Aber war sie so mächtig, dass sie mir über die große Entfernung hinweg wundersame Kraft einflößen konnte?
    »Wie soll ich je wieder zu dir gelangen?«, betete ich. »Wie soll ich je wieder meine Pflichten euch gegenüber erfüllen, wenn ich nicht geheilt werde?«
    Nur die Stille des goldenen Gelasses antwortete mir. Der Schrein in den Bergen konnte nicht kälter sein. Ich stellte mir vor, der Schnee der Alpen kühlte mein verbranntes Fleisch. Aber langsam sickerte

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