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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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als ein Führer erwiesen, der unmessbare Kräfte hat und durchaus in der Lage ist, jeden Gleichgearteten aus Paris zu vertreiben, der dort Fuß zu fassen versucht.
    Ich wünschte, ich könnte dir mehr darüber erzählen. Lass mich meine anfängliche Einschätzung noch einmal wiederholen: Sie sind des Glaubens, Gott dem Allmächtigen zu dienen. Und aus diesem Prinzip ergeben sich eine Reihe von festen Regeln.
    Marius, ich habe keine Vorstellung davon, welchen Einfluss diese Informationen auf dich haben. Ich schreibe hier nur, was ich unzweifelhaft weiß. Erlaube mir nun, eine ungewöhnliche Rolle zu spielen, zieht man unseren Altersunterschied in Betracht.
    Wie immer du auf meine Enthüllungen reagierst, reise auf gar keinen Fall für ein Treffen mit mir nördlich der Alpen über Land! Unter keinen Umständen, auch nicht auf der Suche nach Pandora oder deinem jungen Gefährten!
    Ich warne dich aus zwei Gründen davor: Wie du sicher weißt, ist ganz Europa von Krieg überzogen. Martin Luther hat viel Unfrieden gestiftet. Und in England hat Heinrich VIII. sich vom Papst losgesagt, trotz vieler Widerstände. Natürlich sind wir hier auf Burg Lorwich dem König ergeben und respektieren und ehren seine Entscheidungen. Aber zurzeit reist es sich nicht gut in Europa.
    Und ich will dich auch wegen einer für dich vielleicht erstaunlichen Sache warnen. Überall in Europa hat sich Volk erhoben, das nur zu gern Mitmenschen nur auf Grund von Tratsch wegen Hexerei anklagt; was bedeutet, dass in Dörfern und Städten eine abergläubische Furcht vor Hexen herrscht, etwas, das man noch vor hundert Jahren als lächerlich abgetan hätte.
    Du musst solche Orte bei deinen Reisen unbedingt meiden. Schriften über Hexenmeister, schwarze Messen und Teufelsanbetung verdüstern die Gedanken der Menschen.
    Ich gebe zu, ich fürchte, dass Pandora und ihr Gefährte diese Gefahren nicht beachten, aber wir haben mehrere Mitteilungen darüber, dass sie zwar über Land reisen, jedoch mit beträchtlicher Geschwindigkeit. Ihre Bediensteten lassen unseres Wissens zwei- bis dreimal am Tage neue Pferde einspannen, und stets die besten Tiere.
    Marius, ich sende dir meine tief empfundenen, besten Wünsche. Bitte antworte mir so bald wie möglich. Ich möchte dich so vieles fragen, wage es aber in diesem Brief nicht. Ich weiß nicht, ob ich es überhaupt je wage. Erlaube mir nur, meine Wünsche und Hoffnungen bezüglich einer Einladung an dich auszusprechen. Ich muss dir gestehen, dass alle meine Brüder und Schwestern hier mich beneiden, weil ich diese Verbindung mit dir unterhalte. Aber das soll mir nicht den Kopf verdrehen. Ich verehre dich, und das mit Recht.
    Dein in der Talamasca
    Raymond Gallant
     
    Die vielen Pergamentbögen zitterten in meiner Hand, als ich mich endlich gegen die Lehne der Bank zurücksinken ließ; ich schüttelte den Kopf, wusste kaum, wie ich reagieren sollte, denn meine Gedanken waren ein einziges Wirrwarr. Seit der unglückseligen Nacht in Venedig war ich ja ständig um Worte verlegen, und nie hatte ich das so deutlich empfunden wie jetzt gerade. Ich schaute auf die beschriebenen Seiten nieder, meine Finger tasteten über das eine oder andere Wort, dann ließ ich davon ab und schüttelte abermals den Kopf.
    Pandora reiste in endlosen Kreisen durch Europa, zum Greifen nahe und vielleicht doch unerreichbar.
    Und Amadeo, für Santinos Glauben gewonnen und, um ihn dort zu verbreiten, nach Paris geschickt! O ja, das konnte ich mir gut vorstellen!
    Vor meinen Augen erstand das lebhafte Bild Santinos in seiner schwarzen Kutte und mit dem geckenhaft sauberen Haarschopf, wie er mich in jener Nacht in Rom angesprochen und mich gedrängt hatte, ihm in seine elenden Katakomben zu folgen. Und hier war nun der Beweis, dass er mein schönes Kind nicht getötet hatte, nein, er hatte es zum Opfer gemacht! Er hatte Amadeo für sich gewonnen! Sein Sieg über mich war vollständiger, als ich mir je hätte träumen lassen.
    Und Amadeo, mein gesegneter, schöner Schüler, war aus meiner unbeständigen Bevormundung in immer währende Düsternis entschlüpft. Und ja, ich konnte es mir vorstellen! Asche! Ich schmeckte Asche! Ein kalter Schauder durchlief mich. Ich drückte die Blätter an mich. Dann wurde ich mir plötzlich bewusst, dass neben mir, auf seinen linken Ellenbogen gestützt, der grauhaarige Priester saß und mich sehr ruhig betrachtete.
    Wieder schüttelte ich den Kopf. Ich faltete die Seiten des Briefes zu einem Päckchen zusammen, damit

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